Luela
"Und du wirst keinem erzählen, dass ich wie ein kleines Kind geheult habe, verstanden?", hörte ich ihn neben mir sagen. Was war nur los mit seiner Stimmung? "Verstanden?", wiederholte er jetzt mit einem strengen Ton, und sofort nickte ich. Es war nicht schlimm zu weinen. Manche lassen den ganzen Schmerz durch Tränen raus. Doch nein, Enmar kann nicht weinen. Enmar darf nicht weinen. Und selbst wenn, darf es keiner erfahren! Komischer Typ.
"Enm-", "Was, Luela?!", schrie er mich an, woraufhin ich zusammenzuckte und mir nicht sicher war, ob ich weiterreden sollte. "Rede doch, wenn du schon nicht ruhig bleiben kannst", sagte er. Gott, was war nur los mit ihm? Genau das war das Problem. "Es muss immer nach dir gehen. Immer musst du die Stimmung anderer bestimmen. Wenn dir etwas nicht passt, rastest du aus. Ich weiß, dass diese Nachricht unerwartet für dich war, Enmar, aber mich ohne Grund anzuschreien, ist einfach nicht okay", sprach ich meine Gedanken jetzt laut aus. Ihn anzuschauen, traute ich mich nicht.
"Was willst du mir damit sagen?", fragte er jetzt. Seinen Blick auf mir spürte ich, was mich umso nervöser machte. "Dass du deine Gefühle mal in den Griff bekommen sollst. Luan wird es gut gehen. Wenn er regelmäßig seine Therapien macht und den Arzt besucht, dann wird es ihm gut gehen", sagte ich. "Suad wird dich gleich abholen", sagte er und stand auf. In dem Moment kam die Krankenschwester aus dem Zimmer, in das Luan gebracht worden war, und sofort fragte Enmar, ob er reingehen könnte. Sie nickte kurz und verschwand wieder. Enmar ging hinein, und ich folgte ihm.
Luan lag schlafend auf dem Bett, und Enmar nahm auf dem Stuhl daneben Platz. "Ich sagte, Suad wird dich abholen", meinte er, ohne mich dabei auch nur anzusehen. Er wollte mich nicht hier haben, also brauchte ich nicht weiter zu diskutieren. So verließ ich das Zimmer, lief den langen Flur entlang und verließ schließlich das Gebäude. Draußen wartete Suad bereits auf mich, also ging ich auf das Auto zu und stieg ein.
Ohne ein Wort zu sagen, fuhr er los, und so verging auch die ganze Fahrt. Keiner redete. Nach wenigen Minuten kamen wir auf dem großen Hof an. Erstaunlich, wie schön es hier war. An jeder Ecke standen Wachen, die einen nur emotionslos ansahen. Wir stiegen aus und gingen in Richtung Haustür, als plötzlich Geschrei von drinnen zu hören war. Sofort rannte Suad hinein, und ich folgte ihm.
"Was habe ich gemacht, du Gestörte?!", schrie Amin Enara an. "Fass mich nicht an! Du willst dasselbe mit mir machen wie mit dem armen Mädchen! Du gehörst hinter Gittern, hörst du?! Wie kannst du frei herumlaufen?!", schrie jetzt Enara von der anderen Seite mit Tränen im Gesicht. Ich hatte keinen blassen Schimmer, was gerade vor sich ging. "Amin, was ist hier los?", fragte Suad nun. "Immer Amin. Ich habe mich nur ins Wohnzimmer gesetzt, und sie hat angefangen, mich verge–", "Boll ma", unterbrach ihn Suad jetzt. Das konnte sie nicht wirklich gemacht haben, oder? Das war doch nicht ihr Ernst!
"Er hat versucht, mich anzufassen!", schrie sie weiter in den Armen ihrer Mutter, und diese Frau machte eiskalt mit. "Nalt, Amin", sagte Suad streng und ging die Treppen hoch, gefolgt von Amin. "Immer ist Amin an allem schuld, schau dir doch mal die Kameraaufnahmen an!", rief er noch, bevor man seine Stimme nicht mehr hören konnte, weil sie wahrscheinlich schon im Zimmer waren.
"Und du?", hörte ich die Stimme von Enmars Mutter. Fragend sah ich sie an. "Ich verstehe wirklich nicht, was mein Sohn an dir so toll findet. Du siehst aus wie ein kleines Kind neben ihm!", sagte sie und musterte mich von Kopf bis Fuß mit einem emotionslosen Blick. "Hast du meinen Sohn mal gesehen? Groß. Hübsch. Schlau. Ich werde niemals zulassen, dass er so einem Mikroding hinterherläuft", fügte sie hinzu, was mich ehrlich gesagt überraschte, denn so etwas sagt man einfach nicht, besonders nicht zu jemandem, den man gar nicht kennt.
"Und erst recht nicht, nachdem du dich mit anderen vor meinem Sohn befriedigt hast und er jetzt mit so einem Schmutz zu tun hat", setzte sie noch nach, und das war einer zu viel. "Was ist mit deinem tollen Sohn? Hat er nicht ein uneheliches Kind? Noch besser, wo ist die Mutter seines Sohnes jetzt? Wo warst du überhaupt die letzten Jahre? Du tauchst erst nach Jahren wieder auf, nachdem du gemerkt hast, dass ihr ohne ihn nichts seid. Und bitte, bitte, lass es nicht zu, dass er mir hinterherläuft. Ich will seit Wochen hier weg, doch rate mal, wer es nicht zulässt? Dein Sohn!", sprach ich alles aus, was mir in dem Moment durch den Kopf ging, ohne wirklich darüber nachzudenken. Und wenn sie Enmar später erzählt, was ich hier von mir gegeben habe, wird es ihm nicht gefallen.
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Kur Kthehësh?
RandomLuela war ein junges Mädchen, das dachte, in jungen Jahren ihre wahre Liebe gefunden zu haben, wobei sie sich jedoch sehr getäuscht hatte. Sie war eine der liebsten und reinsten Seelen, die man kennenlernen konnte - eine Seele ohne jegliche Sorgen o...