𝘒𝘢𝘱𝘪𝘵𝘶𝘭𝘭𝘪 26

1K 34 68
                                    

Luela

Die Treppen hoch stieg ich, mein Herz drohte mir aus der Brust zu springen. Ich hatte das Gefühl, mein Magen würde jederzeit platzen. Meine Seele fühlte sich so schwer an, dass es mich nach unten zog. Keine weiteren Treppen konnte ich hochsteigen, die Tränen liefen mir wie ein Wasserfall herunter. Ich hatte drei Jahre lang unnötig mit all dem Schmerz gewartet. Drei Jahre lang hatte ich gehofft, dass er zurückkommen würde. Und das hatte er auch getan. Er hatte mich sogar gefragt, ob wir es noch einmal versuchen könnten. Er hatte mich verdammt nochmal gefragt. Und was habe ich gesagt? Ich lerne jemanden kennen! Sehr gut, Luela. Sehr schön gemacht. Wie konnte ich ihm das antun? Wie konnte ich das überhaupt mir antun? Mein Herz schmerzt so sehr, dass ich jetzt am liebsten tot sein will.

Mein Handy zog meine Aufmerksamkeit auf sich. Mehrere Nachrichten tauchten auf dem Display auf. Pamir. Er hatte gefragt, ob ich gut angekommen sei. Dazu fügte er hinzu, dass es ihm Spaß gemacht hatte, Zeit mit mir zu verbringen. Ach Pamir. Bevor ich überhaupt antworten konnte, schrieb er weitere Nachrichten wie: Ich würde mich freuen, wenn wir uns die Tage nochmal sehen würden. Doch als ich die nächsten Nachrichten las, stockte mir der Atem. Er wollte mich auf eine Hochzeit einladen, und ich dürfte Erona mitnehmen! Sollte ich mit ihm gehen? Die werden doch alle denken, dass wir ein Paar sind! Und wir kennen uns gerade mal seit nicht einmal zwei Tagen! Ich kann nicht zusagen! Nicht jetzt! Immernoch wie erstarrt, setzte ich mich auf das Treppenhaus und starrte auf die Nachrichten. Gott, es passiert zu viel auf einmal. Langsam hielt ich mich am Treppengeländer fest und stand auf. Die Treppen hoch ging ich und kam auch schon vor der Tür unserer Wohnung an. Ich klopfte einmal, und sofort wurde die Tür von einer besorgten Erona geöffnet.

"Wo warst du?!", schrie sie ein wenig zu laut und zog mich sofort in eine Umarmung. "Was ist passiert?!", fuhr sie fort. Zusammen gingen wir rein, und sie schloss die Tür hinter uns. Ins Wohnzimmer gingen wir, und sofort setzte ich mich hin, weil ich das Gefühl hatte, gleich umzukippen. Ein Glas Wasser brachte mir Erona und setzte sich ebenfalls neben mich hin. Sofort fing ich an, ihr zu erzählen, was passiert war. Jedes Detail. "Ich werde Pamir eine Chance geben, Erona. Es wird entweder die beste Entscheidung meines Lebens sein oder der schlimmste Fehler, der mich innerlich töten wird", brachte ich halblaut von mir, und Tränen liefen mir ununterbrochen über die Wangen. In einer warmen Umarmung von Erona wurde ich gezogen. Ihre Hand glitt meinen Rücken hoch und runter, was mich tatsächlich beruhigte.

"Ich werde nicht zulassen, dass dich jemals jemand verletzen wird", sprach sie, und sofort liefen mir noch mehr Tränen über die Wangen. Nicht einmal meine Mutter hatte jemals so mit mir gesprochen. Ihr war es egal, wie ich mich fühlte. Eine fremde Person, die ich vor wenigen Tagen getroffen hatte, war mir wichtiger geworden als ich es dir jemals sein werde, Mama.

"Aber warte mal, hast du gesagt, dass er dich eingeladen hatte?! Auf eine Hochzeit?!", schrie sie und stand abrupt auf. "Edhe ty", gab ich von mir, dass er sie ebenso eingeladen hatte. Die Tränen wischte ich mir weg. Sofort strahlte ein Lächeln auf Eronas Lippen auf. "Oh mein Gott! Du musst zusagen! Wir werden sowas von dahin gehen, Lelush!", klatschte sie in die Hände und schon fing sie an zu tanzen und ihre Hüften zu schwingen. Gott, dieses Mädchen hatte so ein reines Herz. Unerwartet zog sie mich an der Hand, Musik machte sie im Hintergrund an und zwang mich mit ihr zu tanzen. Sie konnte mich jedes Mal aufmuntern, egal was passiert.

"Was ist er überhaupt für ein Landsmann? Nicht, dass uns auf der Hochzeit fliegende Menschen über den Kopf geworfen werden!", schrie sie lächelnd. Es wundert mich, dass bis jetzt sich keine Nachbarn bei uns beschwert hatten. Sie war viel zu laut! "Kurde", gab ich von mir und setzte mich auch wieder hin. Als wir geredet hatten, hatte ich ihn gefragt, was er für ein Landsmann ist. Der Name Pamir kam mir kein bisschen albanisch vor, und als er Kurde sagte, lief mir ein kalter Schauer den Rücken runter. Doch dann erinnerte ich mich, dass mein Vater mich rausgeworfen hatte. Wortwörtlich. Mein Vater würde niemals einen anderen Landsmann als Albaner akzeptieren. Naja, er war Albaner, aber trotzdem hatte er ihn nicht akzeptiert. Den Kopf schüttelte ich, und somit verschwanden auch alle Gedanken, die ich hatte. Mein Vater wird sich in meinem Leben nicht einmischen. Er ist auch weg. Also kann jedem egal sein, wen ich date!

Kur Kthehësh?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt