Als erstes flog er mit ihr Richtung Nordosten, wo die Dämmerung sich langsam über die ersten Hänge kämpfte und dem Licht der Sterne einen seltsamen grauen Glanz entgegenstellte. Irgendwann als die Sonne hinter den Bergen die ersten Wolken pink verfärbte holte Emma ihre Gabe heraus und ließ ihn teilhaben. Er drehte ab, Richtung Süden und eine ganze Stunde segelten sie so durch den erwachenden Himmel und staunten. Da sie ihre Gabe diesmal bewusst darauf konzentrierte mit ihm in Kontakt zu treten war das Bild das er empfing deutlich schärfer, es war als könne er ihre Gedanken lesen, doch nun da sie wusste das er da war Schreckte sie bei vielen Themen immer wieder zurück, kontrollierte ihre Gedanken und damit auch ihre Gefühle mit einer nervtötenden Finesse und Beharrlichkeit.
Mit der ersten Wärme kam der Gipfel von Schirach und Dracus an seiner Westflanke in Sicht. Die Stadt zog sich über die ganze Seite des Berges, kleine unscharfe Punkte gegen den Schimmernden Stern des Schlosses. für ihn hatte es immer eine Verkörperung seines inneren Kompasses bedeutet. Als Drache wusste er immer wo er war und in welcher Richtung sich sein Ziel befand.
Emma war ganz anders. Ihre Gefühle waren aufgewühlt und fast zu schnell für ihn. Sie hatte Bilder ihres Landes im Kopf. Gedrungene Gebäude und gedeckte Farben die um Unsichtbarkeit wetteiferten, dunkle, ewig erscheinende Wälder und eine Küste dunkel unter Sturmwolken mit dem grauen Ungeheuer des Königspalastes das auf seiner Klippe hoch über dem Meer hockte. Einen winzigen Moment flackerte etwas durch ihren Geist, etwas das sie sofort wieder unterdrückte. Doch er erhaschte ein bild von einer dunklen Treppe, gerade breit genug das ein Mann darauf gehen konnte.
Ein anderes Bild, kristallklar und hell ersetzte es gleich darauf. James. Lachend auf einer Klippe neben ihr sitzend, unter sich die halbe welt. Damien knurrte unwillkürlich und sie zuckte zusammen. Es folgte ein seltsamer fast schnurrender Laut der wie ein Schauer über seinen Körper lief und der ihn selbst überraschte. Er hatte sich als Drache noch nie bei jemandem entschuldigt.
Emma entspannte sich wieder und sie tauchten erneut in den Fluss ihrer Gedanken ein. Sie wusste jetzt das das nicht einmal ein Bruchteil der halben Welt gewesen war. Nicht das sie es davor nicht auch gewusst hätte, doch wissen und sehen sind sehr unterschiedliche Dinge. Tatsächlich zu sehen das die Welt hinter dem Horizont einfach immer Weiterging war lebensverändernd und es von dem Rücken eines Drachens zu erleben war einfach unglaublich.
Sie staunte über die Höhe der Berge, so viel mächtiger als alles was sie bisher gesehen hatte. Und in ihrem Kopf lief ein Feuerwerk an Informationen und greifbar gewordenen Legenden und Geschichten ab. Die Bibliothek mit all dem Wissen reizte sie noch viel mehr, jetzt da sie die gewaltige Palastanlage gesehen hatte die sie umgab.
Damien flog einmal um den Palast und wandte sich dann dem Nordhang des Schirachbergs zu, der Steil nach unten fiel, zu glatt um ihn zu erklettern und mit den Nordwinden, die das Fliegen auf dieser Seite zu einer heiklen Angelegenheit machten.
Er landete auf der halb zerfallenen Terrasse eines der alten Wachtürme und legte sich hin um Emma absteigen zu lassen. Sie hatte die Verbindung beendet als er die zweite Runde flog und nun holte sie die Tasche mit ihrem Frühstück schweigend von seinem Rücken und ging an den Rand der Platform um in die Tiefe zu sehen wo spitze Felsen am Grund des Abhangs einen schnellen Tod versprachen.
„Geh nicht zu nah ran. Hier sind die Winde unberechenbar und stark." Damien hatte sich hinter sie gestellt, teils um sie festzuhalten, für den unwahrscheinlichen Fall das sie das Gleichgewicht verlor, teils weil er die plötzliche Trennung ihrer Wesen nicht besonders gut verkraftete. Seine Gedanken waren ungewöhnlich unstet, er war verwirrt von all den Eindrücken und fühlte sich zu leer und klein, fast schon dunkel ohne ihr Licht in seinem Kopf.
Sie drehte sich um und stolperte prompt einen Schritt zurück. Er packte sich um die Mitte und sprang einen großen Satz zurück. Der Schreck in ihren Augen als er seinen Griff ein wenig lockerte, ließ ihn verlegen die Augen niederschlagen.
„Sorry. Wollen wir es uns gemütlich machen und was essen? Es müsste demnächst anfangen."
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Drachenfeuer
FantastikEmma ist die Kronprinzessin. Damien ist der König. An sich eine perfekte Verbindung. Nur leider sind die beiden Länder verbunden durch eine Lange Geschichte von Hass, Mord, Totschlag und allem was zu einem Krieg dazu gehört. Trotzdem werden sie sic...