Harry:
Das erste Mal, als ich sie sah, stand sie inmitten der unruhigen Lichter dieses gottverdammten Clubs. Genau im Zentrum meiner Aufmerksamkeit und doch konnte ich sie nicht sehen. Nicht so, wie sie eigentlich war. Sie war nur das Objekt der Lust irgendeines abgehobenen Typens, der vergessen hatte, was im Leben wirklich von Bedeutung ist.
Und sie stand ganz still zwischen den zitternden Leibern, die schonungslos um sie herumwirbelten. Den Kopf, den das schwere, dunkle Haar umspielte in den Nacken gelegt, die Hände von sich gestreckt, die blauen Augen geschlossen. Sie sah aus, als würde sie beten. So unschuldig, so durch und durch seltsam.
Unbeachtet, ja. Fremd.
Dünn, ja beinahe mager, blass und in jeder Hinsicht unauffällig. Sie war fast noch ein Mädchen.
Zart, unschuldig.
Aber ihre Augen waren neugierig. Wachsam und so blau, dass es mir in dem Moment den Atem raubte, in dem sie mich das allererste Mal ansah. Sie waren so voll von unschuldiger Sehnsucht nach Leben.
Schön.
Und erst da merkte ich, dass sie anders war.
Dasselbe Mädchen, das nun in meinem Schoß liegt- in ihrem eigenen Blut, das unsere Klamotten beschmutzt- und das sich mit derselben verzweifelten Sehnsucht an mich klammert.
Ihr langes Haar hat sie raspelkurz abgeschnitten und ihr dürrer Körper steckt in einem ausgeleierten „Packers"- Shirt.
Sie sieht so jung aus und noch ein wenig fremder, beinahe maskulin, aber sie ist immer noch dasselbe Mädchen, mit denselben wunderschönen Augen, für die ich dasselbe empfinde.
Ich weiß nicht, wann genau ich mich in sie verliebte. Ob es nun an jenem verhängnisvollen Abend in der Kneipe war, oder schon viel früher. Als der Wind, der über die einsame Dachterasse rollte an ihren dünnen Kleidern riss, wie ein hungriger Wolf.
Alles, was ich jetzt weiß, was ich jetzt erst realisiere, wo das Leben als langsamer, zäher Strom aus ihr hinausfließt ist, dass ich mir nicht vorstellen kann, ihre schmale Hand loszulassen. Ich kann sie nicht einfach ziehen lassen, wo sie mich verändert hat. Sie kann mich nicht einfach zu einem anderen Menschen machen, um mich dann wieder zu verlassen. Das ist nicht fair!
Und Himmel, ich habe noch nie in meinem Leben wirkliche Schmerzen ertragen müssen, bis zu diesem alles vernichtenden Moment. Bis jetzt, wo ich sie zusammengekrümmt auf dem Boden sehe. All ihre Kraft ist von ihr gewichen und ihre Brust hebt sich so quälend langsam, dass ich Angst habe, sie hört auf zu Atmen.
Ich starre auf ihren Brustkorb, zähle die flachen Atemzüge mit, in der verzweifelten Hoffnung, dass sie durchhält, bis der Notartzt hier ist. Sie ist so schmal, so kindlich. Hilflos zu einer Kugel zusammengerollt mit der aufgeschnittenen Pulsader. Ich will sie halten, sie beschützen.
Mein erster Instinkt, als ich sie so sah, war einfach wieder hinauszurennen, um diesem schrecklichen Leid zu entkommen, doch dann traf mich das intensive Blau ihrer Augen mitten ins Herz, so wie damals. Und ich konnte nicht. Alles, was ich weiß ist, dass sie nicht sterben darf. Aber das tut sie, auch wegen meiner Verzweiflung und meiner Angst, sie zu verlieren, die mich lähmten und zur Untätigkeit verdammten.
Und hier sitze ich jetzt, auf den Notarzt wartend und halte ihren schmalen Körper in meinen Armen, in vollem Bewusstsein darüber, dass sie mir nie vergeben wird, weil ich ihr in ihre Pläne geplatzt bin. Aber ich kann es nicht ändern, denn ich liebe sie. Und eigentlich sollte ich wütend auf sie sein, weil sie es nicht zulässt, dass sie irgendjemand liebt.
Doch ich kann nicht wütend sein, nur traurig und zu Tode erschrocken und ängstlich und zittend. Und ich halte ihn fest, den Körper des sterbenden Mädchens. Das Mädchen, das sich an meine Hand klammert.
Und ihre Augen sind so ernst und so blau und ich liebe sie.
Ich habe es immer getan.
Von ihrem ersten Atemzug bis zu ihrem letzten.
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Your Voice in My Head (H.S.)
Fanfiction"Don't let people treat you like a cigarette, they only use you when they are bored and step on you when they are done. Be like drugs- let them die for you." Das einzige, was den abgehobenen Superstar Harry Styles zunächst mit der mysteriösen Alaska...