Es war ein seltsames Gefühl die Tür zum Treppenhaus zu öffnen, in dem meine Eltern wohnten. Ein bekannter, modriger Geruch stieg mir entgegen, der sich sofort mit dem Geruch von Abgasen vermischte, den ich von den nassen Straßen nach drinnen trug. Das Treppenhaus war alt, das ganze Gebäude war ziemlich alt, aber meine Eltern hatten aus der Wohnung etwas schönes gemacht. Sie hatten die Wände neu gestrichen, sich gut um den Holzboden gekümmert und helle, schöne Möbel in die Dachgeschosswohnung gestellt.
Obwohl es draußen noch immer regnete und es sich heute sogar auf frische 17 Grad runter gekühlt hatte, was für Mitte September in New York eigentlich ziemlich ungewöhnlich war, war es in den oberen Stockwerken, vom langsam endenden Sommer, immer noch aufgeheizt. Als ich die letzten Stufen hinter mir ließ, wurde die Wohnungstür von meiner Mutter aufgerissen, die mir freudestrahlend entgegenblickte. Mich durchzuckte ein Schreck. Ich hatte mir eigentlich vorstellt, noch ein paar Sekunden Zeit zu haben, bevor ich mich der kommenden Konfrontation stellen müsste. Doch hinter meiner Mutter tauchte auch mein Vater auf, der neugierig über ihre Schulter blickte.
Ich lächelte unsicher, als ich auf die Beiden zulief.
„Schön dich zu sehen", begrüßte mich meine Mom und zog mich in eine feste Umarmung. Ein bekannter Geruch trat mir in die Nase. Ihr Parfum, das sie noch immer trug und... noch etwas. Ich kannte den Geruch, ich konnte ihn nur noch nicht einordnen. Es fühlte sich komisch an von meiner Mutter so lange umarmt zu werden, weil zwischen uns so viel stand, über das wir nie geredet hatten. Ich wusste alles noch ganz genau. Meine Mom hingegen schien es irgendwie vergessen zu haben.
Die Umarmung mit meiner Mutter endete und stattdessen war nun mein Vater dran. Die Tür fiel hinter mir ins Schloss und Stille entstand, die ich sofort zu unterbrechen versuchte.
„Ist Charlie auch da?" Ich löste mich schnell wieder von meinem Vater und legte den Regenschirm ab.
„Nein, der ist bei Freunden. Kommt erst heute Abend wieder", antwortete er und blieb vor mir stehen, um mich lange mustern zu können.
„Ach so, schade."
„Lass dich ansehen", sagte meine Mutter und nahm mein Gesicht in ihre schmalen Hände. Sie grinste mich fröhlich an.
„Du siehst gut aus, erholt. Hattest du eine schöne Zeit in Richland Spring?" Ich runzelte die Stirn. Ich sah weder gut aus, noch war es normal, dass meine Mutter mich fragte, ob ich eine gute Zeit in Richland Springs gehabt hatte. Irgendetwas war komisch hier. Ich meine,... ich kannte diese Art von meiner Mutter, wenn Bekannte und Freunde in der Nähe waren. Da konnte sie so tun, als wären wir die perfekte Familie, wirklich perfekt. Aber wir waren nur zu dritt, wem wollte sie hier etwas vormachen?
Außerdem war ich mir sicher, dass man mir die letzten harten Tage ansah. Ich hatte mehr Pickel als sonst, war mit dunklen Augenringen beglückt worden und mein Haar wirkte spröde, obwohl ich es gestern ordentlich und lange gepflegt hatte.
Dass sie meinen Zustand nicht richtig einschätzte, okay, aber warum war sie so freundlich? Irgendetwas war komisch. Der ganze Tag hatte komisch gestartet. Ich war Punkt sieben aus einem, ungewöhnlich eindrucksvollem Traum aufgeschreckt. Ich hatte das Geschehen dieses Traums noch im gleichen Moment des Aufwachens vergessen. Das Einzige, an das ich mich erinnern konnte, war tiefes, dunkles Blau. Dieses Blau konnte ich noch genau so sehen, wenn ich die Augen schloss. Es war ein klares, starkes Blau. Ein Blau das wunderschön und verlockend aussah und trotzdem gab es mir ein komisches Gefühl. Ein ungutes Gefühl, eine Warnung. Ich sollte mich fern davon halten. Doch ich wusste nicht einmal wo dieses Blau existierte, was so Blau sein konnte.
Ich konnte mich nur daran erinnern, dass es sich gleichmäßig bewegt hatte und groß gewesen war. Mehr wusste ich nicht und was das zu bedeuten hatte, wusste ich noch weniger.
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Magische Träume (4. Teil)
Spiritual1. Teil: Zufall oder Magie Während Sam und Lian daran arbeiten ihr Vertrauen zueinander wieder aufzubauen, müssen sich Beide ihren größten Herausforderungen stellen. Lian kann seine Vergangenheit nicht länger verdrängen und Sam muss sich ihrer Zukun...