Snapes Meister

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Nachdenklich blicke ich den beiden Rotschöpfen nach. Ihr Lachen und ihre Unbekümmertheit versetzen mir einen schmerzhaften Stich. Neid. Was für ein grausames und bittersüßes Gefühl. Die Stille, die mich in den Gängen umfängt, ist nicht mehr mein Freund. Wieso empfinde ich sie plötzlich als kalt und feindselig? Energisch schüttle ich den Kopf. Keine Zeit für negative Gedanken!

"Pass doch auf!" Wütend fahre ich einen der nervigen Erstklässler an, der mir mit seinem Ellbogen in die Seite stößt.

"S-sorry", stammelt er ängstlich.

"Schon gut." Überrascht blickt er mich an, er hat die Gerüchte über mich also auch schon gehört. "Beeil dich besser, die nächste Stunde fängt gleich an." Scheu lächelt er mich an und hastet planlos davon. Was ist bloß los mit mir? Normalerweise hätte ich diesen Zwerg zermalmt!

„Versuchen Sie, Ihr Karma zu retten?" Diese spitze Bemerkung kann nur von einer Person stammen. Snape! Erschrocken fahre ich herum und sehe ihm direkt in die kalten Augen.

"Das ist so im Eimer, lassen Sie die verzweifelten Versuche. Sie lösen höchstens einen Brechreiz bei mir aus." Ich kann es selbst nicht glauben, aber ich bin fast froh, dass er wieder der Alte ist.

„Hören Sie auf, mich so dumm anzugrinsen, das grenzt ja an Körperverletzung!" Snape zieht eine Augenbraue hoch und fixiert mich mit einem durchdringenden Blick.

Okay, das tat weh. "Bei Ihrem Anblick kann ich gar nicht anders als zu lächeln." Weil du so eine dumme Witzfigur bist, mit deinem schäbigen Umhang und den fettigen Haaren! Unschuldig lächle ich ihn an. Gedanken sind frei, er kann mich nicht dafür bestrafen.

„Strapazieren Sie meine Güte nicht zu sehr!", haucht Snape drohend.

„Welche Güte?", lache ich höhnisch. Warnend blickt er mich an.

„Wenn ich will, kann ich Ihnen das Leben zur Hölle machen!"

„Danke, keine Lust, meine Mutter wiederzusehen, die hoffentlich im tiefsten Schlund der Hölle schmort! Richten Sie ihr doch liebe Grüße aus, falls Sie Ihren Meister in der Hölle besuchen."

Sein Gesicht verfinstert sich. „Was wissen Sie über meinen Meister?"

„Ach, bloß das Übliche", erwidere ich betont locker und halte seinem Blick stand.

„Reden Sie!", zischt er wütend, seine Augen funkeln gefährlich.

„Also, als Kind habe ich ihn mir immer ganz rot vorgestellt. In der Hand hält er einen kleinen Dreizack. Aber seitdem ich Sie kenne, frage ich mich, ob er nicht einfach Ihr verschollener Zwillingsbruder ist."

„Was reden Sie da für einen Unsinn?", knurrt Snape. Seine Augen sind zu bedrohlichen Schlitzen verengt.

„Sie wollten doch wissen, wie ich mir Satan vorstelle." Der dunkle Schatten über seinem Gesicht verschwindet, sein Blick normalisiert sich.

Plötzlich werde ich misstrauisch. „Warum reagieren Sie so allergisch auf das Wort Meister?"

„Seien Sie still!", zischt er unglaublich wütend.

„Wer ist wirklich Ihr Meister?", hake ich unbeeindruckt nach.

Kühl blickt er mich an. „Du bist genau wie deine Mutter. Rücksichtslos, egoistisch und die Gefühle anderer scheren dich keinen Deut!"

Sein plötzlicher Ausbruch schockiert mich. Tränen sammeln sich in meinen Augenwinkeln. „Das ist nicht wahr!", erwidere ich heftig.

„Ist es das nicht? Du wolltest Malfoy dazu anstiften, dass er mich beklaut!" Wie in Trance beobachte ich, wie er seinen Zauberstab auf mich richtet.

„Malfoy, diese elende Petze!", murmle ich verächtlich.

„Mehr hast du dazu nicht zu sagen?" Der Wunsch, mich zu erwürgen, steht ihm ins Gesicht geschrieben.

„Dumm gelaufen", seufze ich. „Ist nichts Persönliches. Seit wann duzen wir uns eigentlich? Ich kann mich nicht daran erinnern, Ihnen das Du angeboten zu haben!"

„Ahhhhh!" Sein wütender Aufschrei jagt mir Angst ein. „Du bettelst förmlich darum, dass ich dich....", knurrt er.

„Severus." Ich bin noch nie glücklicher darüber gewesen, Dumbledore zu sehen. „Sie erheben doch Ihren Zauberstab nicht gegen eine Schülerin?"

„Nein." Sein Arm senkt sich um keinen Millimeter. „Natürlich nicht", haucht Snape, während er mich nicht aus den Augen lässt.

„Gut. Ansonsten müsste ich Sie von dieser Schule verweisen!" Ungewohnt scharfe Worte aus Dumbledores Mund. Unendlich langsam lässt Snape seinen Zauberstab sinken. Er scheint eine Abwägung zu treffen zwischen dem Wunsch, mich zu verletzen, und Lehrer in Hogwarts zu bleiben. Offensichtlich keine einfache Entscheidung für ihn!

„Seniler Sack!", knurrt Snape plötzlich. Wütend stürmt er wortlos davon.

„Danke, das war ziemlich knapp." Erleichtert sehe ich Dumbledore an. Milde lächelt er mich an.

„Professor Snape hat heute etwas erfahren, das sein Leben für immer verändern wird. Gib ihm Zeit, sich daran zu gewöhnen."

„Woran?", frage ich. Stumm schüttelt Dumbledore den Kopf.

„Es ist Professor Snapes Leben, nicht deins. Vielleicht solltest du dich auf dein eigenes Leben konzentrieren", rät er mir sanft, aber bestimmt.

„Der Gedanke jagt mir schreckliche Angst ein", gestehe ich.

„Den eigenen Dämonen kann man nicht entkommen, glaub mir", lächelt er traurig.

„Danke." Unausgesprochen bleibt all die Zuneigung, die ich für diesen Mann empfinde. Sanft drückt er meinen Arm und spaziert gemächlich davon. Wenn ich mich wirklich meinen Dämonen stellen will, kann ich direkt mit dem Schlimmsten anfangen. Es ist Zeit, meiner Mutter zu schreiben.

Theodore Nott - Sie gehört zu mir Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt