𝘒𝘢𝘱𝘪𝘵𝘶𝘭𝘭𝘪 35

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Enmar

"Enmar, mach was!", schrie sie mich an. Ein Ziehen spürte ich in meiner Brust. Darauf war ich nicht vorbereitet. Ich war zwar bereit, Nijaz hier und jetzt zu verarzten, aber wir sind verdammt nochmal aus einem verfickten Gefängnis ausgebrochen. Ich weiß nicht einmal, wo er getroffen wurde! "Enmar!", schrie sie wieder. Ich atmete tief durch und drehte mich um.

"Luela, schau nach, wo er getroffen wurde", sagte ich. "Er wird sterben! Er wird sterben, Enmar! Mach was! Ihr beide! Macht was! Gott, er wird ste-", "Er wird nicht sterben! Tu einfach, was ich dir sage, verdammt! Wo. Wurde. Er. Getroffen?!", betonte ich jedes einzelne Wort laut und deutlich. Zum Rumheulen hatten wir verdammt nochmal keine Zeit! Sie hielt nur sein Gesicht in ihren Händen. Ihre Tränen fielen wie ein Wasserfall auf sein Gesicht.

"Halt an, Amin", sagte ich bestimmt. "Aber-", "Nalu, Amin!", sagte ich jetzt lauter, und sofort brachte er das Auto mitten im Nirgendwo zum Stehen. Ich stieg aus, und schon fing es an zu regnen. Na toll! Genau das hat uns jetzt noch gefehlt! Im Kofferraum war ein Erste-Hilfe-Kasten und all das Zeug, das ich brauche, um die Kugel herauszuholen. Ob das schlau war? Kein bisschen. Ob er es überleben wird? Das weiß nur der liebe Gott. Ich war kein Arzt und hatte auch nicht viele solcher Fälle hinter mir, aber wie sollen wir es schaffen, ihn in einem Krankenhaus zu verarzten? Wir würden sofort festgenommen werden, und bis zum nächsten Krankenhaus würde es eine Weile dauern.

"Raus, Leula", sagte ich, als ich die hintere Tür öffnete und auf Nijaz' bewusstlosen Körper blickte. Sie schüttelte nur den Kopf. Gott stehe mir bei. "Leula, geh jetzt bitte raus, wir haben nicht viel Zei-", "Nein!", unterbrach sie mich. Langsam war meine Geduld am Ende. "Enmar, lass ihn aus dem Auto holen", hörte ich Amin sagen. "Qka kisha bo more un pa ty? Wie ist mir das nicht früher eingefallen?! Es regnet, du Idiot!", schrie ich ihn jetzt an. "Von Idioten bin ich umgeben, verdammt!", und schon stieg Luela aus dem Auto aus.

Ein lautes Stöhnen kam von Nijaz, sein Bewusstsein kehrte zurück, doch die Schmerzen konnte man ihm vom Gesicht ablesen. Wir drehten ihn auf den Bauch, und da sah ich ein durchblutetes Loch in seiner linken Schulter. Und wenn ich sage, dass meine Beine weich wurden, würde es mir keiner glauben. So gerne ich mein so großes Ego aufwecken und einfach handeln würde, um wieder die große Klappe zu haben und zu sagen 'Ich kann das' so war mir doch nicht danach.

"Bleib wach, ja? Bleib wach, Nijaz," hörte ich Amin sagen, während er versuchte, ihn zu beruhigen. "Holt das Ding raus! Enmar, hol die verdammte Kugel raus!", schrie Nijaz mit zitternder Stimme. Konzentrier dich, Enmar. Ich drückte Luela den Kasten in die Hand und griff nach einem Messer und einer kleinen Zange. Als hätte man es vorher geahnt, war alles Mögliche im Kofferraum verstaut. Selbst eine Flasche Wodka entdeckte ich in der Ecke. Ich nahm sie und bat Amin, Nijaz einen kleinen Schluck zu geben. Das würde den Schmerz etwas dämpfen, und den Rest würde ich verwenden, um die Wunde so sauber wie möglich zu halten, obwohl es höllisch wehtun würde, ohne Narkose. "Gib ihm seine Maske, er soll darauf beißen, und du hältst ihn fest, Amin, verstanden?" Amin nickte sofort.

Lieber Gott stehe mir bei.

Nachdem ich das Messer und die Zange desinfiziert hatte, berührte ich die Wunde mit der Klinge des Messers, die noch immer kühl war. Ich betete leise zu Gott, dass Nijaz nicht ohnmächtig wird. Doch schon begann er vor Schmerzen immer lauter zu schreien. Obwohl er versuchte, seinen Körper unter Kontrolle zu halten, bewegte er sich viel zu stark.

"Halt ihn fest, Amin!" schrie ich ihm zu. Ich war mittlerweile am ganzen Körper nass geschwitzt und hatte das Gefühl, dass meine Handschuhe gleich von meinen Händen rutschen würden.

"A ti kcej n'shpin?", sagte Amin. "Po, kcej. Myte krejt. A je more normal ti?!", der Typ war wirklich ein Fall für sich! Er wollte auf Nijaz' Rücken springen und sich darauf setzen, um ihn besser festhalten zu können. Als hätte er nicht schon genug Schmerzen! Ich werde noch verrückt!

Kur Kthehësh?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt