„Das ist doch bescheuert. Ich kuschle kein geisteskrankes Mädchen, das mich umbringen will!", zischte ich gereizt und verschränkte abwehrend die Arme vor der Brust. Das war der fünfte Traum in Folge und wieder kam Mrs. Lane mit einer neuen Interpretation von Jaydens Notizen um die Ecke. Aber langsam wurde es lächerlich. Sie wollte, dass ich dieses Gruselmädchen aus meinen Träumen akzeptierte und ihr Zuneigung zeigte. Ich sollte sie als meine Verbündete sehen. Tut mir leid, ich war bereit Vieles auszuprobieren. Aber einem Ding, das angeblich aus meiner Angst heraus entstanden war, Liebe und Zuneigung zu zeigen, während sie mich selbst immer wieder bedrohte und umbringen wollte, nein, das war wirklich zu viel verlangt!
„Sam, bist du wirklich bereit vorwärts zu kommen oder möchtest du auf der Stelle treten?" Wütend sah ich Mrs. Lane entgegen.
„Was für eine dämliche Frage. Natürlich will ich vorwärts kommen. Aber ich werde diesem Ding keine Nähe zeigen! Ist das so schwer zu begreifen? Oder würden Sie ein Mädchen umarmen, das seit Monaten versucht sie umzubringen?" Mrs. Lane presste angespannt die Lippen zusammen und stand dann auf. Sie versuchte ihre Wut zurückzuhalten, während sie eindringlich auf mich einredete:
„Aber Sam, wie oft müssen wir das noch diskutieren? Das Mädchen gehört zu dir, sie ist ein Teil von dir. Nicht zu einem geworden, sie war es schon immer. Das ist deine ANGST, die sich durch dieses Mädchen verkörpert." Überzeugt schüttelte ich den Kopf und sprang von der Liege auf.
„Nein, ich glaube nicht, dass sie zu mir gehört."
„Und deswegen funktioniert es nicht. Du stößt sie ab, anstatt sie anzunehmen. Du hast doch gelesen was auf den Zetteln stand."
„Ja ja, ich solle meine Angst annehmen und sie akzeptieren. Das tue ich. Ich akzeptiere die Angst zu ersticken, zu sterben, dass anderen etwas passiert. Aber dieses geisteskranke Mädchen ist nicht meine Angst! Sie... ist keine Ahnung was, aber sie ist nicht von mir!" Wütend preschte ich aus dem Raum und eilte nach draußen. Warum verstand Mrs. Lane das nicht? Ich selbst wusste doch wohl besser was von mir war und was nicht. Und dieses Mädchen war definitiv nicht von mir!
Aufgelöst setzte ich mich auf die Treppe nach draußen und atmete die kalte Nachtluft ein. Würde ich rauchen, würde ich mir jetzt garantiert eine Zigarette anstecken.
Ich spielte sogar kurz mit dem Gedanken jemanden zu fragen. Vielleicht würde mich das runterbringen, aber wahrscheinlich war das Quatsch. Ich rauchte ja gar nicht und dann half mir eine Zigarette auch nicht weiter.
Wie sollte das in der Zukunft nur alles werden? Das war meine erste Nacht, in der ich die Pillen abgesetzt hatte und seitdem träumte ich ausschließlich beschissene Scheiße. Dieses Mädchen brachte mich zum Durchdrehen. Sie war grausam und sie war unfair. Es war schrecklich sie in jedem meiner Träume zu haben und ich konnte nicht nachvollziehen, wie Mrs. Lane nicht verstehen wollte, dass ich dieses Ding einfach nur loswerden musste.
Auf den Zetteln von Jayden hatte viel gestanden. Von Atemübungen, über Meditationstechniken, bis hin zu anderen Skills. Man sollte versuchen Abstand zu seiner Angst zu gewissen. Sich bewusst zu machen, dass das nicht real war und die Angst deshalb nicht real war. Mann sollte die Gefahr der Gefühle rausnehmen. Man sollte die Angst zu seinem Werkzeug machen, man sollte auf sie eingehen, sie zulassen, sie annehmen. Man sollte es mit Angst machen, bla bla bla. Das klang alles wunderbar schlüssig und sinnvoll und sooo einfach. Aber wenn die Angst da war und sie einen überwältigte, wie sollte man dann irgendetwas von diesen Tipps anwenden? Träume hatten es nun mal an sich, dass sich alles beschissen real anfühlte. Wie sollte ich denn da logisch denken und handeln?
Von mir aus, hätte ich Angst vor Spinnen und es würde heißen, ich müsse sie streicheln oder... lieb haben, okay. Aber ein Ding, das mich umbringen wollte und es oft genug fast getan hatte... auf keinen Fall!
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Magische Träume (4. Teil)
Spiritual1. Teil: Zufall oder Magie? Während Sam und Lian daran arbeiten ihr Vertrauen zueinander wieder aufzubauen, müssen sich Beide ihren größten Herausforderungen stellen. Lian kann seine Vergangenheit nicht länger verdrängen und Sam muss sich ihrer Zuku...