"Kann ich dir noch etwas bringen? Einen Tee oder einen Kuchen?" fragte die alte Dame und sah mich herzlich an.
"Nein danke." murmelte ich und starrte weiter aus dem Fenster auf die Großstadt.
"Nun erzähl mal." setzte sie erneut an und ich war kurz davor innerlich genervt zu stöhen. Aber ich brauchte mich ja nicht beschweren. Ich konnte froh sein, dass meine Großtante mich überhaupt aufgenommen hatte.
"Wie war dein Flug?" fragte sie. "Von London nach Seattle. Mein Gott, ich würde das nicht aushalten. Ich habe ja so schlimme Höhenangst und Platzangst."
Ich hörte ihr nur noch mit halbem Ohr zu. Ja, Flugzeuge waren nach den letzten Erfahrungen nicht das angenehmste Transportmittel, dass ich mir vorstellen konnte.
Langsam ließ ich meinen Blick durch die kleine Wohnung gleiten. Alles war alt eingerichtet, so als wäre meine Großtante Maria im letzten Jahrhundert einfach stehen geblieben. Mein Blick blieb an einem alten Computer hängen.
"Funktioniert der noch?" unterbrach ich Maria.
"Ich denke schon. Du kannst ihn ruhig verwenden, mit so neumodischem Kram kenne ich mich eh nicht aus." erklärte sie und ich nickte freundlich.
Gefühlte Stunden später hatte ich die Kiste zum Laufen gebracht und Dank eines mehr oder weniger ziemlich dämlichen Nachbarn der sein WLAN nicht verschlüsselt hatte, hatte ich sogar Internet.
Die erste halbe Stunde war ich damit beschäftigt jegliche Nachrichtenportale nach einem Beitrag zum Flugzeugabsturz zu durchsuchen. Doch ich fand nichts. Es war als wäre der Absturz nie passiert.
Vielleicht steckte ja die SSO dahinter? Wenn der Absturz von Megans Feinden durchgeführt wurde, wollte man das vielleicht vertuschen um die Menschen nicht zu verängstigen ? Oder vielleicht weil dann die Identität der Roten offenbart werden würde, was die SSO ja unbedingt verhindern wollte. Das hatte mir Megan zumindest mal erzählt.
Megan.
Ich schüttelte den Kopf. Wie würde ich jemals wissen wie es ihr geht und ob sie in Schwierigkeiten steckt? Ihr Job war gefährlich, mehr als das sie riskierte ihr Leben mit allem was Sie tat.
Aus purer Langeweile googelte ich weiter. Ich versuche Informationen über die SSO herauszufinden, die Bombe in London, doch ich fand nichts. Irgendwann fand ich mich in einem Forum wieder.
Es war wohl nicht ganz legal, denn die Forenmitglieder diskutierten darüber wie man sie Zutritt zu Regierungsinformationen verschaffen konnte.
Die Neugier warum der Flugzeugabsturz vertuscht wurde ließ mich nicht mehr los. Einer schien besonders viel Ahnung davon zu haben.
Darken324.
Ich wusste ja, dass das nun wirklich nicht legal war aber ich hatte keine Wahl bevor ich nicht die Wahrheit kannte würde ich keine Ruhe geben können.
Zögerlich tippte ich eine private Nachricht. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich überhaupt eine Antwort erhielt war sehr gering, aber einen Versuch war es wert.
Ich starrte auf die die Zimmerdecke und lauschte dem nächtlichen Verkehr in Seattle denn man durch die dünnen Wände ungefiltert vernehmen konnte. Wie so oft seit ich hier angekommen war, ließ ich alles noch einmal Revue passieren. Ich hatte Megan getroffen, in einem Moment im dem ich es nie erwartet hätte. Sie hatte mir gezeigt, dass mir die Welt offen steht, was es heißt für sein Leben zu kämpfen.
Ich kann sie jetzt besser verstehen. Zeitweise habe ich einen Eindruck in ihr Leben bekommen und verstanden Wasser heißt in Lebensgefahr zu sein. Sie ist nicht so hart wie sie sich verhält. Sie ist genauso verletzlich wie manch anderer. Nur zeigt sie das nie. Außer in einem Moment. Der Moment am Flughafen als ihr Tränen über die Wangen liefen und als ihr Blick meinen traf, da war sie verletzlich gewesen. Doch einem war ich mir bewusst. Wo auch immer sie gerade war und an welchem Auftrag sie arbeitete, sie würde die unverwüstliche, unzerstörbare Megan sein die ich kannte.
Ein Piepen riss mich aus meinen Gedanken. Es kam vom Computer, dessen Bildschirm hell aufblinkte.
Mir schmerzenden Gliedern erhob ich mich von der alten Couch und tippte im Dunkeln Richtung Computer. Ich hatte eine Nachricht aus dem Forum erhalten. Von Darken324.
Erstaunt hielt ich die Luft an. Würde er mir helfen die Lösung des Rätsels zu finden. Zögerlich öffnete ich die Nachricht und überflog deren Inhalt.
Offenbar gab es eine Art Website im Deep Web, die mit ein paar Kniffen von jedem gelesen werden konnte. Dort wären zwar nicht total geheime Nachrichten zu lesen aber Dinge, die es meist nicht in die Medien schafften.
Im Internet fand ich eine Anleitung wie ich ins Deep Web gelangte. Das Deep Web schien so etwas wie ein verborgenes Internet zu sein. Regierungsserver und Datenspeicherung wurde dort betrieben. Allerdings gab es dort auch illegalen Handel mit Waffen, Drogen oder Kinderpornografie. Ich hatte sogar gehört, dass man dort Auftragskiller anheuern konnte.
Ich hatte wirklich den Drang dieses Deep web zu meiden, wer wusste den schon auf was ich dort stoßen würde.
Ich downloadete ein Programm, da man sowas wie ein Portal von "Surface Web" also dem Internet wie ich er kannte Deep Web zu kommen.
Eine gefühlte Ewigkeit später erreichte ich die Website von der Darken324 gesprochen hatte.
Fieberhaft suchte ich nach Aufzeichnungen über einen Flugzeugabsturz.
Doch stattdessen stieß mir eine andere Überschrift ins Auge.
"SSO-Agentin M5 weiterhin auf freiem Fuß"
Stirnrunzelnd klickte ich den Beitrag an. Was ich dort las ließ mich erschrocken aufkeuchen.
"Sohn von Roten Anhängern.... Zusammenhang mit Mord an Mitarbeiterin... Verbindung mit Ereignissen in London noch unklar..
Weitere Spezialeinheiten bereits mobilisiert...Das durfte doch nicht wahr sein. Megan war niemals Schuld an diesen Dingen. Da war etwas ganz gewaltig schief gegangen. Mir wurde abwechselnd heiß und kalt. War sie überhaupt noch am Leben? Der Gedanke ließ mich zusammen zucken. Megan war genial auf ihrem Gebiet, aber das war selbst für sie zu heftig.
Was würde mit mir passieren? Die SSO war sicherlich bereits auf der Suche nach mir. Und ich lebte hier in aller Seelenruhe bei meiner Tante.
Eins war klar. Ich musste verschwinden so schnell wie möglich. Nicht nur zu meinem Schutz sondern auch zum Schutz meiner Großtante.
Und so kam es, dass ich jener Nacht mit gepackten Rucksack durch Seattle marschierte auf dem Weg zum Bahnhof um so weit wie möglich zu verschwinden. Ob ich Megan je wieder sehen würde hatte ich bereits bei unserem Abschied bezweifelt, doch auch wenn ich es nicht wahr haben wollte war Megan in so großen Schwierigkeiten, dass ich nicht wusste wie sie das überstehen sollte.
Alles was ich tun konnte war darauf zu hoffen, dass sie lebte.
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Ich hoffe ihr seid gut ins neue Jahr gekommen! Voten & Kommentieren nicht vergessen.Ansonsten wäre es mir wirklich ein großes wenn ihr mir eure gesamte Meinung zum Buch im Kapitel "Feedback" dalasst!
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Another Identity
Action[Teil 2] Während dem letzten Jahr wusste ich noch was gut und was böse, was recht und was schlecht war. Heute ist das nicht mehr so. Manchmal muss einem vor Augen geführt werden, dass das Gute genauso Böse wie das eigentliche Böse sein kann. Wenn...