Was ist da nur los? Schnell verlassen wir den Raum und laufen auf die Quelle des Geräusches zu. Es kommt tatsächlich aus dem Zimmer, in dem Fineen liegt. „Bleib hinter mir!", weist Cheveyo mich an. Seine weißen Flügel beben unruhig. Dann macht er die Tür auf. Erschrocken ziehe ich die Luft ein und kann mich gerade noch so beherrschen, nicht zu schreien. Alvaro steht in geduckter Haltung vor dem Bett seines Bruders, in voller Dämonengestalt. Vor ihm stehen drei weitere, ausgewachsene Dämonen. Alvaro bleckt die Zähne und knurrt gefährlich, aber die drei scheint das nicht groß zu interessieren. Fineen schläft noch immer tief und fest, und ich kann mir sofort denken was die Dämonen wollen. Cheveyo faucht und springt an Alvaros Seite. Dieser zuckt kurz zusammen, hält aber Stellung. „Gibst du ihn uns nicht freiwillig, Blackbourne?", lacht der eine Dämon gehässig. „Wir können auch gern noch spielen." „Fan amach ó dó!", knurrt Alvaro. „Faigh amach!" Doch der Dämon ignoriert ihn einfach und geht auf das Bett zu. Alvaro macht einen schnellen Schritt und schubst ihn zurück. „Dúirt mé a fháil amach as dó!" „Wie du willst, Blackbourne, dann eben mit Gewalt!" Und dann stürzt sich der Dämon auf Alvaro, der andere setzt zum Kampf mit Cheveyo an, der dritte eilt dem ersten zu Hilfe. Das kann nicht gut gehen. Cheveyo ist noch geschwächt, so wie das gerade aussieht wird er nicht lange durchhalten. Und Alvaro gegen zwei? Wie stehen da die Chancen? Selbst der mächtigste Dämon des Landes wird sich nicht ewig gegen zwei körperlich stärkere wehren können, schon gar nicht gegen drei, wenn Cheveyo nicht durchhält. Oder? Ängstlich drücke ich mich an den Türrahmen. Ich würde so gerne helfen, aber hier wäre ich wohl eher Last als Hilfe. Plötzlich schreit einer der Dämon auf. Alvaro hat eine Hand auf den Flügel des Größeren gepresst, darunter fangen die Schwingen an zu brennen. Der Dämon schreit noch einmal auf, windet sich aus Alvaros Griff und rennt dann stolpernd an mir vorbei Richtung Ausgang. Der zweite Dämon hält Sicherheitsabstand, umkreist Alvaro nur noch angespannt. Kurz kann ich Alvaros Handfläche sehen. Sie glüht, wahrscheinlich ist das eine seiner Fähigkeiten. Ich bin so fasziniert, dass ich Cheveyos erstickten Schrei beinahe nicht höre. Auch Alvaro fährt herum, der andere Dämon hat den Halbengel niedergestreckt und presst ihm die Hand über Mund und Nase, drückt ihm die Luft ab. Cheveyo strampelt wie wild, ringt verzweifelt nach Sauerstoff, aber seine Bewegungen werden immer schwächer. Mit weit aufgerissenen Augen starrt er den Dämon über sich an. Ich mache schon einen Schritt, um den Dämon von ihm runter zu schubsen, aber Alvaro schüttelt wild mit dem Kopf, also trete ich wieder zurück. Mit einem letzten, schwachen Aufbäumen verliert Cheveyo schließlich das Bewusstsein. Gott sei Dank kann ich sehen, dass sich sein Brustkorb noch schwach hebt und senkt. Der Dämon steht auf und grinst dreckig. Alvaro knurrt bösartig und spannt seine Muskeln an. Aber plötzlich sagt der andere etwas auf Gälisch. „Thar tá chuid leannán! Faigh ceann a théann chomh maith." Alvaro reißt die Augen auf und brüllt dann: „Aon! Tá sé faic a dhéanamh leis é!" Als der Dämon sich umdreht, fällt Alvaro ihn von hinten an, die beiden gehen zu Boden. Der andere dagegen ist so schnell bei mir, dass ich ihn erst bemerke, als es zu spät ist. Kräftige Arme legen sich um mich und drücken mich an den Dämon heran. Ich schreie auf und trete nach ihm, doch ihn scheint das nicht zu interessieren. „Aon! Jel!", brüllt Alvaro und schubst den Dämon mit einem Fausthieb von sich runter. Dann springt er auf und bleibt zitternd vor Wut vor uns stehen. Der Dämon hinter mir lacht gehässig. „Keine Angst, Blackbourne, zwar wäre es nicht tragisch, wenn wir ihn hier statt deinem Bruder mitnehmen würden, aber wir halten uns lieber genau an unsere Anweisungen. Also mach Platz oder du kannst deinen kleinen Freund einen langsamen, qualvollen Tod sterben sehen." Ich erstarre und versuche das Messer zu ignorieren, dass der Typ auf einmal in der Hand hat. Alvaro spuckt den Dämon neben sich an und tritt aber doch zur Seite. „Macaibh de soith!" Das habe ich heute doch schon mal gehört. Hat Alvaro die beiden etwa gerade Hurensöhne genannt? „Bist ein braver Junge, Blackbourne!", meint der Dämon hinter mir aber nur. Und ausgerechnet in dem Moment fängt Fineen an, sich zu bewegen. Alvaro will zu ihm, aber der andere Dämon hält ihn zurück und geht selbst zu dem Bett. Die Hände zu Fäusten geballt und vor Wut bebend, bleibt Alvaro wo er ist. Ich sehe, wie Fineen die Augen aufschlägt. Als er den Dämon sieht, schreit er auf und sitzt sofort kerzengerade im Bett. „Fin! Rith!", ruft Alvaro, aber bevor Fineen irgendetwas tun kann, hat der Dämon ihn auch schon gepackt. „Lig dul dó, diabhal é!", brüllt Alvaro und will schon wieder vorstürzen, aber der andere Dämon erinnert ihn mit einem Räuspern daran, dass er mich noch in seiner Gewalt hat. Ich versuche vorsichtig, seinen Griff etwas zu lockern, aber er bemerkt es sofort und drückt mich nur noch fester an sich. Jetzt hat auch Fineen mich entdeckt. „Was ist hier los? Nimm deine Finger da weg, ich kann sehr gut alleine laufen!" Aber der Dämon zerrt ihn ein paar Schritte weiter. „Tá brón orm, Fin", sagt Alvaro mit zitternder Stimme. „Tá mé leithscéal sin. Ba chóir dom a bheith ag súil. Feicfidh mé a gheobhaidh tú amach ann, gealltanas mé!" Fineen sieht ängstlich zu ihm. "Wirklich?" Alvaro nickt heftig. „Tá mé tromchúiseach. Is é seo go léir mo locht!" Fineen nickt unsicher, während der Dämon ihm die Hände fesselt. "O-okay, dann... dann warte ich auf dich. Was wollen die überhaupt?" Alvaro sieht zu Boden. „Níl anois. Feicfidh mé a mhíniú go níos déanaí." Fineen scheint noch völlig verschlafen und nach wie vor geschwächt, aber er nickt ängstlich. „Dann wann anders. Tut mir leid, Jel, dass die dich hier mit rein ziehen." Die Situation hat etwas sehr merkwürdiges an sich. „Ist schon okay", antworte ich nur, dann knurrt der Dämon auch schon: „Okay, genug geredet, wir verschwinden jetzt." Der Dämon bei Fineen packt in an der Schulter und zerrt ihn Richtung Tür. Erst da scheinen Fineens Kräfte ein wenig zurückzukommen, zumindest wehrt er sich schwach. Ich sehe die Tränen und die Angst in seinen Augen als er nach seinem Bruder ruft. „Alvaro!" Seine Stimme überschlägt sich, Panik scheint in ihm hochzusteigen. „Ná bíodh imní ort!", antwortet Alvaro leise. „Beidh mé ag teacht." Fineen schluchzt, nickt aber nochmal und dann hat der Dämon ihn auch schon in den Flur gezerrt. Mit einem gehässigen Lachen stößt der andere mich von sich, so ruckartig, dass ich stolpere, aber Alvaro springt vor und fängt mich auf. Statt jedoch loszulassen zieht er mich fest an sich und hält mich fest. Vorsichtig erwidere ich die Umarmung. Erst nach ein paar Momenten bemerke ich, dass sein nackter Oberkörper so zuckt, weil er weint. „Hey." Sacht streichle ich ihm über den Rücken. Dabei spüre ich, wie die Flügel verschwinden. Dieser Alvaro vor mir ist nicht mehr der angriffslustige Dämon, er ist wieder er selbst. Jemand mit großer Angst um seinen Bruder. „All die Jahre hab ich dafür gekämpft, dass das hier nicht passiert", schluchzt er leise. „Und alles, alles was ich getan habe, wofür ich mich selbst so hasse, das alles war umsonst! Fineen war schon immer das Wichtigste in meinem Leben, und jetzt haben sie ihn mir weggenommen!" „Du wirst ihn wiederbekommen", sage ich leise. „Du bist stark, Alvaro, der Kampf ist noch nicht vorbei. Ich werde dir helfen, egal wie. Okay? Wir schaffen das." Erst nach einigen Minuten beruhigt er sich wieder. Dann drückte er mir einen federleichten Kuss auf die Haare. „Danke, Jel. Es tut mir leid, ich bin sonst nicht so... na ja, du weißt schon. Wir sollten nach Cheveyo sehen." Ich nicke und lasse ihn los. Mein Herz klopft wie wild, als mein Blick seinen Oberkörper streift, der gerade noch so dicht an mich gedrängt war. Alvaro kniet sich neben den noch immer bewusstlosen Cheveyo und dreht ihn erst einmal auf den Rücken. Die Züge des Halbengels sind friedlich, als würde er schlafen und nicht ohnmächtig sein. Alvaro tätschelt seine Wange. „Cheveyo? Hey. Wach auf." Aber bei dem Jüngeren tut sich nichts. Alvaro seufzt und streicht dann mit dem Zeigefinger ein paar Mal über Cheveyos geschlossene Augen. Und nur Sekunden danach fährt dieser plötzlich auf, beginnt zu husten und ringt nach Luft. „Langsam." Alvaro legt ihm eine Hand auf den Rücken und wartet, bis die Hustenattacke vorbei ist. Nach ein paar Momenten hat Cheveyo sich gefangen. Mit noch glasigen Augen dreht er sich zu uns um. „Was... was ist passiert? Wo...?" Verwirrt sieht er sich um. „Wo sind sie hin? Und Fineen? Haben sie... oh gott." Seine Stimme bricht, wird kurzzeitig zum Keuchen, dann fängt er sich wieder. „Sie... sie haben ihn?" Alvaro nickt traurig. „Ich hätte nicht erwartet, dass sie schon so früh wiederkommen, sonst wäre ich viel besser vorbereitet gewesen. Aber jetzt ist es wie es ist, sie hatten den Überraschungseffekt und haben es geschafft." Ungläubig schüttelt Cheveyo den Kopf und setzt sich auf. „Das darf doch nicht wahr sein! Und... was willst du jetzt tun?" Alvaro seufzt frustriert und steht auf. „Erstmal kann ich nicht viel tun, außer meine Männer zu Harrowby zu schicken um ihn und sein Anwesen im Auge zu behalten. Ich bin mir sicher, dass Fineen dort hingebracht wird, aber beweisen können wir leider gar nichts. Die drei Typen sind wahrscheinlich bezahlt worden, es waren ganz normale Unterschicht-Dämonen. Im Dämonenkreis wird man denken, dass Fineen so entführt wurde wie all die anderen Kinder, die als Spielzeug benutzt werden. Ich muss einen Grund haben, um bei Harowby nach Fineen suchen zu dürfen und wahrscheinlich hat er das perfekte Alibi." Das sind ja mal klasse Aussichten. Ich will mir gar nicht vorstellen, was mit Fineen gerade passiert. Aber wie sollen wir es schaffen, ihn zurück zu holen? Ich erinnere mich kaum noch daran, wieso ich in Wirklichkeit hier bin. Was hat Alvaro damals gesagt? Wenn ein Dämon zu viel Ärger macht, wird er umgebracht. Hingerichtet, um genau zu sein, aber das macht gar nichts besser. Nur inzwischen ist diese Tatsache kaum noch existent, schließlich ist jeder davon überzeugt, dass Alvaro und ich zusammen sind. Inzwischen geht es um viel mehr, es geht um verbitterten Hass und zerbrochene Liebe, Leidenschaft und Rache. Gefährliche Mischungen, die alles durcheinander würfeln. Wie soll das nur gut enden?
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Kick the world's ass!
FantasyDämonen haben nur eins im Sinn: Liebe. Allerdings nicht wahre Liebe. Ein Dämon ist nur zufrieden, wenn er ein Spielzeug hat. Oder auch mehrere. Die einzigen, die sich wenigstens ein bisschen unter Kontrolle haben, sind die Mitglieder des Dämonenkrei...