Ich scheide mich von dir! - Teil 54

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Schon seit einiger Zeit lebte Justine jetzt mit André zusammen, in ihrer Wohnung. Doch heute lag Spannung in der Luft. Bisher hatten sie sich noch nie gestritten, aber Justine wollte endlich sehen, ob er sich genau wie alle anderen nur hinter einer freundlichen Maske versteckte. Wer war André wirklich? Würde er sie bei einem Streit schlagen? Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch griff sie sich ein Kleid, von dem sie genau wusste, dass er es nicht mochte.

Missmutig schaute er ihr dabei zu, wie sie es anzog. "Willst du wirklich dieses Kleid tragen?", fragte er und schaute ein wenig abfällig.

Justine spürte, wie die Aufregung sie packte. Es musste sein! Sie musste ihn wütend machen! "Was soll das heißen? Sehe ich darin fett aus?" Beleidigt hob sie das Kinn. "Sag es mir direkt ins Gesicht, wenn du es denkst!"

Ein wenig mitleidig schaute er sie an. "Es geht doch nicht darum, ob du fett bist! Es geht darum, dass du diese lächerliche Klamotte trägst."

"Lächerlich?" Ihre Augen weiteten sich vor Empörung. "Du hast doch keine Ahnung! Was bitte, ist an diesem Kleid komisch?"

"Vielleicht solltest du dich einfach mal im Spiegel ansehen, bevor du das Haus verlässt", gab er kühler zurück, als beabsichtigt. "Es ist kein Wunder, dass die Leute hinter deinem Rücken tuscheln."

"Ach, jetzt kommt das also? Du schämst dich für mich, richtig?" Auch wenn sie ihn nur testete, so tat dieser Gedanke doch mehr weh, als sie zugeben wollte.

"Ich will nur nicht, dass du dich wie eine Puppe verkleidest!"

Sie starrte ihn ungläubig an. Hatte er wirklich Puppe gesagt oder Nutte? Hatte er vielleicht Nutte gemeint? "Selbst wenn ich in einem Kartoffelsack rausgehen will, dann werde ich das tun und du wirst verdammt noch mal die Klappe halten! Das ist schließlich meine Entscheidung!"

Sie konnte sehen, dass ihn das getroffen hatte. Trotzdem legte sie nach.

"Du bist so ein selbstgerechter Mistkerl! Wenn du glaubst, dass ich fett bin und du dich für mich schämen musst, dann geh doch!" schrie sie.

Er rollte mit den Augen. "Ich habe dir gerade gesagt, dass du nicht fett bist!" Dieser Streit gefiel ihm nicht und er brauchte ein wenig Abstand. Fast war er schon aus der Tür.

"Aber du hast es so gemeint!" Wütend schnappte sie sich die Vase vom Tisch und schleuderte sie nach ihm. Knapp verfehlte sie ihn und das Glas zerschellte an der Wand. Justines Herz raste. War das doch zu viel? Was würde er jetzt tun?

Schockiert blieb er stehen und drehte sich um. Mit langen Schritten kam er auf sie zu und sie erwartete, dass er sie jetzt schlagen würde. Doch anstatt sie zu schlagen, nahm er sie in die Arme und hielt sie ganz fest. "Was ist denn nur los mit dir?", fragte er und fürchtete sich ein wenig, weil er sich ihr Verhalten nicht erklären konnte.

Erleichterung machte sich in Justine breit. Er hatte völlig anders reagiert, als erwartet. Sie bewunderte ihn dafür, wie er ihre Wut und ihre Angst mit nur einer festen Umarmung Zunichtemachen konnte. Jetzt war sie sich sicher, dass er der Richtige für sie war. Denn sie hatte ihm gesagt, dass er gehen solle, aber er war noch immer hier und er ließ seine Wut nicht mit Gewalt raus, sondern mit Liebe. Sie hatte die Vase nach ihm geworfen und er hatte sie nicht geschlagen. Stattdessen hielt er sie fest, als wolle er sie nie wieder loslassen.

Beide Arme legte sie ihm um den Nacken und drückte ihn an sich. "Warum hast du mir keine reingehauen, als ich die Vase geworfen habe?"

"Weil mein Vater ein gewalttätiges Arschloch war. Er hat meine Mutter und auch mich immer wieder verprügelt. Genau deshalb bin ich Polizist geworden. Ich will denen helfen, die sich nicht selbst helfen können."

In High Heels auf dem StrichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt