Magische Träume (4. Teil)

46. Kapitel - Lian verstehen

„Und jetzt?" Es war ja toll, dass Mrs. Rutherford das so großartig analysiert hatte, aber was sollte ich nun tun? Wie sollte ich damit umgehen? Was wollte sie jetzt mit mir machen?

Mrs. Rutherford warf einen flüchtigen Blick auf ihre Uhr und schwang dann ihre Beine übereinander, um sich aufrechter hinzusetzen und mir ernster entgegenzublicken.

„Wir haben noch knapp 20 Minuten. Ich würde für die nächste Stunde gerne einiges vorbereiten. Wir könnten den Rest der Stunde dafür nutzen, um über die Dinge zu sprechen, die dich im Moment beschäftigen. Was hältst du davon?" Etwas irritiert starrte ich sie an. Sie hatte so viele Dinge in mir aufgewühlt, dass ich an nichts anderes denken konnte. Warum wollte sie überhaupt so plötzlich das Thema wechseln?

„Ähm... ich wüsste im Moment nichts was mich beschäftigt und worüber ich mit Ihnen reden wollen würde. Ich hatte eigentlich geglaubt sie würde mir jetzt irgendwelche Tipps oder so geben, wie ich mit... diesen Dingen umgehen soll."

„Ich verstehe deinen Gedankengang, aber ich glaube für heute ist es genug Input. Ich möchte dir Zeit geben, damit du das in Ruhe verarbeiten kannst. In der nächsten Stunde werden wir uns genauer damit auseinandersetzen. Dann werden wir auch über Bewältigungsstrategien sprechen", erklärte Mrs. Rutherford ruhig.

„Ach so, ähm ja okay", entgegnete ich etwas durcheinander und begann nachdenklich meine Finger zu kneten.

„Hast du ein Thema über das du sprechen willst?" Ich zuckte mit den Schultern. Ja bestimmt, aber im Moment kreisten meine Gedanken nur um das, was mir Mrs. Rutherford eben erklärt hatte.

„Ich bin gerade etwas überfordert mit dieser Frage", gab ich zu und streifte mit meinen Handflächen den leicht zerknitterten Stoff meiner Hose glatt, um mit dem nervösen Kneten meiner Finger aufzuhören.

„Okay, dann frage ich anders. Warum bist du heute morgen zu spät gekommen?"

„Keine Ahnung, ich war müde. Ich hatte gestern Schwierigkeiten einzuschlafen", entgegnete ich verwirrt. Was hatten denn meine zehn Minuten Verspätung mit einem Thema zu tun, über das ich mit Mrs. Rutherford reden sollte?

„Was hat dich am Einschlafen gehindert?" Ich schluckte schwer. Jetzt wusste ich worauf Mrs. Rutherford hinaus wollte. Schnell setzte ich mich in dem Sessel aufrecht, in dem ich mit der Zeit mehr und mehr tiefer gerutscht war und sah ihr nervös entgegen.

„Wie kommen Sie darauf?"

„Du meintest, dass du Schwierigkeiten beim..."

„Nein, ich meine die Frage zu stellen warum ich heute morgen zu spät gekommen bin. Sie wussten doch schon bevor ich darauf geantwortet hatte, dass etwas... anders war als sonst", unterbrach ich sie schnell.

„Zum einen ist es für dich ungewöhnlich zu unseren Treffen zu spät zu kommen und zum anderen hast du vorhin den Eindruck auf mich gemacht, als würdest du dir über etwas viele Gedanken machen."

„Warum?"

„Du warst unruhig, durch den Wind und nachdenklich oder sehe ich das falsch?" Während ich immer nervöser wurde, vielleicht weil ich mich so etwas wie erwischt fühlte, blieb Mrs. Rutherford erstaunlich ruhig. Kräftig biss ich die Zähne zusammen und schüttelte dann leicht den Kopf. Manchmal war es mir doch etwas zu unheimlich wie gut Mrs. Rutherford in ihrem Job war. Vor ihr könnte ich vermutlich nichts geheimhalten.

„Möchtest du nicht darüber sprechen?", fragte sie vorsichtig. Ich zuckte wieder mit den Schultern.

„Doch, vielleicht schon, aber ich denke nicht, dass ich mit Ihnen darüber sprechen kann."

„Warum?"

„Na ja, es geht um Lian."

„Und weiter?"