Kapitel 35 - Hallo sagen

112 8 0
                                    

Der Strand ist komplett leergefegt. Es ist irgendwie komisch. Es wirkt wie verlassen. Der Sand, der sonst strahlend hell ist, wirkt nicht mehr so tropisch und angenehm wie sonst. Auch das Wasser, dass sonst optimal zum Surfen ist, steht still und keine Welle, die man realistisch gesehen zum Surfen benutzen könnte, ist sichtbar. Weit und breit ist niemand zu sehen. Klar, liegt es wahrscheinlich irgendwie am Wetter, trotzdem ist irgendwas anders, aber auf die schlechte Art und Weise. Im Normalfall hätte ich mich gefreut alleine zu sein. Aber es gibt in diesem Moment nichts Sehnlicheres, dass ich mir wünsche, außer ein paar kleine Kinder die Sandburgen bauen, oder eine Gruppe von Jugendlichen, die ein Lagerfeuer machen und grillen. Alles wirkt so, als ob das Leben mehr oder weniger entflohen ist. Trotz, dass ich mich eben erst hingesetzt habe, stehe ich wieder auf und gehe los. Eine Weile gehe ich am Strand entlang und betrachte weiter die Kulisse. Es ist trotzdem wunderschön, aber irgendwas an diesem Ort strahlt eine tiefe Traurigkeit aus. Nach ein paar hundert Metern biege ich wieder auf die Straße ab, von der ich gekommen bin. Auch hier sehe ich mich um. Vom Sturm liegt hier immer noch vieles kreuz und quer herum und genauso wie am Strand wirkt alles trostlos. Ich fühle mich gerade so unglaublich egoistisch. Die letzten Wochen, habe ich in einer Blase gelebt, in der es eigentlich nur um die Pogues und diese verdammte Schatzsuche geht. Klar, mir ist schon aufgefallen, dass Agatha einen ziemlichen Wirbelwind verursacht hat, aber, dass es immer noch so schlimm ist, ist mir nicht im Geringsten aufgefallen. Gedanken versunken, schrecke ich auf, als ein lautes Hupen neben mir ertönt. "Fuck!" Rufe ich und sehe den mysteriösen Motorradfahrer an, der warum auch immer neben mir hält. "Was soll das?" Frage ich genervt und sehe ihn an. Er öffnet mit einem klicken einen kleinen Verschluss unterm Helm und stülpt ihn sich dann ab. "Barry?" Frage ich geschockt, als ich nun endlich sein Gesicht erkennen kann. Damit hätte ich jetzt echt nicht gerechnet.

"Hey, Marley." Sagt er grinsend.

"Was soll der scheiß, Barry?"

"Ich wollte doch nur mal hallo sagen."

"Na, dann Hallo!" Sage ich überschwänglich und gehe wieder los.

"Hey, hey, hey! Warte doch mal, süße."

Ich drehe mich wieder um. "Was willst du?"

"Jetzt tue mal nicht so genervt und springe rauf, ich fahre dich nachhause." Er klopft auf den hinteren Platz, von seinem Motorrad.

Ich sehe erst ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an und dann sein Motorrad. "Auf keinen Fall."

"Ach komm schon, spring rauf. Nicht, dass dir hier ganz alleine noch irgendwas passiert."

"Nein Danke, ich passe." Weise ich ihn erneut ab.

"Wer weiß schon, wir hier auf dem Cut so herumläuft."

"Der einzige, vor dem man sich Sorgen machen muss, bist du, mein Lieber."
Er grinst mich schelmisch.

"Komm schon rauf." Ich nicke energisch mit dem Kopf. "Ich fahre auch vorsichtig."

"Warum verstehst du mein Nein nicht?"

"Weil du eigentlich willst, dass sehe ich dir an."

"Gott Barry, du kennst mich ja noch weniger, als ich dachte."

"Denkst du das wirklich, Mrs. Überdosis?"

Mein Herz rutscht mir in die Hose, trotzdem versuche ich den Schreck so gut es geht zu verbergen, denn so wie ich Barry kenne würde er sich noch ein drauf aufgeilen, wenn ich mich schlecht fühlen würde. "Ich weiß nicht, wovon du redest."

"Ach komm schon, wir wissen beide genau wovon ich rede."

Ich sehe ihn emotionslos an. "Hast du dieses verfickte Gerücht in die Welt gesetzt?"

Sein Grinsen wird breiter. "Wer weiß es denn noch? Deine neuen Freunde, oder was?" Ich schätze, damit meint er die Pogues.

"Stalkst du mich oder so?"

"Komm mal runter, süße. So heiß bist du nun auch wieder nicht. Die Leute reden nur."

Ich verdrehe die Augen. Haben Männer, dass so an sich? Das ist genau die gleiche Antwort, die ich von JJ auch bekommen habe und ich fand sie damals schon ziemlich unnötig.
"Und die Leute haben echt nichts Besseres zu tun, als sich um mein Leben zu kümmern?"

"Was hast genau du erwartet?"

Ich seufze und atme einmal tief durch. Einfach den Ärger herunterschlucken. "Was genau willst du von mir, Barry?"

"Ich will die alten Zeiten zurück."

Ich lache. "Ja genau!"

"Nein im Ernst! Weißt du noch, als du das erste Mal MDMA genommen hast? Du warst so unglaublich glücklich." Ich zucke mit den Schultern. "Weißt du, ich habe echt guten neuen Stoff, vielleicht hast du ja Interesse."

"Nein, kein Interesse."

"Ach komm, das wird lustig!" Sagt er und versucht mich weiter zu überreden.

"Fuck, was verstehst du an einem nein nicht?"

Jetzt seufzt er. "Na gut." Gibt er sich geschlagen. "Dann lass mich dich zumindest nachhause bringen, okay?" Er wirkt zur Abwechslung mal fürsorglich. So, als ob er mich nachhause bringen will, weil es eine nette Geste ist und nicht weil er Geld oder so eine scheiße von mir will.
Trotzdem ist es Barry, nicht wahr?

"Ich laufe einfach, das passt schon."

"Was soll ich denn auf dem Motorrad machen? Ich will nur sicherstellen, dass du heil zu Hause ankommst." Ich sehe ihn skeptisch an. "Na komm schon, spring rauf!" Er klopft mit der Hand auf eine freie Fläche hinter sich und setzt seinen Helm wieder auf. "Ich fahre auch vorsichtig, versprochen."

"Schön." Sage ich etwas genervt und kletter, auf den Rücksitz des Motorrads. Was das wohl wird?

×××××××

Ich sehe nervös auf mein Zuhause. Auf mein richtiges Zuhause. Das letzte Mal, als ich genau hier stand und es betrachtet habe, war alles ganz anders. Man konnte ohne jegliche Zweifel erkennen, dass es drinnen etwas nicht stimmt. Aber jetzt stehe ich hier, die Vorhänge sind wieder auf und lassen mich einen flüchtigen Blick in ein paar der Fenster im Erdgeschoss erhaschen und irgendwas lässt mich wieder ein bisschen mehr dieses wohlige Gefühl fühlen, wenn man nachhause kommt. Einerseits will ich nicht rein. Am liebsten würde ich diese Menschen komplett aus meinem Leben löschen, so als ob sie niemals existiert hätten. Andererseits sind es meine verdammten Eltern, über die ich spreche. Das Problem an dieser ganzen Sache ist, dass ich nicht weiß, wer genau der Arsch ist. Meine Mutter hatten schon immer alles an mir auszusetzen. Wenn ich in ihren Augen zu dünn war, sollte ich zunehmen und wenn sie mich dann wieder zu dick fand, sollte ich die paar Kilos, so schnell wie möglich verlieren, nicht dass die Nachbarn noch schlecht von uns denken. Sie hat nie verstanden, was mit mir los ist. Was zugegebenermaßen absolut verständlich ist, aber anstatt, dass sie versuchte mir auf irgendeine Art zu helfen, machte sie es nur schlimmer und schlimmer. Mein Dad hingegen war da anders. Verstanden hat er es mit Sicherheit auch nicht, aber im Gegensatz zu meiner Mom, akzeptierte er es. Von daher war es für mich immer so, dass meine Mom die böse war. Aber die letzten Tage und Wochen hat mir gezeigt, wer mein Vater ist und wozu er imstande sein kann und eins weiß ich ganz sicher, ich will nichts mit dieser Version von ihm zu tun haben. Für einen Tag würde ich mir einfach mal wünschen, dass ich nicht über all diese verwirrenden Dinge nachdenken muss, aber ich schätze darauf muss ich noch ein wenig warten.

---------

Hey, meine Lieben! Ein weiterer Freitag und somit auch ein weiteres Kapitel. Bin irgendwie mal wieder nicht so zufrieden, ich hoffe aber, euch gefällt es trotzdem. Ihr könnt mir ja mal schreiben, was ihr denkt. Habt ein schönes Wochenende <333

My Drug // JJ MaybankWo Geschichten leben. Entdecke jetzt