Teil 17

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Er war so groß. Größer als Emma ihn in Erinnerung hatte. Wahrscheinlich weil sie ihn gestern Abend in der Dunkelheit nicht ganz gesehen hatte. 

Wenn er den Hals so wie jetzt, gerade nach vorne streckte dann war er bestimmt zehn Meter lang und der Ansatz dieses Halses war bestimmt zwei einhalb Meter über dem Boden. 

Und er war schön. Furchteinflößend, riesig, mit langen Zähnen, Flammenaugen, und scharfen Krallen. Aber schön. Die Schuppen die seinen gesamten Körper bedeckten waren schwarz, Doch an den weicheren Stellen, der Unterseite seines Halses der Kehle, dem Bauch waren sie dunkelrot. Als er jetzt seinen Hals noch ein wenig weiter nach vorne streckte sah Emma die ebenfalls dunkelroten Innenseiten seiner Schuppen aufblitzen und die Haut dazwischen.

Sie sah ihm wieder in die Augen. Er hatte sie die ganze Zeit nicht aus den Augen gelassen. Das Feuer in seinen Augen das man auch in denen des Menschen sehen konnte war wieder ganz nah an der Oberfläche, lag wie die Adern eines Vulkans in dem schwarz der Pupille. 

Der Drache streckte sich noch ein bisschen nach vorne brachte seinen Kopf noch ein wenig näher zu ihr heran. 

Zögernd streckte Emma eine Hand aus. Der Drache, Damien, blähte die Nüstern und wartete. Einen Augenblick bewegte sich keiner von beiden, dann legte Emma ganz vorsichtig ihre Hand zwischen seine Nüstern. Damien schnaubte und schloss die Augen. 

Emma strich mit ihrer Hand über seine Haut, registrierte wie weich sie an dieser Stelle war. Langsam ließ sie die Hand weiter nach oben wandern zu seiner Stirn die sie nur erreichen konnte indem sie sich nach vorne lehnte und den Arm streckte.

Hier waren die Schuppen nicht mehr weich. Sie waren hart und hatten messerscharfe Zacken die sich in ihre Handfläche bohrten.

Der Drache, Damien, atmete schnaufend aus und Emma konnte seinen heißen Atem durch die vielen Schichten ihrer Kleidung an ihren Brüsten und ihrem Hals spüren.

Der warme Luftzug ließ ihr einen wohligen Schauer über den Rücken laufen. Emma zog ihre Hand zurück und Damien öffnete wieder seine Augen. Sie starrten sich eine Sekunde an, dann ließ der Drache sich flach auf dem Boden nieder und legte den Kopf direkt vor Emmas Füße auf den Boden. Sie starrte ihn eine Sekunde an.

„Willst du wirklich das ich mich jetzt auf deinen Rücken setze?" Der Drache ließ sie nicht aus den Augen, beobachtete jede ihrer Bewegungen als sie sich an seinem Hals entlang bis zu der Kuhle an seinem Halsansatz bewegte.

„Ich kann nicht glauben das ich das gerade tatsächlich mache" Emmas Stimme klang etwas schrill, als sie nach kurzem zögern vorsichtig über sein Bein, auf seinen Rücken kletterte.

Sie setzte sich vorsichtig hin und klammerte sich an der riesigen Halszacke vor sich fest. Der Drache unter ihr richtete sich langsam auf. Emma konnte die Muskeln seines Rückens unter sich spüren die sich bewegten und schluckte. Sie spürte die vibrierende Kraft dieser Muskeln und dachte unwillkürlich daran das sie nicht die geringste Chance gegen diese geballte Ladung Urzeitlicher Kraft hatte. Das niemand eine Chance hätte.

Damien stellte sich neben die Netzkonstruktion und schob seine Krallen in die Schlaufen. Emma konnte spüren wie sein ganzer Körper sich unter ihr anspannte und klammerte sich noch fester an die Zacke vor sich.

Dann, mit einem gewaltigen, kraftvollen Satz der sie bis über die Wipfel der Bäume hinaustrug schnellte der Drache in die Höhe. Am höchsten Punkt seines Sprungs breitete Damien die Flügel aus und schlug sie dann kraftvoll wieder nach unten so dass sich unter dem Luftzug die Spitzen der Bäume bogen.

Emma starrte nach unten, beobachtete wie die Welt unter ihr immer kleiner wurde. Sie war viel zu fasziniert um sich zu fürchten. Der Drache unter ihr bewegte sich mit kräftigen Schlägen seiner Flügel immer weiter in den Himmel. So hoch das die Welt unter ihr nur noch ein Flickenteppich aus verschiedenen Grün- und Brauntönen war.

Die Luft wurde immer kälter und dünner und die Flügelschläge wurden bald seltener und sie glitten über den Himmel. Bald waren sie oberhalb der Wolken und Emma sah die weißen Gebilde wie ein Gebirge unter sich aufragen.

Es war wunderschön. Mit einem leisen Seufzer stellte Emma den Kragen ihrer Jacke gegen den Wind hoch, kuschelte sich enger in die warme Kuhle an Damiens Hals und ließ sich von dem unglaublichen Ausblick verzaubern.

DrachenfeuerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt