Am nächsten Wochen wachte ich auf. Mein Kopf lag auf Wills nackter Schulter während sein Arm noch immer um meine Schulter geschlungen war.
Geschockt riss ich die Augen auf und überlegte wie ich wohl am Besten von diesem Baum und von Will wegkommen konnte. Ich versuchte ein Stück von ihm wegzurutschen doch er öffnete die Augen. Verwirrt blinzelte er und sah mich dann an.
"Guten Morgen." murmelte er und lächelte mir zu.
"Äh, wir sollten weiter." murmelte ich und versuchte mich panisch von der Liane zu befreien. Will zog grinsend seinen Arm zurück.
"Kein Grund Rot zu werden." meinte er boshaft grinsend und erntete dafür einen leichten Schlag auf die Schulter seines unverletzten Armes. Wir blieben noch kurz sitzen und aßen den Rest der Schlange. Über Nacht hatte es wieder geregnet deshalb konnte ich das Wasser, dass sich auf den Blättern gesammelt hatte bequem in die Flasche leiten.
Nach unserem echt miserablen Frühstück kletterte ich mit steifen Gliedern vom Baum. Will folgte mir.
"Irgendwie tut mein Arm mehr weh als gestern." stellte Will fest und ich nahm stirnrunzelnd den Verband ab. Die Stelle wo das Krokodil ihn erwischt hatte, war rot und geschwollen. Ich legte vorsichtig meine Hand auf die geschwollene Haut. Will sog stark die Luft ein.
"Tschuldigung." murmelte ich. Wie ich schon vermutete hatte, hatte sich die Wunde bereits entzündet. Wir hatten hier aber keinen Alkohol um die Wunde zu säubern, wir hatten ja nicht mal ein Pflaster. "Lass den Verband vielleicht weg damit frische Luft hin kommt." schlug ich vor und Will nickte.
Wir schlugen uns also weiter durch den Dschungel. Mit jeder Stunde fühlte ich mich als würden wir noch langsamer vorankommen. Irgendwo zirpten Grillen, ich hörte irgendwo den Amazonas rauschen und Vögel zwitscherten. Zwischenzeitlich waren die Baumkronen so dicht, dass ich nicht mal mehr wusste ob wir in die richtige Richtung gingen. Mehrmals kletterte ich auf Bäume um den richtigen Ausblick zu haben. Ich zwang mich nicht daran zu denken, dass das alles umsonst sein könnte, würden wir kein Handyempfang bekommen.
Wir schleppten uns weiter. Will war genauso erschöpft wie ich, doch ich gönnte uns keine Pause. Wir mussten es schaffen und so weit wie möglich kommen. Einmal stolperte ich über eine Wurzel - ganz zu Wills Erheiterung. Wenigstens hatte er was zu lachen. Alles war feucht hier. Die Luft war nass. Sobald man sich bewegte wurde einem unendlich warm.
Zu Essen hatten wir auch fast nichts mehr. Ich warf einen Blick auf die Uhr. Wir waren schon seit vier Stunden unterwegs und ich hatte das Gefühl wir würden einfach nicht weiter kommen. Eigentlich wäre ich viel lieber über eine Stromschnelle geschwommen, die schon seit geraumer Zeit parallel zu unserem nicht existierenden Pfad verlief, doch das Wills Wunde eh schon entzündet war wollte ich ihm das nicht auch noch antun.
Einmal machten wir Pause. