29. You're not alone

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Alvaros Pov

Es war, als würde die Zeit gerade stehen bleiben. Jel schlägt sich eine Hand über den Mund, als würde er gerade erst realisieren, was er gesagt hat. Wir starren uns nur an, beide zu geschockt um etwas zu sagen. Es ist totenstill im Raum.

Ich kann mich kaum bewegen vor Schock. Jel wurde vergewaltigt. Mein Gefährte.Alleine die Geschichte, dass sein Ex es nur versucht hatte, hat mich wütend gemacht. Aber das? Das... ich kann nicht einmal erklären, was in mir gerade vorgeht.

Jel dreht sich jetzt weg und vergräbt das Gesicht in den Händen. Seine Schultern zucken und er schluchzt leise. Es bricht mir das Herz. „Jel..."

Er schüttelt nur den Kopf und stolpert weg von mir, in der Ecke sinkt er zu Boden. Dann zieht er die Knie an seinen Körper, umschlingt sie mit den Armen und versteckt sein Gesicht, über das hundertprozentig Tränen laufen.

Ich mache ein paar Schritte auf ihn zu, halte aber inne, als ich ihn schluchzen höre: „Geh, Alvaro. Bitte, lass mich allein." Soll ich wirklich gehen? Einerseits kann ich verstehen, dass er alleine sein will. Andererseits... nein.

Ich gehe die letzten Meter und gehe vor Jel in die Knie. „Nein, Jel. Ich werde nicht gehen. Ich lasse dich nicht im Stich." Er reagiert nicht, schluchzt nur weiter. Der Drang, ihn einfach in den Arm zu nehmen ist groß, aber ich tue es nicht. Es würde nicht helfen.

„Es ist okay, wenn du jetzt nicht reden willst. Und es ist auch okay, wenn du mich gerade nicht hier haben willst. Aber ich werde nicht gehen, dazu bedeutest du mir zu viel." Ich setze mich in den Schneidersitz und lehne mich an die Wand, achte aber darauf, Jel nicht zu berühren.

„Ich weiß nicht, wie du dich gerade fühlst, und ich werde auch nicht behaupten, dass ich es verstehen könnte. Aber ich bin trotzdem für dich da, okay? Du musst da nicht alleine durch. Du hast Recht, ich weiß nicht alles über dich. Ich kenne dich noch nicht mal besonders lange. Aber ich weiß, dass ich dich liebe. Und daran wird sich nie etwas ändern.

Du bist so stark, Jel. Und erzähl mir nicht, das wäre nicht so, du hast es eben selbst gesagt. Du bist stark geblieben.Ich hab dich kennengelernt als einen humorvollen, selbstbewussten und bestimmten jungen Mann. Du hast gesagt, du wärst unscheinbar und hättest Angst vor sozialem Kontakt, aber so hab ich dich nie gesehen. Stuf dich nicht selbst so runter, Baby, das musst du wirklich nicht.Und was auch immer du jetzt fühlen magst, erinnere dich nur, dass du damit nicht allein bist. Ich werde dich nie verlassen und nie verurteilen, ich bin für dich da. Das schwöre ich dir."

Ich lege meine Hand neben mich, eine simple Geste, von der ich weiß, dass Jel nicht gleich darauf reagieren wird. Aber das ist okay. Es muss jetzt nach seinem Tempo gehen, das braucht er, und damit habe ich kein Problem.

Wir sitzen ziemlich lange so, mindestens eine halbe Stunde. Zwischendurch rede ich ihm beruhigend zu, aber ich berühre ihn kein einziges Mal. Er muss selbst damit einverstanden sein, ich will ihn zu nichts zwingen.

Und irgendwann wird das Schluchzen weniger, hört schließlich ganz auf. Ein paar Minuten bleibt Jel noch so sitzen, dann hebt er langsam den Kopf. Erst dreht er sich von mir weg und wischt sich übers Gesicht, dann wendet er sich mir zu. Seine Augen sind rot und glasig und der Schmerz darin bringt mich beinahe um.

Dann fällt sein Blick auf meine Hand, die noch immer dort liegt. Und ganz langsam streckt er seine eigene aus und verschränkt unsere Finger miteinander. Und als würde damit der Damm zwischen uns brechen schnieft er schließlich, klettert auf meinen Schoß und vergräbt das Gesicht an meiner Brust.

