Max - Teil 55

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Seit Wochen war Marita unterwegs auf den Straßen von Südafrika und vor ein paar Tagen hatte sie die Grenze nach Botsuana überquert. Sie hatte sich viel Zeit gelassen, fast jeden Nationalpark gesehen und viel erlebt. Auch das Alleinsein hatte ihr gutgetan. Auf der langen Fahrt hatte sie viel über ihr Leben, ihre Vergangenheit und ihre Zukunft nachgedacht. Doch jetzt war es nicht mehr weit. Nur noch einen oder vielleicht auch zwei Tage, dann würde sie Maun erreichen.

Gut gelaunt fuhr sie an diesem Morgen auf der neuen Landstraße und hielt sich genau an die vorgegebene Geschwindigkeitsbegrenzung. Die Landschaft war flach, die Straße schnurgerade und außer ein paar trockenen Sträuchern gab es kaum etwas zu sehen. An die Weite der Landschaft hatte sie sich gewöhnt und fand sie inzwischen beruhigend.

Plötzlich bemerkte sie etwas im Rückspiegel. Ein alter, vollkommen verrosteter und verbeulter Lastwagen näherte sich mit beängstigender Geschwindigkeit. Der Auspuff spuckte eine riesige, schwarze Wolke aus. Im Spiegel konnte sie erkennen, dass die Stoßdämpfer völlig hinüber und nutzlos waren. Das ganze Gefährt wippte unkontrolliert auf und ab, hin und her, als wäre es ein Schiff in stürmischer See.

Obwohl sie bereits mit 100 km/h fuhr, kam der Laster sehr schnell näher. Wie ein wilder Stier raste er von hinten heran. Sie konnte es kaum glauben und ihr Herzschlag beschleunigte sich, als sie sah, wie der uralte Anhänger hin und her schlingerte, wie ein Lämmerschwanz. Auf gar keinen Fall wollte sie sich von diesem Lastwagen überholen lassen. Garantiert hatte der keine funktionierenden Bremsen. Wenn der zum Überholen ansetzte, dann konnte das nur schiefgehen.

"Was macht der Idiot da?", murmelte sie nervös vor sich hin, während sie den Fuß aufs Gaspedal drückte und die Geschwindigkeit erhöhte. 110, 120, 130 km/h, endlich wurde der Abstand zwischen ihr und dem Lastwagen wieder größer. Aber noch immer donnerte er, eingehüllt in seine schwarze Rauchwolke, hinter ihr über die Landstraße.

Ein gutes Stück hatte sie zwischen sich und diesen Irren gebracht, doch ihre Erleichterung währte nur kurz. Vor ihr endete die neue Straße abrupt. Einige Baufahrzeuge, darunter ein gelber Bagger und eine große Straßenwalze, standen am Straßenrand. Hinter den Baufahrzeugen sah sie die alte Straße mit den riesigen Schlaglöchern. Reflexartig trat sie voll auf die Bremse, die Reifen quietschten auf dem heißen Asphalt.

Hinter ihr kam der Laster mit beängstigender Geschwindigkeit wieder näher. Diesen Schlaglöchern konnte sie nur langsam ausweichen, also lenkte sie ihr Auto abrupt in den weichen Sand neben der Straße und wollte den Laster vorbeilassen. Im losen Sand bremste sie weiter ab und verursachte eine gewaltige Staubwolke. Endlich kam sie zum Stehen.

Mit klopfendem Herzen sah sie zu, wie der Lastwagen an ihr vorbeidonnerte. Sein Anhänger schleuderte gefährlich hin und her. Kopfschüttelnd sah sie, wie er mit Vollgas über die riesigen Schlaglöcher fuhr. Diese Verfolgungsjagd hatte sich angefühlt, wie eine Szene aus "Mad Max". Was für ein Idiot! Wie konnte man so rücksichtslos fahren?

Noch immer vollkommen aufgewühlt, wollte sie auf die Straße zurückfahren. Da bemerkte sie etwas im Augenwinkel. Direkt neben der Straße lag ein kleines Tier. Es regte sich kaum und weit und breit war nichts von der Mutter zu sehen. Wenn sie dieses Tierchen auch nur noch ein paar Minuten im heißen Sand liegen ließ, würde es sterben. So viel war ihr klar, denn die Hitze war unerträglich. Dabei war es noch früh am Morgen, die größte Hitze würde erst noch kommen. Kurz entschlossen stellte sie den Motor ab und stieg aus.

Genau wie sie vermutet hatte, lag dort ein Baby mit dunklem Fell. Aber sie konnte nicht sagen, um welche Art es sich handelte. Es sah aus wie eine Mischung aus einem Bären und einem Hund. Ohne Hilfe würde dieses Tier nicht überleben. So viel war ihr klar. Erschöpft lag das kleine Wesen in der Sonne, und rührte sich kaum, als sie es hochnahm.

In High Heels auf dem StrichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt