The Rejection

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__________It hurts because it mattered__________


16. Juli 2014

Alaska:


Monotones Piepen ist alles, was an meine Ohren dringt, als ich aufwache. Es ist, als würde ich aus einem traumlosen, hundertjährigen Schlaf aufwachen.

Verwirrt öffne ich die Augen, nur um mich in stockdunkler Schwärze wiederzufinden. Ein kurzes Gefühl der Panik durchfährt mich, denn obwohl ich nichts sehe, nehme ich die fremde Umgebung um mich herum wahr.

Wo ist Harry? Wo bin ich? Wo sind die hellen Fließen des Badezimmers, das kalte Licht, das ganze Blut? Wo ist all das hin, was den letzten Minuten meines Lebens ihre furchteinflößende Szenerie verliehen hat?

Ich zwinge mich, einmal tief Luft zu holen und mich auf meine Umgebung zu konzentrieren. Ich liege weich und es riecht streng nach Desinfektionsmittel. Der Geruch brennt unangenehm in meiner Nase...

Vorsichtig versuche ich, die verletzte linke Hand zu heben, zucke jedoch bei dem jähen Schmerz zusammen, der sofort meinen ganzen Arm hochjagt. Ich kann also schon mal nicht tot sein, stelle ich erleichtert fest. Andernfalls wäre das eine herbe Enttäuschung von dem, was ich vom Tod erwartet habe.

Doch die Feststellung, am Leben zu sein, nimmt mir nicht ganz meine Angst. Wo bin ich? Was ist mit mir passiert? Bin ich allein?

Und bevor ich mich selbst stoppen kann, kommt es mir auch schon über die Lippen. Sein Name.

„Harry?" Meine Stimme klingt fremd. Kratzig und verbraucht. Schwach, wie ein Echo meines alten Selbst.

Doch zu meiner Überraschung antwortet er tatsächlich, irgendwo links von mir.

„Alaska. Ich bin hier.", ein Hauch, geschaffen aus Sorge, Erleichterung und der noch immer anwährenden Anwesenheit von Schlaf. Eine betörende Mischung und sofort fällt die Angst von mir ab, als hätte er jegliche Gewichte von meinen Schultern genommen- nur mit dem vertrauten Klang seiner Stimme.

„Was ist los?", ich höre, wie seine Schritte in meine Richtung kommen und das Nächste, was meine Sinne wahrnehmen, ist wie eine kleine Lampe angeknipst wird. Sie spendet wenig Licht und doch blinzele ich verwirrt in Richtung dessen Quelle. Harrys Kopf taucht in meinem Blickfeld auf. Über mir, wie das letzte Mal, als wir einander angesehen haben. Nur dieses Mal erscheinen mir seine Augen noch dunkler. Überschattet von Sorge streichen sie über mein Gesicht.

„Hey.", begrüße ich ihn leise.

„Hi.", erwiedert er ebenso leise. Die Angst ist aus seinem Gesicht verschwunden. Ich finde nur noch Sorge darin und die Reste von Schlaf. Seine Haare stehen ihm an einer Seite wild vom Kopf ab. Er sieht so verbraucht aus und gleichzeitig warm und vertraut und schläfrig. Er trägt ein schwarzes Hoodie mit einer gigantischen Kapuze, dessen Ärmel so lang sind, dass sie seine Finger in ihren Tiefen bergen und all seine Tattoos verdecken.

Ich unterdrücke ein Lächeln, als ich ihn ansehe, doch die Sorge bleibt in seinem Gesicht vorhanden, wie ein Schatten.

„Hast du Schmerzen?", fragt er mich, als er sich vorsichtig neben mir auf meiner Matraze niederlässt. Ich schüttele den Kopf, zucke jedoch bereits in der nächsten Sekunde zusammen, als er zaghaft nach meiner Hand greift. Es ist eine zarte Berührung, fast nicht vorhanden und sofort zieht er die Finger wieder zurück. „Hör nicht auf.", verlange ich trotzdem und nun muss auch er lächeln.

Erneut berühren seine langen Finger die Außenseite meiner Hand. Noch vorsichtiger diesmal, falls das überhaupt möglich ist.

Die Kuppe seines Zeigefingers malt beruhigende, kleine Sonnen auf meine Haut und ich schließe die Augen. Tausende Fragen türmen sich in meinem Kopf auf, eine scheinbar wichtiger als die andere. Ich ordne sie ihrer Wichtigkeit nach ungefährt der Reihenfolge von „Was ist passiert?" über „Wissen die anderen, wo du bist?", bis hin zu „Wie spät ist es?", aber ich schlucke sie alle hinunter. Es ist schön, einfach mit Harry zusammenzusein und zu Schweigen. Ich bin dankbar, dass er hier ist. Dass ich nicht alleine hier aufwachen musste. Auch wenn er bei Gott nicht hier sein sollte, aber er ist es und es ist schön. Die Ruhe zwischen uns ist schön. Es ist einfacher, als über den Schmerz zu reden, der uns beide heute Nacht wie eine dunkle Wolke überschattet.

Your Voice in My Head (H.S.)Where stories live. Discover now