Ich seufze und schlinge einen Arm um ihn, halte ihn fest. Mit dem anderen halte ich noch immer seine Hand. „Oh Jel..." „Das ganze Heim wusste Bescheid." Seine Stimme zittert, er klingt so gebrochen. „Die Blicke, mit denen sie mich angesehen haben... Dave war der Einzige, der zu mir gehalten hat, aber selbst er hat mich auf einmal anders behandelt.

Meine Psychologin war auch nicht die Beste in ihrem Job, sie hat mir nur geholfen zu verdrängen, nicht zu verarbeiten. Ihre Technik war es, dass ich mir diese Theorie einhämmern sollte, dass Dave vorher reingekommen wäre. Ich sollte mir das so lange vorstellen, bis ich wirklich glaubte, es wäre so passiert. Natürlich hat das nicht funktioniert."

Was ist das denn bitte für eine Psychologin? Es gibt gerade mehrere Leute, denen ich gerne dezent den Hals umdrehen wollen würde, aber um Jels Willen bleibe ich ruhig. „Ich bin hier für dich, Baby, ab jetzt bist du nicht mehr allein damit. Du musst nicht reden, wenn du nicht willst, ich zwinge dich zu nichts. Aber wir können das zusammen verarbeiten."

Jel nickt, richtet sich ein bisschen auf und küsst mich sanft auf die Lippen. „Danke, Alvaro. Ich weiß nicht, ob ich schon dafür bereit bin, aber... irgendwann, das verspreche ich." Ich küsse ihn zurück und drücke ihn dann fest an mich. „Du musst keine Versprechen machen, nichts davon ist eine Verpflichtung. Schau einfach wie es für dich okay ist, und dann gehen wir dein Tempo. Es geht hier um dich, um nichts anderes."

Er nickt und kuschelt sich dann wieder an mich. Und so bleiben wir sitzen, auf dem Boden des Raumes, noch mindestens zehn Minuten, bevor Jel wieder zu mir aufschaut. „Alvaro? Wirst du mich in dieses Schloss lassen?"

Ich seufze und streiche ihm ein paar Strähnen aus dem Gesicht. „Jel, dir muss klar sein, dass ich nichts tun kann, um dich da drin zu beschützen." Er sieht mir jetzt direkt in die Augen. „Ich weiß. Aber ich will das tun. Bitte."

Schweren Herzens nicke ich. „Aber wag es ja nicht, nicht mehr zu mir zurückzukommen." Er erwidert das traurige Lächeln. „Ich würde dir gerne versprechen, dass ich es schaffe, aber kann ich das?" Ich schlucke und schüttele den Kopf. „Nein."

Er nickt und drückt meine Hand. „Aber ich kann versprechen, alles dafür zu geben. Es gibt nur diesen Weg, Alvaro. Wenn ich nicht gehe, würden wir uns auf jeden Fall verlieren. Die Engel würden gewinnen und du könntest nicht mehr mit mir zusammen sein. So haben wir wenigstens eine Chance. Wir müssen sie nutzen. Und vielleicht werden wir das hier sogar durchstehen."

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Ein Tag Verspätung, aber ich hoffe, ihr könnt mir das verzeihen ;)

Zuerst mal danke an die Kommentatoren vom letzten Kapitel für 21 tolle Kommis:

#Rockylovesbooks (wer sonst? <3), #L0000VE, #momoho, #BlackVany (hey there, Wattpad Chick <3), #MellyBojovnik, #JuliamStyles2014 und #Marieschorle

Fühlt euch alle gedrückt, eure Kommis freuen mich jedes Mal wieder aufs Neue! <3

Die Kommianreger für dieses Mal:

~ Jel scheint ja noch so gar nicht über seine Vergangenheit hinweg zu sein. Wie hat er es dann geschafft, seine Ängste so lange zu verstecken? Oder hat er das überhaupt?

~ Jel sagt Alvaro, er solle gehen, aber dieser entscheidet sich dagegen. Wie fandet ihr Alvaros Reaktion insgesamt?

~ Wie werden sie künftig damit umgehen? Wird das Thema die beiden distanzieren oder eher zusammenschweißen? Warum?

~ Und schließlich darf Jel seinen Anteil an Fineens Befreiung beitragen und in Harrowbys Schloss einbrechen. Ist das eine gute Idee oder sind Alvaros Bedenken berechtigt?

Und das war es für diesen wunderschönen Sonntagmorgen, der schon wieder so heiß ist, dass man sich nur noch im Keller verkriechen möchte :)

Wir sehen uns nächsten Samstag!

Go back to reality. Stay yourself.

Eure StreetSoldierin

Kick the world's ass!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt