Samstag 1

3 0 0
                                    

Ich arbeite in der Gaybar keine 3 Schritte von der Stadtmitte entfernt, als Student braucht man halt Geld und da der Besitzer mich süß fand, habe ich diesen Job bekommen. Also kellnere ich jetzt jeden Mittwoch- und Samstagabend. Meistens ist es sehr entspannt, die Leute trinken nur was und unterhalten sich. Manchmal flirtet einer der älteren Kerle mit mir, wahrscheinlich weil ich diesen unschuldigen Look habe. Mir macht es nichts aus, im Gegenteil, ich finde es sehr erfrischend, dass hier viele davon ausgehen, dass ich schwul bin und nichts dagegen haben. Mein Outing hatte ich schon vor zwei Jahren und die meisten meiner Verwandten und Freunde haben es respektiert, trotzdem fühle ich mich hier gerade wegen dieser Akzeptanz pudelwohl. Außerdem war da dieser kleine Wunsch in meinem Kopf, dass eines Tages mein Traummann von mir bedient wird. Albern, ich weiß, aber die Vorstellung gefällt mir. 

Es ist ein normal hektischer Samstagabend, als er die Bar betritt. Er ist groß und ich sehe sofort, dass er Kraft hat. Könnte er das sein? Das habe ich schon bei einigen Männern gedacht, die diese Bar betreten haben, also sagt das nicht wirklich was. Ich schätze sein Alter auf höchstens 25 eher 24. Seine langen braunen Haare stehen ihm echt gut. Vielleicht sollte ich ein bisschen mit ihm schäkern, dann merkt er sich eventuell mein Gesicht. Mit aufmerksamen Augen sieht er sich um, entdeckt einen freien Tisch und setzt sich. Ich tue kurz so, als wäre ich noch damit beschäftigt, etwas zu notieren und gehe dann zu ihm rüber. „Was darf es sein?", frage ich mit dem besten Lächeln, das ich zustande kriege. Er sieht mich an und grinst verlegen: „Erstmal noch nichts, ich warte noch auf jemanden." Meine Laune sinkt mit einem Schlag. War ja klar, so ein süßer Typ hat natürlich schon einen. „Gut dann komm ich später noch mal vorbei.", etwas geknickt verlasse ich den Tisch. Ich bediene den weiteren Abend wie immer, schiele aber immer wieder zu ihm rüber. Mit jeder Minute wird er nervöser. Sein Date scheint nicht aufzutauchen. Wie kann man nur so einen Prachtkerl sitzen lassen. Nach einer Viertelstunde gehe ich wieder zu seinem Tisch. „Da lässt dich aber jemand warten.", in meiner Stimme ist echtes Mitleid. „Ach was, er kommt bestimmt gleich.", versucht er mir und wahrscheinlich auch sich selbst weiszumachen. „Soll ich dir in der Zwischenzeit doch schon was bringen.", biete ich an. „Ich denke schon,", er ist nervös, aber seine Hoffnung hat er anscheinend nicht aufgegeben, „eine Cola bitte." Ich nicke und hole ihm eine Cola. Mit der sitzt er nun allein an einem Tisch für zwei und trinkt ganz kleine Schlucke.

Es vergeht eine halbe Stunde und sowohl die Cola als auch der Platz an seinem Tisch ist leer. Ich fühle mit ihm, es ist irgendwie so ungerecht. Er hebt die Hand, ich staune kurz, dann laufe ich zu ihm rüber. „Ich hätte gern noch eine." „Klar doch.", ich lächle ihm aufmunternd zu und er lächelt zurück. Es ist ein leicht verzweifeltes Lächeln. Mit der zweiten Cola verhält es sich so ähnlich wie mit der ersten, allerdings schwingt seine Stimmung mit jedem Schluck ein bisschen mehr weg von Nervosität und hin zu Enttäuschung. Ich lasse ein lesbisches Pärchen bezahlen und blicke dann auf meine Uhr. Wenn ich mich recht erinnere, sitzt der arme Kerl jetzt knapp über eine Stunde hier. Ich nehme an, das war es mit seinem Date. Ich lasse ihn noch 5 Minuten deprimiert in sein leeres Glas starren, dann halte ich es nicht mehr aus und gehe wieder an seinen Tisch. „Kann ich dir was Gutes tun?" Er sieht nur zu mir auf und lächelt gequält. „Wir haben Kuchen, der ist ziemlich lecker.", ich lüge nicht, der ist wirklich der Hammer. „Nein danke, ich glaube, ich geh einfach nach Hause.", er klingt sehr enttäuscht. „Also die Rechnung dann?" Er nickt. Ich gehe zur Theke und drucke die Rechnung aus. Er hat schon das Geld parat, als ich ihm den Bon auf den Tisch lege. „Stimmt so.", sagt er und steht auf. „Schon ungerecht so was Schönes einfach sitzen zu lassen.", rutscht es mir raus. „Danke.", murmelt er und verlässt die Bar. Das lief ja super.

Von Kellner zu KellnerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt