Das Traumhaus - Teil 34

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Mauli saß in seinem Sessel, die Augen starr auf den Fernseher gerichtet, aber die Bilder drangen nicht in seinen Kopf. In seinem Innern tobte ein Sturm aus Reue und Selbsthass.

Yvonne war weg. Die einzige Person, die ihn je wirklich geliebt hatte, war für immer fort. Er fühlte sich leer, verloren, als hätte ihm jemand mit einem glühenden Schürhaken das Herz aus der Brust gerissen. Es schmerzte furchtbar, wie eine richtige Wunde.

Fünf Jahre war Yvonne an seiner Seite. Fünf Jahre hatte sie ihn geliebt und von einem Tag auf den anderen war sie plötzlich verschwunden. Ihr Telefon war abgeschaltet, keine Nachricht, kein Hinweis, nichts. Nur ihr Brief spukte noch immer in seinem Kopf.

Mit Gewalt versuchte er diesen Brief aus seinem Kopf zu verbannen und dachte zurück an die zahllosen Male, in denen er sie besucht hatte. Oft war sie am Abend erschöpft und doch hatte sie ihn immer mit einem Lächeln begrüßt. Er hatte ihr das Geld abgenommen, angeblich, weil es sicherer war, wenn sie nichts bei sich hatte. So konnte kein Freier ihr das Geld wegnehmen.

Sie hatte es ihm arglos gegeben und ihm vertraut. Sie hatte wirklich geglaubt, dass sie sich eine gemeinsame Zukunft aufbauen wollten und er hatte sie hintergangen. Jetzt schämte er sich furchtbar, denn er hatte dieses Lächeln nicht verdient. Er hatte es mit Lügen erkauft, ihr Vertrauen missbraucht.

Auch wenn sie gerade nicht hier war, konnte er die Enttäuschung und den Schmerz in ihren Augen geradezu sehen. Wie musste sie sich wohlgefühlt haben, als sie die Wahrheit erfuhr? Die Scham drückte ihm die Luft ab und sie verfolgte ihn, egal was er auch tat.

Mit einem Kloß im Hals erinnerte er sich an ihre gemeinsamen Träume, das Haus, das er ihr versprochen hatte.

Wenn er doch nur Wort gehalten hätte! Auf seinem Konto hatte er genug Geld für ein Haus. Nicht nur Yvonne hatte ihm viel eingebracht, sondern auch die Arbeit mit den anderen Huren. Jeden Monat gab Ritze ihm 10.000 Mark. Dazu kamen noch einmal 10.000 von jedem Rave und weiteres Geld von den Huren, die er schmuggelte und unter der Hand verkaufte. Das war mehr als er ausgeben konnte. Doch was war dieses Geld jetzt noch wert, ohne Yvonne?

Vollkommen niedergeschlagen vergrub er sein Gesicht in den Händen und heulte um Yvonne, um das, was er verloren hatte, und um sich selbst. Die Reue nagte an ihm. Wäre er doch nur rechtzeitig ausgestiegen! Aber jetzt gab es kein Zurück mehr. Yvonne war fort, für immer verloren. Sie war der einzige Mensch, der ihn je wirklich geliebt hatte. Die Qual der Erkenntnis war schmerzhafter als alles andere zuvor. Was hatte er nur angerichtet? Dieser Schmerz würde ihn nie wieder verlassen. Bis zum Ende seiner Tage musste er mit der Erinnerung an das leben, was er ihr angetan hatte.

Was war nur aus ihm geworden? In der Schule hatte er geglaubt, dass er niemals eine Frau finden würde, die das Bett mit ihm teilt, geschweige denn eine, die ihn liebt. Aber dann hatte er Yvonne kennengelernt und war gleichzeitig zu einem Zuhälter geworden. Von da an hatte sich sein Leben um 180 Grad gedreht.

Er war nicht länger der Looser, mit dem keine Frau etwas zu tun haben wollte. Stattdessen hatte er Macht über die Frauen und er hatte sogar eine Freundin, die für ihn anschaffen ging. Besser hätte sein Leben nicht laufen können. Größer hätte der Kontrast zu früher nicht sein können. Doch das war jetzt alles nicht mehr wichtig, denn Yvonne war weg.

Er fühlte sich wie ein Schuft, wie der abscheulichste Mensch. Er hatte das Leben der einzigen Person, die ihn je wirklich geliebt hatte, zerstört. Jahrelang hatte er sich eingeredet, dass er irgendwann aussteigen und tatsächlich mit Yvonne zusammenleben würde. Jetzt meldete sich sein Gewissen mit aller Kraft zurück.

Die Erinnerungen an Yvonne drängten sich in sein Bewusstsein. Ihr Lachen, ihr herrlicher Körper, die vielen Umarmungen, ihre Küsse. Er wusste noch immer nicht, wo sie war. Die Ungewissheit zerriss ihn. Er wollte sie finden, sich entschuldigen, sie um Vergebung bitten. Doch wie konnte er das, wenn er nicht einmal wusste, wo sie war?

In High Heels auf dem StrichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt