Alvaros Pov
Auf dem Schlachtfeld fühlt es sich immer leicht an, aber bei Hinrichtungen ist das Schwert so schwer, dass ich Angst habe, es nicht gehoben zu bekommen.
Ich stehe im Vorzimmer des Vollstreckungssaals, wo die Hinrichtungen stattfinden. Die Todesstrafe ist selbst bei uns Dämonen recht selten, deshalb wird der Saal glücklicherweise nicht allzu oft genutzt.
Aber wenn es geschieht, fühlt es sich jedes Mal gleich an: Ich stehe hier und wünsche mir woanders zu sein. Ganz egal wo, einfach irgendwo anders.Es klopft und die Tür hinter mir öffnet sich. Ich drehe mich nicht um, das brauche ich auch gar nicht, denn es gibt nur einen, der mich hier in diesem Vorzimmer jedes Mal besucht.
Mercenario tritt neben mich und legt mir eine Hand auf die Schulter. "Bereit?", fragt er, so wie jedes Mal.
Und ich gebe immer die gleiche Antwort. "Nie."Ich betrachte das Schwert in meinen Händen, frisch geschliffen, scharf und blitzend sauber. Tödlich. "Ist Fineen hier?"
"Ja," antwortet Mercenario. "Ich habe ihn hergebracht und jetzt ist er bei Jel."
Jel, mein Jel, unter den Zuschauern um mir beim Töten zuzusehen.
"Wer ist sonst noch hier?"
"Die anderen Dämonenlords, etliche Missbrauchsopfer mit Angehörigen, darunter Chase und sein Bruder, und Cheveyo und Jonah sind auch da."
"Keine Engel?"
"Nein. Michael und sein Gefolge können es sich wohl nicht leisten, zu kommen, weil die Todesstrafe als Sünde gilt. Die Engel würden wohl auf die Barrikaden gehen, wenn man an ihren himmlischen Werten noch mehr rüttelt."
Ich schnaube und schüttele den Kopf. "An himmlische Werte hat auch niemand geglaubt, als sie ihrem Hauptmann blind in einen Krieg gefolgt sind."
"Du weißt wie die Heuchler sind", stimmt Mercenario zu. "Die pochen doch nur auf ihre Bibeln, wenn es ihnen gerade so passt. Aber das kann uns egal sein."Im Saal ertönt die erste Klingel. Das Gemurmel stirbt ab, die Zuschauer ordnen sich.
Mit der zweiten Klingel wird Harrowby in den Raum geführt werden.
Mit der dritten erscheint der Henker. Ich."Mercenario, wirst du bei mir bleiben?" Die Frage hört sich so ängstlich an, so kindlich, dass ich sie am liebsten gleich wieder zurück nehmen würde.
Aber Mercenario stört das nicht. "Ich bin die ganze Zeit an deiner Seite."
Ich atme tief durch, die zweite Klingel ertönt. Das Gemurmel fängt wieder an, zischen, knurren. Harrowby muss im Saal sein.
Ich hasse es, ich hasse was ich tun muss, und trotzdem bereue ich es kein Stück.Ich rufe mir in Erinnerung, was Harrowby getan hat.
Wie Fineen in meinen Armen nach Seldró schrie. Wie wir einen viel zu kleinen Sarg beerdigten.
Jeder Schmerz, jede Unverständnis in Fineens Augen, alles ausgelöst durch Harrowby.
Wie Harrowby Jel attackierte, erst auf der Straße und später während dem Krieg auf seinem Anwesen. Wie Jel auf dem Bett lag und schrie als würde er gleich sterben, die Todesangst so klar in seinen Augen.
Wie Fineen auf dem Schlachtfeld beinahe sein Leben aushauchte, entkräftet durch den langen Lichtentzug.
Wie er mir auf dem Scheiterhaufen drohte, mein Volk zum Glauben zu zwingen. Meine Leute. Meine Familie.
All die Dämonen, die in diesem sinnlosen Kampf fielen. Will, der noch immer um Ashley weint. Alle Überlebenden, die um Gefallene trauern.
Und selbst die Engel, die fielen in einer Schlacht, zu der sie selbst getäuscht wurden.Ich straffe die Schultern. Die dritte Klingel ertönt, und die Türen schwingen auf.
Mit großen, sicheren Schritten betrete ich den Saal und es wird automatisch still. Meine Augen finden sofort Jel in der Menge, als hätte er eine magnetische Wirkung auf mich. Er sieht ernst aus, aber nicht ängstlich, sondern viel mehr entschlossen, und das gibt mir Kraft.
Fineen neben ihm muss sich schwer auf ihn stützen, aber auch in seinem Blick brennt das Feuer. Seine Ärmel sind hochgekrempelt, und ich sehe die Narben, wo einst sein Gefährtenmal war. Heute versteckt er sie nicht. Und ich weiß, die Rache die Fineen will ist nicht für sich selbst, sie gilt einzig Seldró.
Mercenario ist direkt hinter mir, so wie er es versprochen hat.
Und dann trete ich vor Harrowby.
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Kick the world's ass!
FantasyDämonen haben nur eins im Sinn: Liebe. Allerdings nicht wahre Liebe. Ein Dämon ist nur zufrieden, wenn er ein Spielzeug hat. Oder auch mehrere. Die einzigen, die sich wenigstens ein bisschen unter Kontrolle haben, sind die Mitglieder des Dämonenkrei...