Alvaros Pov
Sie fallen. Es war dumm zu glauben, dass es funktionieren könnte. Wahrscheinlich ist ihnen der Sauerstoff ausgegangen und jetzt sehe ich nur noch zwei Körper gen Boden trudeln, ein kleiner Fleck am Himmel der immer größer wird. Jel neben mir schluchzt heftig auf und Mercenario muss sich auf Junes Schulter abstützen.
„Sie haben es nicht geschafft", bringt er mit gepresster Stimme hervor. Auch ich spüre, wie mein Brustkorb sich zusammenzieht und senke den Blick zum Boden. Wie habe ich das nur zulassen können? Ich habe nicht nur Fineens Tod zu verantworten, sondern auch noch Cheveyos.
Es war aussichtslos, von vorne herein, und ich hätte ihn nie gehen lassen dürfen. Die Angst um meinen Bruder hat mich jegliche Kontrolle verlieren lassen. Aber jetzt ist es ohnehin zu spät, für alle beide. Wenn Fineen nicht schon tot war, bevor sie überhaupt oben angekommen sind, dann ist er das jetzt ganz sicher und Cheveyo auch.
„Alvaro." Das ist Jels Stimme, ganz zaghaft. Ich hebe den Kopf und sehe ihn an. Die Tränen laufen immer noch über sein Gesicht, aber irgendwas hat sich verändert in seinen Augen, sie sind weit aufgerissen. Er hebt die Hand und zeigt nach oben. „Sie sind nicht tot. Nicht beide."
Ruckartig wende ich meinen Blick nach oben. Und tatsächlich: Jel hat recht. Eine der noch weit entfernten Gestalten schlägt wie wild mit den Flügeln, versucht offenbar den Fall des anderen zu bremsen. „Das muss Cheveyo sein. Wahrscheinlich ist ihm die Kraft ausgegangen." Aber wir wissen alle, was das bedeutet. Mein Bruder ist tot.
Ich schlucke, schlucke noch einmal und dränge die Tränen zurück, die hinter meinen Augen brennen. „Ich muss ihm helfen. Zumindest ihn können wir noch retten."
„Das halten deine Flügel nicht aus, Bruder", meint Mercenario besorgt. „Lass mich..."
„Das dauert zu lange", unterbreche ich ihn. „Ich schaffe das schon."„Ich dachte, Dämonenflügel sind nicht zum Fliegen gedacht?", fragt Jel besorgt.
Ich halte kurz inne. „Woher hast du das denn?"
„Fineen", antwortet er leise. „Bei Harrowbys erstem Versuch, ihn zu entführen, habe ich ihn zum ersten Mal in Dämonengestalt gesehen und da hat er es mir gesagt."
Ja, Fineen war nie ein besonderer Fan von den Flügeln oder von der Dämonengestalt generell gewesen.„Es ist nicht direkt so, dass sie nicht zum Fliegen gedacht sind, aber... Das erkläre ich dir irgendwann anders. Es geht hier um Cheveyos Leben, also muss es funktionieren."
„Aber...", hebt Mercenario an, doch ich unterbreche ihn. „Keine Diskussion mehr. Go leor!" (=Genug!) Und dann verwandle ich mich. Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren. Dämonenflügel mögen eine schwierige Angelegenheit sein, aber ich bin noch immer Lord Alvaro Lewis Blackbourne, Mondessohn und erster Dämon im Dämonenkreis. Meine Flügel werden mir gehorchen.Und mit dem Abstoßen vom Boden beginnt der schwierigste mentale Kampf, den wir Dämonen bei jedem Flug bestreiten müssen. Ich fliege, das sehe ich. Aber es fühlt sich an, als würde ich fallen. Dieses widerliche Gefühl in der Magengegend, das scheinbar unaufhaltsame Trudeln und der Boden kommt immer... nein. Ich falle nicht. Ich fliege. Cheveyo.
Ich konzentriere mich auf den Fleck, der nun immer mehr Gestalt annimmt. Leere Luft um mich herum, der Aufprall wird gleich... nein. Hoch. Weiter hoch. Du fällst du fällst du fällst. Nein. Ich fliege. Ich bin der erste Dämon im Dämonenkreis. Du wirst aufprallen und dir die Flügel brechen. Ein Mondessohn. DU FÄLLST. Mein Name ist Alvaro Lewis Blackbourne und meine Flügel werden mir gehorchen. Ich falle nicht. Ich fliege.
Und in den Moment erkenne ich etwas, was ich aus der Ferne nicht habe sehen können. Die zwei Gestalten fallen direkt in meine Richtung, ein bisschen verlangsamt durch die Bemühungen der wild schlagenden Flügel. Aber es ist nicht Cheveyo, der versucht Fineens Körper oben zu halten. Das sind schwarze Flügel, die da schlagen. Schwarze Flügel wie meine.
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Kick the world's ass!
FantasyDämonen haben nur eins im Sinn: Liebe. Allerdings nicht wahre Liebe. Ein Dämon ist nur zufrieden, wenn er ein Spielzeug hat. Oder auch mehrere. Die einzigen, die sich wenigstens ein bisschen unter Kontrolle haben, sind die Mitglieder des Dämonenkrei...