45. Auf der Flucht

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Antonio

Sie stand da und sah mich an. Ihre sonst so leuchtend grünen Augen waren dunkler, in ihnen loderte ein finsteres Feuer.

"Antonio, komm", zischte Sky und zog an meinem Arm, doch ich rührte mich nicht von der Stelle. Ich konnte nicht anders, ich starrte in ihr ausdrucksloses Gesicht.

"Jetzt komm schon, vertrau ihr doch einfach." Wieder versuchte Sky mich mitzuzerren, doch da veränderte sich etwas. Thalia sah mich an, sie sah mich wirklich an, so wie immer. Ihre Wangen waren leicht gerötet, was mich wieder zum Grinsen brachte.

Wir waren wie in unserer eigenen Welt, es gab nur sie und mich.

"Thalia, pass auf", schrie Sky plötzlich auf, doch es war zu spät. Der übrig gebliebene Werwolf hatte sich wie ein Schatten an sie angeschlichen, und bevor jemand von uns reagieren konnte, zog er seine Krallen über ihren Rücken.

Sky schrie auf, doch ich befand mich wie in einer Trance.

Ich konnte nur zusehen, wie in sich zusammensackte wie eine Marionette, und dann still auf dem Boden lag.

Alles war still.

Ich wagte es kaum zu atmen.

"Nein!" Nein, das konnte nicht sein. Es konnte nicht vorbei sein.

Der Werwolf sah uns an, seine Augen glühten, als er knurrte. Er kam auf uns zu, aus den Augenwinkeln sah ich, wie Sky langsam ihre Hand ausstreckte.

Ich rührte mich nicht. Ich konnte einfach nicht.

Der Werwolf stürzte sich auf uns, doch Sky riss mit einem Ruck den Säbel von der Wand und stach zu. Blut spritzte und ich löste mich aus meiner Starre.

Innerhalb weniger Sekunden war ich bei ihr und fiel auf die Knie.
Meine Hände waren dunkel von den Blut der Werwölfe, ich wischte sie mir hastig an der Hose ab, hob ich vorsichtig ihren Kopf.

Sie war blass, ihre Augen waren geschlossen, ihr Atem ging flach.
"Thalia", flüsterte ich. "Bitte, komm zurück."

Sky stand hinter mir, sie legte mir eine Hand auf sie Schulter.

"Bitte." Verzweifelt strich ich ihr die Haare aus dem Gesicht und zog ihren Körper an mich. "Verlass mich nicht..."

Ihre Augenlider zuckten leicht, sie gab ein leises Wimmern von sich.

"Ich brauche dich doch", murmelte ich, und wiegte sie in meinen Armen hin und her.

"Alles wird gut..." Immer wieder wiederholte ich die Worte, sie beruhigten mich und gaben mir Hoffnung. 
Thalia stöhnte auf, dann lief ein Schauer über ihren Körper. Meine Hände verkrampften sich, doch dann geschah das Wunder:

Sie schlug ihre Augen auf.

Ich hätte vor Erleichterung jubeln können.
Sie war zurück.
Alles war gut.

"Was ist passiert?" Schwach lächelte sie, als ich sie hochhob und mich zu Sky umdrehte.

"Der Göttin sei dank", seufzte sie erleichtert. "Das hätte schlimm enden können."

"Kinder", ertönte eine Stimme neben uns und Thalia reckte den Kopf. "Ihr solltet schleunigst von hier verschwinden. Vor der Tür sind noch mehr von diesen Viechern, ihr solltet also das Fenster über dem Glasdach nehmen."

"Was ist mit dir?", erkundigte sich Thalia und sah sichtlich besorgt aus.

"Macht euch um mich keine Sorgen." Amelie lächelte, dann deutete sie auf die Treppe. "Beeilt euch, ich weiß nicht, wie lange ich sie aufhalten kann. Um die Ecke ist eine Haltestelle, der Bus sollte in ungefähr sieben Minuten da sein, er bringt euch bis zum Rand eures Gebietes."

Im Schatten des Mondes (I)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt