𝘒𝘢𝘱𝘪𝘵𝘶𝘭𝘭𝘪 33

731 26 33
                                    

-?-

Seit Jahren hatte dieses verfluchte Gebäude nicht so einen Lärm erlebt. Die Ankunft der beiden Gefangenen hat alles auf den Kopf gestellt. Seit einer Woche ist es unmöglich, zur Ruhe zu kommen. Besonders Enmar, der unruhigere der beiden, scheint ständig auf Konfrontation aus zu sein. Man kann ihn kaum einen Moment still sitzen sehen. Immer ist er in Bewegung. Der andere, Amin, hingegen wirkt zunächst ruhig und humorvoll, fast so, als wäre ihm alles egal. Doch sobald die Situation eskaliert, sieht man eine andere Seite von ihm. Er wird zur stillen, aber bedrohlichen Präsenz, die wie ein Schatten hinter Enmar hergeht.

Beide strahlen eine gefährliche Aura aus, die die gesamte Atmosphäre im Knast verändert hat. Besonders schwer ist es für diejenigen, die auf Männer stehen. Ich sage das als hetero Mann, aber selbst ich kann nicht leugnen, dass die beiden eine besondere Ausstrahlung haben. Enmar, der größere von beiden, mit seinem muskulösen Körper und den Tattoos, die seine rechte Körperseite zieren. Amin, etwas kleiner, aber ebenfalls durchtrainiert, hat seinen gesamten Körper mit einem Schleier aus Tätowierungen bedeckt. Beide sehen aus wie aus einem Magazin entsprungen, ohne auch nur einen Kratzer an sich zu haben.

Es ist schwer, sich zusammenzureißen, wenn man sie ansieht. Es ist, als ob die beiden ein Magnetfeld erzeugen, das jeden in ihrer Nähe anzieht. Sie sehen kein bisschen wie Schwerverbrecher aus, eher wie Models. Doch ihre Erscheinung täuscht, man spürt, dass sie gefährlich sind. Es ist nicht nur ihre körperliche Präsenz, sondern auch die Art, wie sie sich bewegen und miteinander umgehen. Es gibt eine stille Übereinkunft zwischen ihnen, ein unausgesprochenes Verständnis, das sie noch bedrohlicher macht.

Die anderen Gefangenen sind nervös, einige sogar verängstigt. Es ist, als ob die zwei eine eigene Welt in diesem Knast geschaffen haben, eine Welt, in der sie die Regeln bestimmen. Seit ihrer Ankunft ist nichts mehr, wie es war. Selbst die Wärter scheinen angespannt zu sein, als ob sie nicht genau wissen, wie sie mit den beiden umgehen sollen. Jeder hier spürt es. Diese Männer sind anders. Sie bringen eine Art von Gefahr mit sich, die sich nicht in Worte fassen lässt, aber jeder kann sie fühlen.

Enmar

Sprach der Beamte. "Also gibt es hier Schwuchteln?", fragte Amin. Ich verdrehte nur die Augen. Natürlich gab es welche. Der Beamte nickte. "Das ist hier aber unwichtig. Seht ihr? Das war ein Brief von einem anonymen Gefangenen. Sie haben Angst vor euch!", schrie er uns jetzt an. Ich hatte nur zwei Stunden Schlaf gehabt und außerdem war es viel zu früh für so eine dumme Diskussion, also hielt ich Amin nicht auf. Soll er reden.

"Sollen sie doch die Eier haben, mir das ins Gesicht zu sagen", sprach Amin und lehnte sich zurück. "Ihr müsst zum Therapeuten. Das ist inakzeptabel. Sie haben Angst vor euch, ihr Idioten!", fuhr der fette Mann vor uns fort und zeigte mit dem Zeigefinger zwischen mir und Amin hin und her.

"T'ja kpus gishtin", sagte Amin, was bedeutete, dass er ihm den Finger abschneiden will. Wieder schüttelte ich den Kopf. Therapeut, sagt er. Als hätte ich dafür Zeit. Apropos Zeit, ich sah auf die Uhr und merkte, dass Suad mir in 15 Minuten meinen kleinen Löwen vorbeibringen würde. Endlich würde ich ihn wieder umarmen können.

"Wir haben eine Therapeutin hier, und ihr beide werdet jeden Tag für eine Stunde dorthin gehen. Sollte sich euer Verhalten nicht ändern, muss ich strenger eingreifen", sprach er wieder. "Therapeutin? Ich habe absolut nichts dagegen, ich könnte auch jetzt schon zu ihr", sagte Amin mit einem Lächeln. Wenn er nach nur einer Woche ohne eine einzige Frau schon so reagiert, will ich gar nicht wissen, wie es nach mehreren Monaten oder sogar Jahren sein wird.

Er war nicht jemand, der mit jeder Frau ins Bett springen würde. Er mag es einfach, sich mit Frauen zu unterhalten und Zeit mit ihnen zu verbringen. Er weiß, dass keine Frau ihm nein sagen würde, und das nutzt er aus. Er liebt die Kontrolle, die er über die Frauen hat. Und schlecht behandelt er sie auch nicht. Ich erinnere mich noch genau an Erona.


Kur Kthehësh?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt