𝘒𝘢𝘱𝘪𝘵𝘶𝘭𝘭𝘪 30

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Luela

"Qika mamit!", hörte ich meine Mutter sagen. Eine Gänsehaut überkam mich und Tränen schossen mir in die Augen. Weißt du, wie lange du mich nicht mehr so genannt hast? So lange habe ich deine Liebe nicht mehr gespürt, Mam. Was hat sich jetzt geändert, dass du mich anrufst, nachdem dein geliebter Mann, mein Vater, mich rausgeschmissen hat? Du hast damals kein einziges Wort gesagt und mich ignoriert, als wäre ich unsichtbar, als würde ich dir nichts bedeuten, Mam. Warum jetzt?

"Luela?", hörte ich sie wieder sagen. "J-, ja hallo", brachte ich hervor, meine Stimme zitternd. Gott, warum stottere ich so? "Wie geht's dir? Gott, wir haben uns solche Sorgen um dich gemacht!", sagte sie. Ich konnte meinen Ohren nicht trauen. Das meint sie doch nicht ernst, oder? "Qysh je qika Babit?", hörte ich jetzt meinen Vater sagen, der wahrscheinlich alles mithörte. Bin ich im Traum? Soll das ein schlechter Witz sein? Seine Stimme jagte mir eine Gänsehaut nach der anderen über den Rücken, intensiver als bei meiner Mutter.

"Mir geht's gut, wie geht's euch?", war das Einzige, was ich herausbringen konnte. Ich bin definitiv im Traum. "Oh Gott sei Dank! Uns geht es auch gut," sagte sie erleichtert. Ich verstehe nichts. Das alles macht keinen Sinn! "Warum hast du uns nicht erzählt, dass du in Kontakt zu Pamir stehst?", hörte ich jetzt meinen Vater fragen. Woher weiß er das? Ich konnte nichts erwidern. Mein Vater war schon immer gegen andere Nationalitäten, selbst gegen Albaner aus Albanien oder Mazedonien. Nur einen Kosovo-Albaner würde er akzeptieren, obwohl er mir bei Enmar bewiesen hat, dass er selbst die nicht akzeptiert. Mein Herz raste, und ich fühlte mich, als wäre ich in einem schlechten Traum gefangen.

"Duhet mi tregu Babit, ich kenne Pamir und er ist ein sehr guter Junge, ich habe nichts dagegen, wenn ihr euch gut versteht", sagte er. Nein. Einfach nur nein. Das meint er niemals ernst. Niemals würde mein Vater so etwas sagen. Nie! Ich spürte, wie mein Herz raste und meine Gedanken wirbelten. Dieser Mann, der so strikt und unnachgiebig war, sollte plötzlich so etwas sagen? Mein Vater, der sich nie mit Menschen außerhalb unserer engen, starren Grenzen angefreundet hatte, akzeptierte jetzt Pamir? Meine Hände zitterten, als ich versuchte, die richtigen Worte zu finden.

"Du hättest es uns nicht verschweigen sollen, Luela, aber wir freuen uns für euch. Wir sind in Deutschland angekommen und würden dich gerne die Tage besuchen", sagte meine Mutter. "Nein, wir laden dich und Pamir ein. Wir gehen etwas essen und unterhalten uns über all die Missverständnisse", hörte ich meinen Vater sagen. Gott, mir ist schwindelig. Das ist alles zu viel für mich. Ich glaube es nicht. Ich will es auch nicht glauben. Sobald meine Eltern ihn kennenlernen, werden sie über die Hochzeit sprechen und mich mit ihm verloben und dann verheiraten wollen. Ich kann das nicht. Ich will das nicht. Gott, mein Herz schlägt immer noch nur für einen Mann.

"Ich-, ich werde mit Pamir reden", war das Einzige, was ich sagen konnte. Meine Stimme zitterte vor Unsicherheit. Es fühlte sich an, als würde die ganze Welt auf meinen Schultern lasten, während ich versuchte, die richtigen Worte zu finden. Meine Eltern waren damit einverstanden, verabschiedeten sich von mir und legten auf. Ich sah zu Erona, die alles mitbekommen hatte und mich mit großen Augen ansah. Sie konnte es auch nicht glauben. Mein Magen krampfte sich zusammen, und ein Gefühl der Übelkeit überkam mich.

"Du musst mit Pamir reden", sagte sie. Ich schüttelte nur den Kopf. Nein. Ich will das doch gar nicht! Wie viel Uhr hatten wir überhaupt? "Das Hausmädchen wollte dich aufwecken, doch Pamir hatte sie wieder rausgeschickt und wollte, dass du ausschläfst", sagte sie. Hausmädchen? Sie hatten ein Hausmädchen?!

"Ich hab so Hunger, Lelush! Dein komisches Handy, das so laut war, hat mir mitten im Schlaf solche Angst eingejagt", sagte sie. "Das Frühstück haben wir verpennt, aber es ist bestimmt noch etwas übrig geblieben. Also steh schon auf!" Sie zog mich an der Hand hoch, sodass ich gezwungen war, ihr zu folgen. Mit einem seufzen stand ich auf und folgte ihr hinunter.

Kur Kthehësh?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt