Wütend pfefferte ich das Handy auf die mit Polster ausgekleidete Bank, von der aus man einen Ausblick über ganz Riad hatte. Schon wieder ein Auftrag? Ich war ja froh und fühlte mich auch geschmeichelt, dass er offensichtlich so viel von mir hielt, aber irgendwann durfte ich doch auch mal eine Pause machen oder? Außerdem musste ich jetzt Will abwimmeln. So sehr ich ihn auch mochte, er durfte nicht mit mir gesehen werden sonst würde mich das ruinieren. Und selbst wenn er näher bei mir wohnen würde, würde das mehr schaden als nutzen. Ich würde ihn heimlich besuchen. Wir würden uns irgendwo treffen und irgendwann würden sie mich dran kriegen. Ich musste jetzt professionell sein. Langsam ging ich wieder in das Hotelzimmer zurück. "Will... Ich habe gerade einen Anruf bekommen. Es war mein Chef." sagte ich mit bekümmerter Miene. "Was hat er denn gesagt?" "Ich muss sofort nach Brasilien fliegen. Es tut mir leid, aber du kannst wohl nicht mit nach New York fliegen." "Wo nach Brasilien musst du denn?" fragte er und sah mich mit wachsendem Interesse an. Oh. Gar nicht gut. "Manaus." antwortete ich. Er sah kurz nach unten. "Ich kann meinen Eltern nicht mehr vertrauen und habe angefangen ihre Sachen zu durchsuchen und ... sehr oft war da von Schließfächern die Rede. Rom, Leipzig, Tokio, Sao Paulo..." Ich sah ihn aufmerksam an, weil ich keine Ahnung hatte was er mir damit sagen wollte. "Dort liegt eine richtig große Summe Geld und wenn ich unabhängig leben will, dann-" "Nein kommt gar nicht in Frage!" rief ich aus. "Megan, bitte!" Nein. Nein. Nein. "Du glaubst doch nicht, dass ich dich zu einem Auftrag, bei dem du nichts verloren hast quer über den ganzen Planeten fliegen lasse. Weißt du wie gefährlich das werden kann? Für uns beide?" "Und wie gefährlich ist es wohl für mich hier zu bleiben? Wie lange wird es wohl dauern bis die Polizei vor unserer Tür steht oder meine Eltern mich in irgendeine Scheiße verwickeln?" Damit hatte er mich hart getroffen. Und wieder machte ich mir Vorwürfe für das was ich damals getan hatte. "Will. Das ist viel zu riskant. Wenn die SSO auch nur erfährt, dass ich in Begleitung reise ist der Teufel los und wenn rauskommt, dass du es bist bin ich erledigt und-" "Belle-" "Megan." unterbrach ich ihn. "Megan. Ich habe sonst niemanden mehr. Ich will und kann nicht bei meinen Eltern bleiben." Seine Stimme wurde leiser. "Ich wünschte ich hätte das mit ihnen nie erfahren." Und noch mal schön Salz in die Wunde streuen. Ich fühlte mich ja eh schon schlecht, aber wenn ich ihn jetzt hier sitzen lassen würde, mit seinen Terroristeneltern dann würde ich mir das nie verzeihen können. Will sah auf. "Aber nein, ich verstehe es. Es ist zu gefährlich und ich will dir das ganz sicher nicht kaputt machen." "Will, es sind doch noch immer deine Eltern." "Unser Verhältnis war noch nie gut - selbst als ich noch ein kleines Kind war und seitdem wir flüchten mussten, kontrollieren sie sogar mein Handy und wir streiten fast jeden Tag." Ich seufzte. "Was weißt du über dieses Bankschließfach? Du kannst dir ja nicht mal sicher sein, dass da überhaupt etwas ist." Will antwortete nicht sofort. "Doch. Ich habe Überweisungspapiere gefunden. Die letzte Überweisung fand vor einem Jahr statt und betrug... 450.000$" Ich schnappte nach Luft. "Wenn ich es schaffen könnte an das Geld zu kommen, könnte ich mir ein ganz neues Leben aufbauen." "Die Bank ist in Sao Paulo hast du gesagt?" Will nickte. "Ich muss aber nach Manaus, das sind locker drei Flugstunden Unterschied." gab ich zu bedenken. "Das wird nicht funktionieren." "Ich kann nachts losfliegen, am Morgen das Geld holen und abends wieder in Manaus sein. In der Zwischenzeit erledigst du deinen Auftrag." Theoretisch würde das funktionieren, meine größte Sorge war jedoch noch immer, dass die SSO Wind von Will bekam und ihm und mir üble Dinge antun konnte. "Und du denkst die SSO kriegt das nicht mir?" "Wir müssen ja nicht im selben Hotel sein und ich kann auch einen anderen Flug nehmen." Will lächelte gewinnend und sah mich erwartungsvoll an. "Du wirst kein Flugticket mehr kriegen." stellte ich fest und verprasste somit mein letztes Argument. Es war nicht so, dass ich nichts mit Will zutun haben wollte - im Gegenteil - aber ich hatte einfach Panik davor was die SSO tun würde, wenn sie es erfuhr. "Nicht, wenn ich am Flughafen noch eins kaufen kann." antwortete er und grinste mich schief an. Diese Sache war zu risikoreich! Noch immer lächelte er mich an. Warum lächelte er so? Denkt er im Ernst ich falle darauf rein Lächeln rein? Anderseits war es vielleicht an der Zeit einfach mal etwas unüberlegtes zu tun, sich einfach fallen zu lassen. "Wir können es versuchen." antwortete ich dann. Wills Lächeln wurde zu einem freudestahlenden Grinsen und er fiel mir um den Hals. "Danke" flüsterte ich an mein Ohr. Naja vielleicht war es gar nicht so schlecht, dass Will mitkam dachte ich und lächelte dann. Wir lösten uns voneinander und ich sah durchdringend an. "Wieso das Ganze eigentlich? Ich meine du kannst doch auch ohne mich einen Flug buchen und dorthin fliegen." Will antwortete nicht. "Weil... ich das nie tun würde. Ich würde es vor mich hinschieben bis es nicht mehr ginge. Und außerdem... will ich Zeit mit dir verbringen."

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Another Identity
Aksi[Teil 2] Während dem letzten Jahr wusste ich noch was gut und was böse, was recht und was schlecht war. Heute ist das nicht mehr so. Manchmal muss einem vor Augen geführt werden, dass das Gute genauso Böse wie das eigentliche Böse sein kann. Wenn...