Sonntag 3 und Montag 3

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Am Sonntag fühle ich mich mies und schreibe deswegen Linda an, meine beste Freundin. Leider hat sie heute keine Zeit, weil sie mit ihrem Freund Leo noch eine Bioaufgabe fertig macht und so muss ich bis Montag warten.

Wir treffen uns in einem kleinen Restaurant am Ende der Innenstadt. Es ist niedlich eingerichtet und wir lümmeln uns in eine Couchecke. Da wir am frühen Nachmittag hier sind, teilen wir uns das Restaurant nur mit einem älteren Paar, dass die Köpfe bereits in die Speisekarte gesteckt hat. Wir tun es ihnen gleich. "Warum warst du denn gestern so schlecht drauf?", will Linda wissen und schaut mich über den Rand ihrer Speisekarte fragend an. "Ach nur wegen einem Typen." Sofort legt sie die Speisekarte nieder und fixiert mich mit einem seltsamen Blick. "Einem Typen, na dann Pack mal aus." Ich werde rot und stammle: "Da ist nichts, ... Er ist einfach in die Bar gekommen und... er war niedlich, da habe ich halt ein wenig geflirtet... nichts weiter." "Wie sieht er denn aus?", bohrt Linda weiter. "Naja, er ist größer als ich, gut gebaut, er", ich will gerade ins Schwärmen geraten, da taucht der Kellner auf und bedient das Paar. Ohne Vorwarnung stoppe ich meinen Satz und vergrabe mein Gesicht hinter der Speisekarte. "Was hast du denn?", Linda ist ganz verwirrt. Ohne hinter der Karte hervorzukommen, presse ich zwischen den Zähnen hervor: "Das ist er." Linda möchte sich umdrehen, aber ich klopfe ihr schnell auf die Finger. "Nicht gucken." Sie schüttelt nur grinsend den Kopf und dreht sich trotzdem um. Am liebsten würde ich mit der Couch verschmelzen. "Der sieht doch wirklich gut aus.", bemerkt sie. Ich linse über den Rand der Speisekarte. O ja, er sieht richtig gut aus, er trägt diesmal ein schwarzes Hemd, dass leicht über seiner Brust und seinen Armen spannt. Seine langen braunen Haare sind zu einem ordentlichen Zopf gebunden und seine Beine stecken in einer schwarzen Jeans, was ihm diesen edlen Look verleiht. Mit einem Lächeln wendet er sich von dem Paar ab und nimmt Kurs auf unseren Tisch. Schützend halte ich die Speisekarte vor mein Gesicht. "Guten Tag, schon etwas gewählt?", begrüßt er uns. Linda ist so nett und bestellt für uns beide. Als er den Tisch verlässt, atme ich erleichtert auf und sehe ihm nach. Dummerweise dreht er sich nochmal um und blickt mir direkt in die Augen. Schnell drehe ich mich weg, aber er hat mich definitiv erkannt. Ich kann kaum noch stillsitzen und Linda lacht sich ins Fäustchen. "Na kein Wunder, dass du beim Volleyball so viel Power hast, wenn ich an so einen Typen denken würde, könnte ich auch bis auf Wolke 7 springen.", freut sich Linda. "Da ist nichts!", wehre ich mich gegen diese unerhörten Vermutungen, aber Linda weiß natürlich, dass sie voll ins Schwarze getroffen hat.

Es dauert nicht lange bis das Essen kommt. Galant stellt er es auf unsere Plätze: "Ich wünsche einen guten Appetit ihr Hübschen." Er zwinkert mir zu und lässt uns allein. "Hey du kannst wieder anfangen zu atmen, das Essen ist da.", zieht Linda mich auf. Während des Essens versucht mich Linda davon zu überzeugen, dass er voll auf mich steht. Gerne würde ich ihr glauben, aber ich bin viel zu sehr damit beschäftigt nicht jedes Mal rot anzulaufen, wenn er zu uns rüber blickt. Ich versuche das Thema zu wechseln: "Anstatt von meiner total frei erfundenen Beziehung zu reden, kannst du ja auch mal was über deine komplett reale Beziehung preisgeben." Das zeigt Wirkung, denn sie beginnt sofort von Leo zu schwärmen. Die beiden besuchen die gleichen Kurse und vor ein paar Wochen, hat Leo sie gefragt, ob sie gemeinsam die Aufgaben erledigen können. So kam eins zum anderen und wie Linda nun mal so ist, hat sie sich den Typen unter den Nagel gerissen und wenn ich sie nicht bremsen würde, hätte sie ihn schon längst geheiratet. Sie beendet ihre Schwärmereien mit der Frage: "Meinst du ich sollte mit ihm schlafen Tim?" Das haut mich völlig aus dem Konzept. "Du willst mit ihm Schlafen?!", rutscht es mir vielleicht etwas zu laut heraus. Das Ehepaar guckt komisch zu uns herüber. Mit ihrem Zeigefinger an den Lippen und einem bösen Blick werde ich von meiner besten Freundin gerügt. Dann verkneifen wir uns beide das Lachen. Linda meldet sich und der Kellner kommt erneut zu uns. "Was darf es denn sein?" "Ich wollte nur wissen, wo man sich hier die Nase pudern kann." antwortet Linda und erhält eine Wegbeschreibung. Jetzt sind wir nur noch zu zweit. "Irgendwie lustig so andersrum, findest du nicht?", bricht er die Stille. Ich schlucke und fahre mir hastig durch mein blondes Haar: "Ja, schon irgendwie, aber du machst das gut." Schüchtern suche ich Augenkontakt. "Danke, aber so niedlich wie du seh' ich dabei nicht aus.", erwidert er. "Kann ich dir noch was Gutes tun?" Für eine Sekunde will ich ihn bitten sein Hemd zu öffnen, aber ich schiebe diesen Gedanken ganz weit nach hinten. Ich schüttle den Kopf und werde rot: "Nur die Rechnung bitte." Nickend verlässt er den Tisch. Gott ist mir heiß. "Na habt ihr euch gut unterhalten?", Linda hat dieses schelmische Grinsen auf dem Gesicht, dass ich nicht einordnen kann. "Haha sehr witzig." Die Rechnung wird gebracht, wir bezahlen und stehen auf. Aus dem Augenwinkel kann ich sehen, wie sie noch einen kleinen Zettel auf das Trinkgeld fallen lässt. Noch bevor er wieder an unseren Tisch kommt, haben wir das Restaurant verlassen. "Was hast du da noch hingelegt?", frage ich mit böser Vorahnung. "Deine Nummer du Quatschkopf." Schockiert starre ich Linda an und sie muss lachen.

Von Kellner zu KellnerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt