Zwischen Vertrauen und Verrat

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Die kalte Nachtluft strich über Jessicas Gesicht, als sie sich in die Schatten des Verbotenen Waldes zurückzog. Der Mond warf sein fahles Licht auf die stillen Bäume, doch ihr Herz raste, als ob sie jeden Moment entdeckt werden könnte. An ihrer Seite ging Theodore Nott, dessen Schritte leise und kontrolliert waren. Seit dem Kampf mit Blackthorne hatte sich etwas zwischen ihnen verändert. Wo einst Misstrauen und Feindseligkeit lagen, war nun ein seltsames Band entstanden, das Jessica immer wieder zum Nachdenken brachte.

Nott hatte sie nicht verraten. Er hatte Snape geholfen, sie zu retten – und jetzt war er der Einzige, der wusste, wie es wirklich in ihr aussah. Doch was bedeutete das für sie beide? „Du musst nach Hogwarts zurück", murmelte Nott leise, ohne sie anzusehen. „Aber du weißt, dass sie überall nach dir suchen. Wir müssen vorsichtig sein." Jessica nickte, ihr Blick wanderte über das Dickicht, als sie sich der verborgenen Pforte zum Schloss näherten. „Ich weiß. Aber wie? Das Ministerium... sie sind überall."

„Ich habe mit Snape gesprochen", fuhr Nott fort. Seine Stimme klang ruhig, doch Jessica spürte die Anspannung darin. „Er hat einen Weg gefunden. Du wirst nicht als du selbst zurückkehren." „Was meinst du damit?", fragte Jessica und verengte die Augen, während sie ihn ansah. Nott blieb stehen und drehte sich zu ihr um, sein Gesicht im Schatten verborgen. „Du wirst mit einem Tarnzauber zurückgeschickt. Niemand wird wissen, dass du es bist – nicht einmal deine Freunde." Ihr Magen verkrampfte sich bei diesen Worten.

„Nicht einmal Harry?", flüsterte sie. Nott wich ihrem Blick aus. „Es ist zu gefährlich. Wenn er oder die anderen wissen, dass du zurück bist, wird das Ministerium Wind davon bekommen. Du wirst unter einem falschen Namen anreisen, als Austauschschülerin aus Durmstrang. So wirst du dich unter die Schüler mischen können, ohne aufzufallen."

Jessica schüttelte den Kopf. „Harry wird es merken. Er wird es wissen, Theo." Theodore sah sie an, und zum ersten Mal spürte Jessica eine Wärme in seinen Augen, die sie nicht deuten konnte. „Vielleicht", gab er zu. „Aber es gibt noch andere, die wissen, wie gefährlich du bist. Blackthorne mag besiegt sein, aber er war nicht allein. Es gibt jemanden in Hogwarts, der mit ihm zusammengearbeitet hat." „Einen Verräter", flüsterte Jessica. Nott nickte. „Und solange wir nicht wissen, wer das ist, musst du unter dem Radar bleiben."

Jessica zögerte, doch dann nickte sie langsam. Sie hatte keine andere Wahl. Doch das Wissen, dass sie Harry und die anderen täuschen musste, brannte tief in ihrem Herzen. Nott hatte recht, Harry würde alles in Frage stellen. Sie kannte ihn zu gut, er würde die Wahrheit suchen, bis er sie fand. Und genau das war das Risiko – zu viele Augen, zu viele Fragen. Aber Hogwarts war die einzige Möglichkeit, sich zu verstecken.

„Der Tarnzauber ist kompliziert", begann Nott und klang dabei so, als hätte er dies schon oft durchgespielt. Seine Stimme war fest und kontrolliert, doch in seinen Augen lag Unruhe. „Snape wird den Trank für dich brauen. Es ist eine Mischung aus Polyjuice und einem alten Runenzauber, der nicht nur dein Aussehen, sondern auch deine magische Signatur verändert."

„Meine magische Signatur?", fragte Jessica verwundert und runzelte die Stirn. Sie hatte schon von Tarntränken gehört, aber das klang anders. „Ja", erklärte Nott geduldig. „Es wird verhindern, dass jemand – selbst die Auroren oder das Ministerium – deine Präsenz spürt. Du wirst völlig unsichtbar sein, als wärst du nie Jessica gewesen." Ein Schauer lief ihr über den Rücken. Die Vorstellung, ihre eigene Identität so komplett zu verlieren, war beängstigend. „Und was passiert, wenn der Zauber nachlässt?"

„Das darf nicht passieren", erwiderte Nott mit Nachdruck. „Es gibt Möglichkeiten, den Trank regelmäßig zu erneuern. Snape wird sich darum kümmern. Aber du musst vorsichtig sein, Jess." Jessica nickte, doch ein Teil von ihr wollte sich gegen all das auflehnen. Sie wollte sich nicht verstecken, wollte nicht jemand anders sein. Aber sie wusste, dass sie keine Wahl hatte.

Als sie die verborgene Pforte erreichten, hielt Nott inne und sprach leise weiter. „Es muss jemand aus dem Inneren sein, jemand, der wusste, was Blackthorne vorhatte. Jemand, der Zugang zu Informationen hat, die nur einem kleinen Kreis bekannt sind." „Aber wer?", fragte Jessica, ihre Stimme bebte vor Unsicherheit. „Ich habe doch niemandem vertraut, außer..." Ihre Worte blieben hängen, als sie an McGonagall und Flitwick dachte. Konnte es einer von ihnen sein? Oder jemand anderes, der noch näher stand? „Es gibt viele Möglichkeiten", erwiderte Nott und schien ihre Gedanken zu lesen. „Aber wir müssen vorsichtig sein. Selbst Lehrer, denen du vertraut hast, könnten beteiligt sein."

Ein Schauer überlief Jessica. Der Gedanke, dass einer ihrer früheren Mentoren sie verraten haben könnte, war unerträglich. „Was ist mit Dumbledore?", fragte sie leise. Nott zögerte, dann schüttelte er den Kopf. „Er hat seine eigenen Pläne, und ich bin mir nicht sicher, ob er dich wirklich schützen kann. Er hat seine Augen überall, aber manchmal übersieht er das Naheliegendste."

Jessica fühlte, wie die Schwere der Situation auf ihren Schultern lastete. „Es fühlt sich an, als würde ich mich selbst verlieren", flüsterte sie schließlich. „Als würde ich alles verlieren, was mir wichtig ist." Die Tränen brannten in ihren Augen, aber sie zwang sich, standhaft zu bleiben. „Ich weiß nicht, ob ich das noch lange durchhalten kann."

Theo trat näher und legte ihr eine Hand auf die Schulter, etwas, das er zuvor nie getan hatte. „Du bist stärker, als du glaubst", sagte er leise. „Ich habe es gesehen. Du kannst das schaffen, Jess. Und ich werde dafür sorgen, dass du es schaffst."

Jessica hob den Kopf und sah ihn an. „Warum tust du das, Theo? Warum hilfst du mir?" Er hielt ihrem Blick stand, und für einen Moment glaubte sie, etwas wie Zärtlichkeit in seinen Augen zu sehen. „Weil ich es dir schulde", sagte er schließlich. „Und weil... ich dich nicht verlieren will."

Ihre Lippen zitterten leicht, und sie wusste, dass sie antworten sollte, aber die Worte blieben in ihrer Kehle stecken. Schließlich nickte sie nur stumm und wandte sich ab. Das Schweigen zwischen ihnen war schwer, doch sie fühlte, dass sie keine weiteren Fragen stellen sollte. Theo würde nicht mehr preisgeben. Nicht jetzt.

Als sie Hogwarts wieder erreichten, blickte Jessica auf das Schloss, das ihr einst Zuflucht gewesen war. Doch jetzt sah sie es mit anderen Augen – es war kein sicherer Ort mehr, sondern voller Geheimnisse, voller Gefahren. Und sie wusste, dass der größte Feind vielleicht noch unentdeckt unter ihnen lebte.

In der Dunkelheit verschwand sie mit Theo in den geheimen Gängen, den ersten Schritten auf ihrem Weg, eine Fremde in der eigenen Welt zu werden.

Theodore Nott - Sie gehört zu mir Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt