Kapitel 21 - Wie die Stille vor dem Fall

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"Barry." Sage ich und sehe ihn ernst an.

"Ich habe schon darauf gewartet, dass du mir mal einen Besuch abstattest." Sagt er grinsend und kommt etwas näher auf mich zu.

"Tja, da bin ich." Ich versuche die Freude ihn wiederzusehen zu teilen, doch mehr als ein leichtes erzwungenes Lächeln ist nicht drin.

"Also Marley, was suchst du hier?" Kommt er relativ schnell zum Punkt.

"Na, was denkst du denn? Ich brauche Stoff."

"An was dachtest du?" Er läuft langsam in Richtung seines Wohnwagens und ich folge ihm.

"Vielleicht Kokain?"

Er sieht mich überrascht an und öffnet die Tür seines Trailers. Drinnen läuft etwas Musik und warum auch immer, ist er voller Leute. "Kein MDMA?" Fragt er verwundert und schließt die Tür wieder.

"Ist nicht für mich." Antworte ich knapp, ohne noch weiter ins Detail zu gehen. Er nickt und dann verschwindet er in irgendein anderes Zimmer. Ich sehe ihm verwirrt hinterher, unschlüssig ob ich ihm folgen soll oder einfach bleibe wo ich bin. Ich entscheide mich aber für letzteres. Ich sehe mich unsicher im Raum um. Ein paar Leute kiffen, die anderen ziehen ein paar Lines auf dem Tisch und andere liegen schon komplett K.O in der Ecke. Nichts, was ich noch nie gesehen habe, ist trotzdem schon ein Weilchen her. Als ich 14 geworden bin, hat dieser Drogenscheiß angefangen. Alles nur wegen Barry. Eigentlich habe ich mir hoch und heilig geschworen, niemals zu diesem verdammten Typen zurückkehren, doch hier bin ich und kaufe Drogen für meine eigene Mutter. Was ist bloß aus mir geworden?

"Hier." Unterbricht Barry meine Gedanken. Er drückt mir ein paar kleine durchsichtige Plastiktütchen, mit etwas Kokain drin, in die Hand.

"Was willst du haben?" Ich hole die 200€ meiner Mom aus meiner Tasche und halte sie hin.

"Ach, das geht aufs Haus!" Sagt er fröhlich, doch ich mustere ihn nur ungläubig.

"Das glaube ich nicht." Sage ich skeptisch und halte ihm das Geld hin.

"Nein, nein. Das geht wirklich aufs Haus." Sagt er und schiebt meine Hand mit dem Geldschein weg. "Wenn wir jetzt noch eine Line zusammen ziehen!" Beendet er den Satz.

War doch klar, dass es einen Haken gibt. "Nettes Angebot, aber nein danke." Lehne ich sein Angebot ab und halte ihn erneut das Geld hin.

"Komm schon!"

"Echt nicht, Barry. Lass mich einfach bezahlen."

"Sei nicht so langweilig."

"Ich bin nicht langweilig, ich will nur einfach nicht."

"Du hast dich echt ins Schlechte verändert, Clayton."

"Kann schon sein." Barry seufzt, packt dann aber grob meinen Arm und zieht mich mit zur Couch bevor ich überhaupt reagieren kann. "Fuck Barry, fass mich nicht an!" Ich reiße meine Hand aus seinem festen Griff und sehe ihn sauer an. "Was soll die Scheiße?"

"Ich will doch nur, dass du meinen neuen Stoff mal probierst. Er wird dir ganz sicher gefallen."

"Warum ist dir der Scheiß so wichtig?"

"Ich vermisse doch nur die alten Zeiten." Sagt er gespielt traurig.

"Lass mich einfach bezahlen." Versuche ich so ruhig es geht zu sagen. Er verdreht genervt die Augen, greift nach dem Geld und wendet sich ab. "Ach, kannst du mir bitte noch ein paar Pillen mitgeben?" Er dreht zurück und fängt an zu grinsen.

"So kenne ich dich." Er geht erneut in den Nebenraum und ich höre es rascheln. Zurück kommt er mit ein paar Tüten voller MDMA, dass wie so typisch zu ein paar bunten Pillen geformt ist. Er gibt sie mir und diesmal wende ich mich zum gehen ab. "Sag bescheid, wenn du Nachschlag brauchst." Ich kann sein Grinsen förmlich hören.

