„Was ist los?" fragte Adrian, nachdem ich beide ein großes Stück von den anderen entfernt hatte. Ich zog sie eilig mit mir mit, zum einen, weil ich mit Lia sprechen wollte, zum anderen, um ihnen zu erzählen, was Nate mir über uns erzählt hat. Als ich das Gefühl hatte, weit genug weg zu sein, blieb ich stehen und begann zu sprechen.„Ich wollte Lia fragen, wieso sie sich so komisch benimmt. Liegt es an Anna? Sie ist wirklich nett." sagte ich und schaute dabei Lia an. Zuerst schaute sie auf ihre Hände hinunter, wollte diesem Gespräch aus dem Weg gehen, doch ich ließ nicht locker. „Sag mir, wo das Problem ist, Lia!" redete ich also weiter und zwang sie, mich anzuschauen.
„Sie ist nett, das ist das Problem." erwiderte sie und ich sah sie verwirrt an. Wieso sollte es ein Problem sein, dass Dans Mutter eine liebevolle und nette Frau war? „Du musst mir ein wenig mehr geben, um es zu verstehen." sagte ich also und wartete.
„Du verstehst das nicht, Lia. Wir hatten nicht solche Eltern. Unsere Eltern waren anders, bösartig. Ich weiß, dass dir Adrian schon ein wenig erzählt hat, aber das waren nur Bruchstücke, von dem was alles passiert ist." erklärte sie also weiter und sah mich mit Tränen in den Augen an. Es stimmt, Adrian hat mir ein wenig über sie erzählt und ich wusste ganz sicher, dass das bei weitem nicht alles sein konnte. Diesmal war es Adrian der sprach. „Hör zu Lia, ich denke es ist einfach schwer für Ophelia, mit der Situation umzugehen. Wir haben gelernt, niemanden so richtig zu vertrauen. Es fühlt sich einfach falsch an, wenn Anna so nett zu uns ist."
Ich war verwirrt, wollte es allerdings unbedingt verstehen. „Weißt du, was unsere Mutter getan hat, als ich sie das letzte Mal sah?" fragte mich Lia und sprach erst weiter, als ich meinen Kopf schüttelte. „Gar nichts." sagte sie und verzog ihre Unterlippe währenddessen. „Sie sah einfach nur zu, machte nichts. Sie liebte es, dass wir von unserem Vater kontrolliert wurden. Sie liebte es, zuzusehen, wie wir bestraft wurden." Ihre Stimme war zittrig und sie atmete einmal tief durch, bevor sie weiterredete.
„Das letzte Mal war ich alleine zuhause, ich wusste nicht, dass sie früher zurückkommen würden, also habe ich Dan gesagt, dass ich mich daheim nochmal in Ruhe frisch mache, bevor ich zu ihm komme. Es überraschte mich, als ich plötzlich vor meinen Eltern stand. Sie fragten, wo Adrian ist und als ich mich weigerte zu antworten, schlug mein Vater so fest auf mich ein, dass ich dachte, ich würde sterben. Ich hatte Glück und wurde schnell bewusstlos. Unser Vater verliert das Interesse, wenn er unsere Reaktion nicht sehen kann. Das ist es nämlich was ihn interessiert." erzählte sie zittrig und ich griff nach ihren Händen, um sie festzuhalten, während ihr Tränen aus den Augen liefen.
Ich sah mich kurz um, um mich zu vergewissern, dass wir immer noch alleine waren und niemand uns zuhören konnte. Doch wir standen abseits und ich konnte niemanden in unserer unmittelbaren Umgebung sehen.
„Als er begann uns zu schlagen, musste ich oft weinen. Zum einen, weil es so unglaublich weh tat, aber zum anderen, weil ich so verzweifelt war. Er liebte meinen Tränen und Schreie, konnte gar nicht genug davon bekommen." sprach sie weiter und begann unkontrolliert zu schluchzten.
„Irgendwann schworen wir uns, dass wir ihm diese Genugtuung nicht mehr geben wollten und hörten auf zu weinen. Immer wenn er uns bestrafte oder schlug, reagierten wir nicht. Wir gaben keinen Mucks von uns, in der Hoffnung, er würde dadurch aufhören." erklärte nun Adrian und nahm Lia in seine Arme, bevor er ihre Stirn küsste. „Wie dumm wir doch waren." hörte ich Lia murmeln. Adrian nickte nur und sah mir in die Augen.
„Wir dachten, wir seien schlauer und hätten ihn überlistet, doch er fand nur neue Wege, uns zu verletzten." Nun war auch seine Stimme zittrig und dünn und ich hatte Angst, die Geschichte weiterzuhören.
DU LIEST GERADE
Day and Night
FantasyDrei Jahre ist sie ferngeblieben. Nun muss sie zurück und sich den Mann stellen, der sie verlassen hat. Sie wollte nicht lange bleiben, bis zu dem Moment, als sich herausstellte, dass ihr Leben eine Lüge war. ***---*** „Ich kann es kaum ertragen...