𝘒𝘢𝘱𝘪𝘵𝘶𝘭𝘭𝘪 17

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Enmar

"Was soll das, Esra?", fragte ich sie und stand wie erstarrt da. Sie durfte nicht hier sein. Sie durfte nicht einmal in seiner Nähe sein. Wer zur Hölle hatte sie reingelassen? Ich konnte selbst nicht verstehen, wieso ich so ruhig blieb. Ich hatte das Gefühl, am ganzen Körper zu brennen. Die Wut, die Enttäuschung, all das mischte sich zu einem infernalischen Feuer, das mir den Atem raubte. Jede Faser meines Seins schrie danach, sie sofort aus dem Raum zu werfen, doch ich blieb wie gelähmt.

"Ich wollte meinen Sohn besuchen", gab sie von sich und strich ihm die Haare aus dem Gesicht. Wenn sie nicht sofort ihre scheiß Finger von ihm weglässt, schneide ich sie ihr ab. Was erlaubte sie sich hier aufzutauchen?

"Nochmal, Esra, bevor ich mich komplett verliere, was soll der Scheiß", sagte ich jetzt. "Ich wollte doch nur meinen Soh-", "Nimm deine Finger weg von ihm", unterbrach ich sie. Das tat sie auch. "Komm raus", sagte ich jetzt, doch sie schüttelte nur den Kopf. Ich sah zu Luan, der mich ängstlich ansah. Mein kleiner Löwe sollte sie niemals zu Gesicht bekommen dürfen.

"Esra, raus", sagte ich jetzt genervter, und wieder verneinte sie es. Ich ging auf sie zu, und bevor sie Schritte nach hinten machen konnte, packte ich sie schon am Arm und schmiss sie raus. Sie raubte mir den letzten Nerv.

"Was soll das?!", schrie sie jetzt rum. Ich strich mir über das Gesicht, weil ich einfach keinen Bock auf die ganze Scheiße hatte. "Wann wurdest du entlassen?", und schon wieder antwortete sie nicht. "Wann wurdest du entlassen, habe ich gefragt. Bitte lass mich hier nicht ausrasten, Lua-", "Er heißt nicht so!", unterbrach sie mich. Nicht schon wieder.

"Ich wollte ihn nie so nennen! Du wolltest es!", sagte sie jetzt und drehte mir den Rücken zu. Wie gerne ich ihr jetzt einen Kick geben würde, Alter. "Ich habe dich was gefragt", versuchte ich so ruhig zu bleiben, wie ich nur konnte. "Gestern", "Und was machst du dann hier? Du darfst dich in seiner Nähe nicht aufhalten, Esra", fuhr ich fort.

"Er ist aber mein Sohn! Unser Sohn!", schrie sie mich jetzt an. "Den du vor drei Jahren ersticken wolltest. Bist du eigentlich komplett behindert?! Du hast ihn als Baby versucht zu ersticken mit einem scheiß Kissen! Und wieso? Weil er geweint hat?! Babys weinen nun mal, Esra! Ist das ein Grund, dein eigenes Kind ersticken zu wollen?!", platzte es aus mir heraus.

"Ich habe mich geändert, Enmar, wirklich. Ich will, dass er seine Mutter kennenlernt. Ich will mit ihm Zeit verbringen. Bitte", sagte sie jetzt, kam mir näher und sah mich mit einem traurigen Blick an. Ich kannte sie. Ich wusste, sie versucht mir etwas vorzuspielen. Ich schüttelte den Kopf.

"Enmar, ich schwöre es dir, entweder lässt du mich jetzt wieder reingehen oder ich springe!", schrie sie wieder. "Von wo?", fragte ich sie jetzt, und schon lief sie zum großen Fenster und versuchte, es aufzumachen. Kur ta kap njeri e ta gjun pernime me plas n'tok, dachte ich mir. "Na los, spring schon", sagte ich und sah sie lächelnd an. "Ich springe wirklich, Enmar!", "A don met shty?", fragte ich sie, ob ich sie schubsen soll. "Was?", ah, ganz vergessen, dass sie kein Albanisch kann oder überhaupt Albanerin ist.

Zurück zum Zimmer ging ich und versuchte, die Tür zuzumachen, doch sie platzte wieder ins Zimmer rein. "Esra, du bist krank, okay? Dich sollte man einsperren. Verpiss dich einfach von hier!", wurde ich jetzt lauter, obwohl Luan alles mitbekam, doch es reichte mir langsam. Wieso lässt man so ein Ding frei rumlaufen? Sie hatte angefangen zu weinen und versuchte, Luan näher zu kommen, doch ich hielt sie auf und schubste sie jedes Mal weg. Ich versuchte, nicht all meine Kraft zu nutzen, sonst würde ich sie wirklich aus dem Fenster rausschmeißen.

"Esra, wenn du sofort nicht verschwindest, rufe ich die Polizei", gab ich jetzt von mir, und schon fing sie an zu lachen. Ich sage doch, dass dieses Mädchen einen Schaden hat. Sie ist psychisch krank. "Die Polizei! Genau! Was anderes kannst du auch nicht tun! Du bist kein Mann, Enmar!", schrie sie jetzt rum und immer noch mit der Intention, Luan nahe zu kommen. Ich wollte meine Hände nicht beschmutzen.

Kur Kthehësh?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt