Der Blumengarten - Teil 35

12 1 0
                                    

Genau wie alle anderen hatte auch Leo sich gewundert, weil Mauli einfach so verschwunden war. Er war besorgt gewesen und konnte sich keinen Reim darauf machen. Doch noch mehr wunderte er sich, als er eines Morgens von Mauli angerufen wurde.

"Wo steckst du? Ich habe mir schon Sorgen gemacht!", lachte er ins Telefon mit einer Mischung aus Erleichterung und Freude.

"Ich bin in Spanien. Hast du nicht Lust, bei mir einzusteigen und den Spaniern mit dem Techno einzuheizen? Ich habe mir hier eine Halle bauen lassen. Die ist komplett aus vorgefertigten Betonelementen, genau nach meinen Vorstellungen. Die Wände sind glatt und massiv, genau wie der Fußboden, damit die Bässe bis in die Knochen gehen. Die Decke ist hoch, mit speziellen Trägern, dass wir eine ordentliche Lichtshow aufziehen können. Es ist fast wie ein futuristischer Bunker, gebaut für den perfekten Sound. Und das Beste ist, ich habe mir eine »Licencia de Actividad« geholt, also alles legal. Wir müssen also nicht wie ein Wanderzirkus ständig umziehen und zahlen sogar Steuern!"

Leo setzte sich auf den Rand seines Bettes und starrte ungläubig auf das Telefon.

"Was? In Spanien? Das kommt echt unerwartet!" Er stand auf und begann unruhig im Zimmer hin und her zu gehen. "Und wie hast du das überhaupt so schnell alles organisiert?"

Am anderen Ende der Leitung lachte Mauli leise. "Tja, es ging alles schneller als gedacht. Ich habe schon länger mit dem Gedanken gespielt, aber wollte nichts sagen, bevor es nicht sicher war. Und jetzt ist es eben so weit."

Leo runzelte die Stirn. "Und was genau soll ich da machen? Soll ich dort dein DJ sein? Wie stellst du dir das vor?"

Er merkte, wie sich sein Herzschlag beschleunigte. Die Vorstellung, nach Spanien zu gehen, war verlockend und beängstigend zugleich.

Mauli klang entspannt. "Ja, du bist der beste DJ, den ich kenne! Wir werden zusammen etwas Großes aufziehen. Was sagst du?"

Einen Moment überlegte Leo. "Weiß Ritze davon?"

Mauli grinste. "Wenn du ihm nichts erzählst, wird er nie davon erfahren."

Leo überlegte noch immer und Mauli konnte sich vorstellen, dass ihm die Entscheidung nicht leicht fiel. "Wie viel zahlt Ritze dir?", fragte er. "Noch immer 4000 Mark für jeden Rave? Meine Halle ist deutlich kleiner als die Hallen zu Hause. Hier passen so um die 1000 bis 2000 Leute rein, aber wenn du ja sagst, dann machen wir Halbe-Halbe. Wir teilen das, was nach allen Ausgaben und Steuern übrig bleibt. Was sagst du?"

Jetzt grinste Leo. "Wie heißt der Ort? Wo finde ich dich genau?"

Nur drei Tage später begrüßte Mauli seinen alten Freund in Palleiro und der staunte über die schöne, neue Halle. "Hier werden wir es jede Woche ordentlich krachen lassen!"

"Ja, aber vorher müssen wir Werbung machen und uns um die Getränke kümmern. Hier im Dorf gibt es ein paar Jungs. Die haben mich schon darauf angesprochen. Sie wollen sich als Türsteher was dazuverdienen. Die sind schon ganz heiß darauf, dass es endlich losgeht."

"Ich muss mir auch noch eine Wohnung suchen", meinte Leo, doch Mauli winkte ab. "Du kannst bei mir wohnen. Mein Haus hat drei Etagen. Ich wohne unten, die oberen Räume stehen alle leer."

Von Santiago de Compostela bis hinunter nach Vigo hatten sie Werbung gemacht und als es endlich losging, kamen so viele Leute, dass die Halle sie nicht alle fassen konnte. Der Abend war ein voller Erfolg, die Menge tobte, die Bässe wummerten. Doch Mauli steckte noch immer fest im Tal der Traurigkeit. Er hatte geglaubt, dass Leo ihn da herausholen könnte, aber dem war nicht so.

Am nächsten Tag saßen sie zusammen in Maulis verwilderten Garten bei einem Bier.

Längst kannte Leo die traurige Liebesgeschichte von Mauli und Yvonne. Ihm war klar, dass es nur eine Lösung gab. "Du musst zu ihr fahren und sie um Verzeihung bitten. Wenn sie nichts mehr von dir will, kannst du dich immer noch aufhängen. Aber du solltest es zumindest versuchen." Breit grinste Leo ihn an.

In High Heels auf dem StrichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt