Das Vorstellungsgespräch - Teil 17

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Weil Maritas Wohnung sechs Zimmer hatte, beanspruchte Ritze gleich zwei dieser Zimmer für sich. In einem hatte er sein Schlafzimmer sehr spartanisch eingerichtet und im anderen ein kleines Büro. Dort stand ein neuer, noch leistungsfähigerer Computer auf einem Schreibtisch. Doch den benutzte er nur zum Spielen. Etwas anderes hatte er damit noch nicht gemacht. Auch im Internet war er damit noch nie, denn er hatte keine Ahnung, wie er das anstellen sollte.

Aber im Moment war der Computer nicht eingeschaltet. Stattdessen saß Ritze in seinem luxuriösen Drehstuhl und betrachtete die schöne, neue Pistole in seiner Hand. Er war begeistert von ihrem modernen Design und ihrem geringen Gewicht.

Doch am meisten beeindruckten ihn die 17 Schuss im Magazin. Was für eine gewaltige Feuerkraft! Das Ding lag wunderbar in der Hand und der Abzug war so butterweich, als wäre er genau für ihn gemacht. Während er die Waffe zerlegte und wieder zusammenbaute, konnte er sich ein Lächeln nicht verkneifen. Diese Pistole war mehr als nur ein Werkzeug. Das war ein Symbol der Macht!

Stolz zielte er auf die Lampe und drückte langsam den Abzug durch. Es klickte leicht und genau in diesem Moment kam Marita herein. Das Lächeln in ihrem Gesicht gefror. "Was zum Teufel ist das?", fragte sie scharf und verschränkte die Arme vor der Brust.

Er schaute sie, wie ein ertappter Schüler. Doch dann grinste er. "Das ist meine neue Glock."

Sie schüttelte ungläubig den Kopf. "Hast du den Verstand verloren, Ritze? Was soll das? Eine Pistole? Was willst du damit anfangen? Menschen erschießen?"

Er hob beschwichtigend die Hände. "Ich gehe doch nicht einfach los und bringe wahllos Leute um! Ich bin doch kein Mörder!" Schon wieder grinste er.

Lässig zeigte er ihr das Magazin. "Siehst du? Sie ist gar nicht geladen. So ist sie vollkommen ungefährlich." Schnell verstaute er die Glock in der obersten Schublade seines Schreibtisches, schaltete den Computer an und drehte ihr den Rücken zu. "Ich muss noch lernen, für meine theoretische Fahrprüfung." Damit war das Thema Pistole für ihn erledigt.

Mit einem wütenden Kopfschütteln ließ Marita ihn allein.

Doch anstatt zu lernen, spielte Ritze ein Kartenspiel auf seinem Computer und blätterte dann in seinem Fahrschulheft. Da standen alle Fragen und alle Antworten drin, die ihm auch bei der Prüfung gestellt würden. Doch es waren so viele, dass er keine Lust hatte, sich das alles zu merken.

Er wäre Tage damit beschäftigt, das alles zu lernen. Deshalb machte er es genau wie in der Schule. Er nahm einen neuen Bleistift und stach mit der Spitze seines Zirkels Löcher für jede Antwort hinein. Dabei übersetzte er die richtige Antwort A mit nur einem Loch, B bekam zwei Löcher und wenn C richtig war, dann stach er drei Löcher in seinen Bleistift.

Innerhalb einer Stunde hatte er sich so alle Fragen auf seinem Bleistift "unsichtbar" notiert. Niemand würde seinen Betrug bemerken, denn da waren nur für das geübte Auge ein paar winzige Löcher zu sehen. Wer nicht wusste, was sie bedeuteten, der konnte nie darauf kommen, dass es sich um einen Code handelte.

In der theoretischen Prüfung würde er jetzt keine Fehler mehr machen, denn das System mit dem Bleistift hatte er oft genug geübt.

Er war sich auch ganz sicher, dass er nicht durcheinander kommen würde, denn manche Fragen waren so leicht, dass er sie auch ohne seinen Code beantworten konnte. Diese Fragen benutzte er als Referenz und konnte so gar nicht durcheinander kommen und falsche Antworten geben.

Marita hatte sich in ihrem Zimmer an ihren eigenen Computer gesetzt und wollte sich beruhigen. Doch das gelang ihr nicht. Noch immer kochte sie vor Wut.

Zuerst hatte Ritze sie hintergangen und sich den größten Teil ihrer Einnahmen eingesteckt. Die Jungs und auch sie selbst hatte er mit einem lächerlichen Anteil abgespeist. Jetzt besaß er auch noch eine Pistole und so wie sie ihn kannte, war es nur eine Frage der Zeit, bis er das Ding benutzen und jemanden damit durchlöchern würde.

In High Heels auf dem StrichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt