Fette Beute - Teil 10

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Wie ein Lauffeuer verbreitete sich unter den Prostituierten von Schwerin ein Gerücht. Es wurde erzählt, dass Goran seine Freunde ausbooten wollte. Auch Marco hörte davon, doch er gab nichts darauf. Er kannte Goran seit Jahren und so etwas hätte der nie und nimmer getan.

Doch als sein anderer Freund, der lange Milan ihn nur eine Stunde später anrief und ihn bat, ihm einen Anwalt zu besorgen, weil man ihn wegen eines Drogendelikts verhaftet hatte, war ihm klar, dass dieses Gerücht stimmen musste. Es gab keine andere Erklärung. Goran war ein Verräter! Er hatte Milan das Heroin untergeschoben, denn der nahm gar keine Drogen. So wollte er ihn vermutlich aus dem Weg räumen. Ganz sicher wollte diese Ratte auch ihm ans Leder und jetzt gab es für Marco nur noch eine Lösung. Er musste schneller sein, als Goran.

So schnell wie noch nie fuhr er mit seinem Porsche durch Schwerin und merkte nicht, wie sehr er vor Angst schwitzte. Sein Atem ging stoßweise und sein Herz raste.

"Warum hast du das nur gemacht? Es lief doch alles wunderbar!", murmelte er und steuerte auf den Eingang des Blubberclubs zu. Schnell sprang er aus dem Auto, rannte ins Haus, durchquerte die kleine, leere Tanzfläche vor der Bar und steuerte auf das winzige Büro zu. Dort zählten sie nicht nur die Einnahmen des Tages, dort lag auch die einzige Knarre in der obersten Schublade des Schreibtisches.

Noch immer ganz außer Atem öffnete Marco die Tür und erstarrte. Hinter dem Schreibtisch saß Goran und ließ ihn direkt in den Lauf der Beretta sehen.

"Dreckskerl!", entfuhr es Marco. Er machte eine Bewegung, doch Goran wollte nicht darauf warten, dass Marco eine Waffe zog und drückte ab. Ein ohrenbetäubender Knall hallte durch den winzigen Raum. Marco brach zusammen. Die Kugel hatte ihn unter dem linken Auge in den Kopf getroffen.

Voller Bedauern senkte Goran die Waffe. Es tat ihm leid um seinen Freund, doch auch er hatte von den Gerüchten gehört und weil er ganz genau wusste, dass er nicht der Verräter war, blieb für ihn nur eine logische Erklärung. Marco musste der Verräter sein.

Sterbend lag der Verletzte am Boden und Goran stieg über ihn hinweg. "Schwein!", rief er ihm zu, versuchte nicht in die Blutlache zu treten und rannte hinaus, vorbei an den beiden Frauen, die gerade dabei waren, die Bar für den kommenden Abend aufzufüllen. Die hatten den Schuss gehört und waren mitten in ihrer Bewegung erstarrt. Entsetzt schauten sie ihren Chef an, wie er mit der Waffe in der Hand an der Bar vorbei, nach draußen rannte.

Mit einem weiteren lauten Knall fiel die schwere Tür ins Schloss. Das Geräusch löste die Erstarrung der Frauen. Sie ließen alles stehen, was sie gerade in der Hand hatten und rannten ins Büro. Dort lag Marco noch immer röchelnd am Boden in seinem Blut. "Kümmere dich um ihn! Ich rufe den Notarzt!" Schon rannte die eine der beiden Frauen wieder zur Bar, griff sich den Telefonhörer und rief die Polizei.

Vollkommen schockiert berichtete sie dem Mann unter Tränen, was passiert war und bat ihn darum, so schnell wie möglich einen Rettungswagen zu schicken. Der Mann am Telefon versuchte sie zu beruhigen und versprach ihr, dass der Notarzt schon bald eintreffen würde. Doch noch vor dem Notarzt waren seine Kollegen in Uniform vor Ort.

Mit gezogener Waffe betraten die Polizisten den Club und zielten auf die Frau, die noch immer hinter der Bar telefonierte. Die hob nur den Arm und zeigte auf die Tür zum Büro. Dort sahen die Männer aber sofort, dass der Notarzt hier nichts mehr ausrichten konnte. Dieser Mann war tot.

*

Fassungslos las Heino am nächsten Tag in der Mittagspause in der Schweriner Volkszeitung von dem Mord im Rotlichtmilieu. Die Flucht des Mörders hatte gestern zwar lange gedauert. Doch kurz vor der niederländischen Grenze hatte ihn die Polizei gestoppt und verhaftet. Jetzt saßen zwei Zuhälter im Knast und einer war tot.

In High Heels auf dem StrichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt