𝘒𝘢𝘱𝘪𝘵𝘶𝘭𝘭𝘪 22

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Luela

Die Treppen hoch ging ich, Erona hatte mir die Tür am Eingang aufgemacht. Ich werde mir jetzt gleich ordentlich was anhören müssen. Die Wohnungstür war offen, also betrat ich diese und schloss sie wieder hinter mir. Ins Wohnzimmer ging ich und sah Erona auf dem Sofa sitzen. "Gjesi", gab ich ein leises „Morgen" von mir.

"Wo warst du?", fast hörte sie sich wie mein Vater an. Nur fand ich es nicht so schlimm wie bei ihm. Er tat dies nur, weil er mich nie rausgehen lassen wollte, und sie, weil sie sich tatsächlich Sorgen um mich machte. "Bei Enmar", gab ich von mir und setzte mich ihr gegenüber hin.

"Bevor du dich aufregst, ich kann's erklären", fuhr ich fort und erzählte ihr, was alles passiert war. Dass wir gesagt haben, dass wir uns immer noch lieben, schloss ich aus. Das würde ich ihr noch nicht erzählen, sonst würde sie mich wortwörtlich töten, wenn sie herausfinden würde, dass ich ihm meine Gefühle wieder gestanden habe.

"Oh mein Gott, und du hast bei ihm geschlafen?!", schrie sie jetzt. "Im Gästezimmer." "Was macht das für einen Unterschied, Luela?! Jemand ist in sein scheiß Haus eingebrochen, und du traust dich, dort die Nacht zu verbringen?!" Sie stand jetzt auf. Darüber habe ich tatsächlich gar nicht nachgedacht. Ich hatte ernsthaft die Nacht dort verbracht. Erst jetzt realisierte ich richtig, was alles passiert war. Ich hätte ihm nicht meine Gefühle gestehen dürfen. Das wird er nur ausnutzen. Aber seine hatte er mir auch gestanden? Das war alles zu viel so früh am Morgen.

Nachdem sich Erona ein wenig beruhigt hatte, fragte ich sie, wo Amin war, und schon wurden ihre Wangen rot. Süß war es. Doch was hatte er mit Enmar am Hut? Naja, immerhin meinte er, ihn nach einem Job fragen zu wollen. Ich gehe mal davon aus, dass er deswegen mit ihm gefahren ist.

Erona ging durch den Raum, ohne ein Wort zu sagen. Sie überlegte, bis ihr ein Lächeln aufs Gesicht trat. "Wir werden heute rausgehen!", schrie sie glücklich. Ich schüttelte den Kopf, da ich gar nicht in der Stimmung war, heute etwas zu unternehmen. Doch wer sagt, dass Erona es dabei belassen würde? Sie nahm meine Hand und zog mich hinter sich her ins Schlafzimmer.

"Los, mach dich schick", sagte sie, während sie etwas im Kleiderschrank suchte und alles Mögliche, was drin war, durch den Raum schmiss. Schick, sagte sie. Eine Jeans und ein Shirt reichen, wir würden höchstwahrscheinlich nur in das kleine Restaurant wieder gehen, um was zu essen. Also tat ich das auch. Eine schwarze, weite Jeans zog ich mir an, ein schwarzes Shirt, das definitiv größer als meine normale Größe war, doch ich mochte sowas. Heute schien mal wieder die Sonne, obwohl uns gestern der Wind noch um die Nase wehte.

"Was soll das? Ich habe extra schick gesagt, wir gehen nicht auf eine Beerdigung, Luela", hörte ich Erona hinter mir sagen, während ich mich im Spiegel betrachtete. Ich mochte aber die Farbe Schwarz. Ich hatte abgenommen, und Schwarz war die einzige Farbe, die mich nicht extrem dünn aussehen ließ. Die Komplexe machten sich in mir breit. Ein Kleid hielt sie mir hoch, das ich definitiv nicht anziehen werde. Erstens könnte es heute noch kalt werden, und zweitens passte es nicht zu mir. Ich verneinte es und machte mir nur die Haare, trug ein wenig Schminke auf und parfümierte mich mit meinem Lieblingsparfüm. Es war auch sein Lieblingsparfüm. Bevor ich wieder in eine Trance fallen konnte, schüttelte ich die Gedanken weg. Ich hatte definitiv genug von ihm.

Erona hatte sich schick gemacht, und mit schick meine ich einen knallpinken Kleid, gestylte Haare, stark geschminkt und sogar High Heels. Gehen wir feiern oder nur ein wenig raus? Doch es stand ihr. Wie eine Barbiepuppe sah sie mit ihren blonden Haaren aus. Sie schüttelte den Kopf, als sie mich sah. Ich war genau das Gegenteil von ihr. Dass es ihr nicht passte, wie ich mich angezogen hatte, merkte ich auch direkt, doch so schnell könnte ich meinen Kleidungsstil nicht ändern. Immerhin wurde mir beigebracht, mich nicht freizügig zu kleiden. Es war ja nicht so, dass es mich störte. Ganz im Gegenteil, ich wollte nie viel von mir preisgeben.

Kur Kthehësh?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt