The Departure

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_____Make sure, that at least, to yourself you were being honest._____


16. Juli 2014

Harry:


Lange Zeit sitze ich einfach nur da und starre auf das Chaos aus Klamotten, das sie auf dem nackten Fußboden zurückgelassen hat. Sie scheinen eine Spur zu legen- vom Bett, auf dem ich sitze, bis hin zu dem kleinen Tisch in der Ecke des Zimmers. Ein Verweis der Verwüstung eines hastigen Abschieds. Die Angst in meinem Innersten ist noch immer so präsent. Die Angst um sie.

Wie eine tickende Zeitbombe pulsiert sie in meinen Eingeweiden und ich weiß, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis sie hochgehen und mich in die Knie gehen lässt.

Dieser Abschied scheint endgültig zu sein. Sie hat nichts mit sich genommen. Nichts, nicht einmal die Persönlichkeit, die ich kenne. Sie hat selbst Alaska hiergelassen, irgendwo zwischen steifen, kühlen Kleidern, die sie vermutlich niemals wieder tragen wird, und der Einsamkeit, die das Zimmer um mindestens zehn Grad kühler erscheinen lässt.

Ich weiß nicht, worauf ich eigentlich warte.

Sie ist nicht hier. Sie ist nicht hier, ich sage es mir zum tausendsten Mal und immer noch klingen die Worte fremd in meinem Kopf. Unreal, wie in einem Traum.

Vielleicht sollte ich gehen. Einfach verschwinden, ohne eine Nachricht, ohne letzte Worte, ganz so, wie sie es tat, aber es gibt einen Unterschied zwischen ihr und mir. Ich kann nicht so einfach vergessen. Ich kann diese Gefühle nicht abschütteln, als würden sie nichts bedeuten, denn die Zeit mit ihr hat mich verändert. Ich bin zwar immer noch derselbe Mensch, irgendwie- doch meine Persönlichkeit, mein Charakter hat sich im Laufe dieser wenigen Monate verwandelt.

Mag sein, dass sie jetzt nicht mehr Alaska ist. Nicht die Alaska, die ich kennengelernt habe, aber das ist okay, weil ich auch nicht mehr dieser Harry bin. Ich habe keine Ahnung, was uns garantiert, dass wir wir sind. Ich weiß nur, dass ich gehen könnte, aber es nicht tue. Ich weiß, dass ich auf ihrer Bettkante sitze und warte. Dass ich darauf warte, dass sie zurückkommt. Dass die Tür plötzlich aufbricht und sich ihre schmale Gestalt in das Zimmer schiebt und sie würde mitten im Raum stehenbleiben und mich anstarren. Vielleicht würde sie sagen, ich solle gehen, keine Ahnung. Aber das spielt keine Rolle. Ich würde ihr sagen, dass ich sie liebe, auch wenn sie es nicht zurücksagt. Ich würde ihr sagen, dass ich sie beschützen will.

Aber ich bin zu spät. Sie ist fort und ich weiß nicht, wohin. Ich weiß nicht, ob sie jemals wieder zurückkommen wird. Vielleicht ist Alaska tatsächlich gestorben. Das blasse Mädchen, mit den langen, braunen Haaren, die ihr nun raspelkurz und blond vom Kopf abstehen. Aber ihre Augen sind immer noch ihre Augen und ihre schmale Hand war kühl und knochig, als ich sie gesten Nacht in meiner hielt, aber es war dasselbe Gefühl, sie zu halten, als noch vor einem Monat. Oder vor zwei Wochen, oder einem Tag. Für mich ist sie dieselbe.

Keine Ahnung, wie viel Zeit und wie viel Selbstmitleid vergeht, bevor ich mich dazu entschließe, dass es keinen Sinn mehr hat. Langsam, gequält erhebe ich mich von ihrem Bett. Meine Glieder sind steif und langsam macht sich der Mangel von Schlaf bemerkbar, aber ich schüttele ihn ab. Ich muss gehen.

Nur noch einmal. Nur einmal will ich mich ihr nahe fühlen. Vorsichtig klappe ich den Deckel ihres Koffers auf, der hinter mir auf dem Bett liegt. Sanft fahren meine Finger über die Stoffe, die unordentlich gefaltet im Inneren des Koffers rasten. Verlassen von ihrem Besitzer. Kühl, steif. Ich finde eine Bluse, die ich wiedererkenne. Sie hat sie bei einem Meeting getragen. Meine Finger verkrampfen sich um die blassrosa Seide, krallen sich daran fest, wie an einem Treibholz, oder einem Strandgut- als wäre es die letzte Hoffnung eines Ertrinkenden.

Your Voice in My Head (H.S.)Where stories live. Discover now