*****

Meine Mom ist mittlerweile aus ihrem Zimmer rausgekommen. Denn als ich reinkomme, sitzt sie auf unserer Couch, statt in ihrem Zimmer. "Hey, Mom." Ich gebe ihr einen Kuss auf die Stirn. Sie liegt still auf der Couch und sieht auf unseren Fernseher, auf dem sie gerade Fern guckt. "Hast du schon etwas gegessen?" Frage ich und setzte mich zu ihr. Doch ich bekomme keine Antwort. "Du siehst schon besser aus, hast du gut geschlafen?" Versuche ich es erneut, doch wieder bekomme ich keine Antwort.

"Hast du die Drogen?" Fragt sie kühl, ohne mir nur einen einzigen Blick zu würdigen.

"Mom, ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist." Ich sehe sie mit gerunzelter Stirn an und streichel ihr sanft übers Bein. "Das wird Dad auch nicht zurückbringen."

"Ich habe gefragt ob du die verdammten Drogen hast!" Sagt sie drohend und schlägt meine Hand auf ihrem Bein weg.

Ich schrecke zusammen und sehe sie eindringlich an. Doch in ihren Augen kann ich nichts erkennen, außer Wut. "Bitte tue das nicht." Bettel ich sie an. "Ich will nicht, dass du das tust, Mom."

"Es ist mir scheißegal was du willst!" Sie packt mein Handgelenk und zieht mich nach vorne. "Gib sie einfach her." Mit zitternden Händen, greife ich in meine rechte Hosentasche und hole die Päckchen Kokain raus. Gerade als ich zur anderen greifen will, zögere ich. Je weniger, desto besser. Ich ziehe meine Hand zurück und gebe ihr lediglich das Kokain hin. "Das wars?"

"Tut mir leid, Mom. Es ist alles richtig teuer geworden. Inflation und so." Sie sieht mich mit gerunzelter Stirn an, wendet sich dann aber von mir ab und sieht wieder auf den Fernseher. "Hast du Hunger?" Frage ich sie jetzt, doch eine Antwort bekomme ich wieder nicht. Somit mache ich mich auf den Weg nach oben, in mein Zimmer. Sobald ich oben ankomme, schmeiße ich die Päckchen MDMA auf mein Bett, die ich ebenso von Barry geholt habe und mustere sie. Fuck, ich will sie so unglaublich gerne nehmen. Ich will mich genauso fühlen, wie ich mich gefühlt habe, als ich das erste Mal Drogen genommen habe. Ich kann mich noch genau dran erinnern. Ich war schon eine Zeit in Deutschland, als ich mich einfach immer schlechter gefühlt habe. Ich wusste keinen verdammten Ausweg und so als ob das Schicksal mich noch mehr leiden sehen wollte, bin ich durch Zufall auf Barrys Insta gestoßen. Er postete dumme Sachen, nichts ansprechendes. Fast schon peinlich. Ich hielt nichts von ihm, ich dachte er ist ein Arschloch, was er zugegebenermaßen ist. Aber an einem Tag blitze eine Benachrichtigung auf, dass er mir eine Nachrit gesendet hat. Wir fingen an ein paar mal zu schreiben, aber von ein paar mal, wurde zu jeden Tag und von jedem Tag, wurde zu ununterbrochen. Barry hat mir wohl oder übel, Gesellschaft geleistet. Wir redeten nie über Gefühle oder so einen Scheiß, sondern nur, darüber wie man sie ausstellt oder verbessert. Nämlich durch Drogen. Barry war schon lange ein Dealer. Er erzählte mir immer davon wie es ist und irgendwann packte mich einfach die Neugier. So bat ich ihn darum, mir ein paar Drogen zu schicken. Es war ein Päckchen voller bunter Pillen. Genauso wie die, die ich gerade in den Händen halte. Er versprach mir, dass es mich gut fühlen lässt und tja, das tat es. Zumindest für eine Zeit. Wenn ich zurück denke, würde ich es als die Stille vor dem Fall bezeichnen.
Aber das Problem an Drogen ist, dass du immer mehr nehmen musst um den gleichen Effekt wie am Anfang zu erzeugen und das brachte mich letztendlich wegen einer Überdosis ins Krankenhaus. Aber fuck, jetzt sitze ich hier, alleine und einsam und ich bin kurz davor, all das einfach nochmal zu tun, nur für diesen beschissen Kick.

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Leute, ich weiß ein paar Tage zu spät, aber dafür kommen die nächsten Tage ein paar mehr Kapitel. Deswegen viel Spaß beim Lesen und seid auf die nächsten Kapitel gespannt. (Frohe Ostern, übrigens <33)

My Drug // JJ MaybankWo Geschichten leben. Entdecke jetzt