Teil 30

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Emma saß in einer kleinen Ecke im Erdgeschoss der Bibliothek und las. Aiden saß ihr gegenüber und hatte ein Buch in der Hand. Damien war fort. Nachdem sie den ganzen Tag auf dem Berg herum gefaulenzt hatten waren sie zurück gelaufen. Einen steilen schmalen Pfad hinunter der sie um die Westseite herumführte und ihnen einen spektakulären Blick auf das Farbenspiel des Sonnenuntergang bot. Dann hatte er sie wieder in seine Gemächer gebracht, sie waren lachend und redend durch die stillen Treppenhäuser gegangen und es war einfach schön gewesen. Vertraut und sicher.

Und dann hatte er sich mit ihr ins Bett gelegt und sie einfach in den Arm genommen und es war irgendwie noch schöner geworden. Auf eine seltsam frustrierende Art wollte sie gleichzeitig die zeit anhalten und sie schneller werden lassen. Als sie am nächsten Morgen aufgewacht war hatte sie einen Zettel auf seinem Kissen gefunden. Er hatte wichtige Angelegenheiten zu erledigen, sie solle sich wie zu Hause fühlen und wenn sie irgendetwas brauchte würde ihr Aiden gerne helfen. In ein paar Tagen sei er wieder da.

Also saß sie seit drei Tagen herum und las ein Buch nach dem anderen, bis sie die Augen nicht mehr offen halten konnte. Aiden hatte ihr erlaubt, oder eher von ihr verlangt, das sie die Bücher mit zu Damiens Gemächern nahm, doch nach dem ersten Tag hatte sie einfach schweigend ihre Schuhe angezogen und war nach unten marschiert. Sie bevorzugte die Geschäftigkeit der Bibliothek und ihr Verhalten passte sich perfekt an das der meisten hier an.

So viel neues gab es zu lernen. Sie hatte sich auf Geschichte und Kultur konzentriert und war in eine Parallelwelt eingetaucht, in der vieles Vertraut schien und doch ganz anders war, in der Die Tage vertauscht waren und die Welt andere Begriffe trug. In der ihre Familie der Bösewicht war der versuchte die frei lebenden magischen Wesen zu vernichten und zu unterdrücken. Und in der ihre Geschichte nur ein kleiner Fleck in einer Jahrtausende alten Vergangenheit von Kultureller Entwicklung darstellte, die länger zurückreichte als jede der Schätzungen die ihr über das alter der Erde bekannt waren. Es war faszinierend und beängstigend zugleich. Jede Seite bildete eine ständige Herausforderung an ihr Glaubenssystem. Besonders das Buch das sie gerade in der Hand hatte. Die Geschichte der Marener. Es war ein Buch über ein friedliches Land voller wunderbarer Natur und faszinierenden Geschöpfen in das eine Armee Brutaler Schlächter einfällt und sich dort niederlässt.
Und sie hatte gerade mal die ersten zwei Kapitel gelesen.

Emma schlug das Buch zu und rieb sich über die Augen.

„Oh endlich." Aiden warf das Buch das er die letzte Halbe Stunde schon nicht mehr angeschaut hatte auf den kleinen Tisch zwischen ihnen und fuhr sich durch die Haare. „Lass uns endlich etwas anderes machen. Ich sage nur lernen beim machen. Lass und raus gehen und irgendwas tun. Was du willst, nur erlöse mich endlich aus den Schatten all der Bücher, die ich niemals lesen werde."

Er sprang auf und schnappte sich ihr Buch um es zusammen mit seinem auf den Stapel einer vorbeilaufenden Studentin zu legen. Dann schnappte er sich auch noch ihre Hand und zog sie Richtung Tür.

Emma grinste und folgte ihm.

„Zeig mir die Gewächshäuser bitte." Sie hatte gelesen das die Südseite des Berges fast ausschließlich zur Nahrungsmittelproduktion genutzt wurde, genug für die ganze Stadt und konnte sich kaum vorstellen wie diese Massen an Essen zwischen Häusern produziert werden sollten.

Aiden blieb stehen und betrachtete sie einen Moment. Dann zuckte er die Achseln und zog sie weiter.

„Du hast wirklich seltsame Interessen. Man sollte meinen du willst den Drachengarten sehen oder die Wasserfälle, selbst die Kasernenplätze oder das Labyrinth würde ich verstehen. Aber nein, du willst in die Gartenstadt." Er bog ab, einen breiten Flur hinunter der durch ein Tor nach draußen führte. Während das Schloss von oben funkelte wie ein Kristall und scharfkantige Linien hatte war im Inneren alles rund. Sie gingen unter dem Torbogen hindurch und standen ein Paar Stufen über einem Platz von dem aus sich eine breite Straße den Berg hinunterschlängelte. Emma befreite ihre Hand aus Aidens Griff und lief zwischen den vielen Menschen die dort ein und aus liefen hindurch an den Rand. Unter ihr lag ein Garten, vielfältiger und bunter als sie gedacht hatte, und sie sah ein kleines in den Berg gebautes Haus und die Ecke eines Gläsernen Gebildes weiter unten, und dann verschwand alles in undurchdringlichem Grün, nur durchsetzt von kleinen Flecken Farbe, wo reife Früchte an den Bäumen hingen, oder dem Glitzern von Glas zwischen den Blättern.

„Aber anscheinend lohnt sich das für dich. Mund zu sonst fliegt ne Fliege rein. Das ist noch lange nicht alles. Mach dich auf was gefasst Mädchen ich zeig dir jetzt Orte da bleibt selbst mir die Spucke weg. Hoffentlich verkraftet das dein armes Nervensystem."

Aiden lachte ein bisschen und lief dann zu einem Stand neben dem ein Haufen undefinierbare Teile lagen. Er redete kurz mit dem Mädchen das daneben auf dem Boden saß und sie lachten, dann nahm er mit jeder Hand eine der Holzstangen und stellte zwei zweirädrige Dinger auf den Boden. Er schob sie zu ihr und unsicher nahm sie den Griff. Im Prinzip drei Holzstangen, eine verband das Vorderrad mit dem spitzen Winkel des Dreiecks das die anderen beiden bildeten und in dem das Hinterrad lief.

„Du stellt dich auf den Stab am Hinterrad. Wenn du dich nach hinten lehnst bremst du. Am Fuß des Berges geben wir es ab und irgendjemand nimmt es wieder mit nach oben." Er stellte sich mit einem Fuß auf den Bügel und schob sich mit dem anderen über die Kante.

Emma sah sich noch einen Moment um. Es waren viele Menschen unterwegs, doch niemand von ihnen achtete auf sie. Dennoch fühlte sie sich beobachtet. Zwar hatte sie diesen Milan nicht noch einmal gesehen, doch nichts ließ sie daran zweifeln das er noch immer da war. Irgendwo in der Menge an Menschen die sich um sie herum bewegten oder im Schatten des Torbogens der mit seinen verschnörkelten Verzierungen aus grauem Stein ein perfekt verwirrendes Schattenmuster zeichnete.

Emma schüttelte den Kopf und stieg auf das Gefährt. Hoffentlich kamen sie ordentlich außer Atem wenn sie ihr folgten.

DrachenfeuerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt