Die Mutprobe - Teil 2

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Heino trug zwar den gleichen Spitznahmen wie der Sänger, aber er war nicht blond und er konnte auch nicht singen. Stattdessen hatte er breite Schultern und kaufte seine Shirts immer zwei Nummern zu klein. Diesen Trick hatte ihm ein anderer Bodybuilder aus seinem Studio verraten. Der meinte, dass die Muskeln so viel besser zur Geltung kommen würden und seit dem gefiel Heino sich, so wie er aussah. Lässig ließ er die gewaltigen Muskeln unter seinem viel zu kleinen T-Shirt spielen und freute sich darauf, das Boot über den Schweriner See zu rudern.

Am anderen Ufer, auf der Halbinsel, hatten sie ihren Treffpunkt. Den konnte man eigentlich nur von der Seeseite erreichen. Es gab zwar auch einen Wanderweg um den See herum. Doch das letzte Stück des Weges ging durch das Schilf. Dort ging einem das Wasser manchmal bis zu den Knöcheln. Deshalb ließen sie ihre Mopeds und Fahrräder lieber stehen und nahmen das Boot.

Heino spielte gern den Fährmann und jedes Mal, wenn jemand auf die eine oder andere Seite wollte, legte er sich in die Ruder. Wie immer waren sie vier Jungs, aber hinten im Boot saß heute ein neues Mädchen. Diese Schönheit hatte Heino noch nie gesehen und er wäre nur zu gern bei ihr gelandet. Doch so wie es aussah, war sie wohl die neue Freundin von Ritze, denn der saß ganz nah an ihrer Seite. 

Es wäre nicht klug, ihm die Freundin auszuspannen und so hielt Heino sich zurück. Bei jedem anderen hätte er kein Problem damit, sich an seine Freundin heranzumachen, aber niemand würde sich so etwas bei Ritze trauen. Der Typ war gefährlich. Das hatte er in vielen Kämpfen bewiesen. Still legte Heino sich in die Riemen, brachte das Boot sicher über den See und schon nach wenigen Minuten knirschte der feine Sand unter ihrem Kiel.

Während Heino das Boot festmachte, beobachtete er Marita aus dem Augenwinkel, wie sie mit Ritze und Mauli sprach. Für Mauli war das sicher eine ganz neue Erfahrung, einmal mit einem so hübschen Mädchen zu sprechen. Den übersahen die Frauen sonst geflissentlich, weil er so hässlich war.

Der Pubertät geschuldet, spielten die Hormone in Maulis Körper verrückt und überzogen sein Gesicht mit dicken Pickeln. Seine Lippen waren viel zu voll und seine herunter hängenden Augenlieder entstellten sein Gesicht geradezu. Obendrein hatte er auch noch ein fliehendes Kinn und Pausbacken, wie ein Hamster. Sein Lachen konnte man mit ganz viel gutem Willen gerade noch als Interessant bezeichnen, aber das war auch schon alles, was an Mauli interessant war. Der war loyal wie ein Hund, aber er war eigentlich immer nur dabei. 

Er gehörte dazu, aber es fiel auch nicht auf, wenn er fehlte. Heino mochte ihn nicht wirklich. Ebenso wenig mochte er Kalle und Ritze. Doch andere Freunde hatte er nicht und so kam er fast jeden Tag mit ihnen zusammen hier her auf die Halbinsel, auf der anderen Seite des Sees.

Sofort versuchte Kalle das Feuer wieder in Gang zu bringen, während Heino noch immer nicht den Blick von Marita abwenden konnte. Dieses Mädchen war wirklich eine Augenweide. 

Lässig verteilte Heino Dosenbier an alle und kam ihr dabei zum ersten Mal näher. "Na dann erzähl mal, Marita. Wer bist du und wo kommst du her?" Breit grinste er die Schöne an.

Auch Ritze nahm ein Bier aus seiner Hand und schaute ihn dabei eine Sekunde zu lange an. Heino stockte der Atem. Was sollte denn dieser Blick heißen? Sollte er sich etwa von ihr fern halten? Geflissentlich tat er so, als hätte er den giftigen Blick nicht bemerkt, aber sein Herz schlug deutlich schneller.

Alle suchten sich einen Platz in der Nähe des Feuers und waren gespannt auf ihre Geschichte.

"Eigentlich komme ich von überall." Ihre Augen blitzten, als sie das sagte und mit einem schelmischen Lächeln, schaute sie in die Runde und genoss die Aufmerksamkeit der Jungs. Ganz offen lächelte sie Mauli an. "Mein Vater war Kampfpilot bei der US-Armee. Er hat eine F-16 geflogen."

In High Heels auf dem StrichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt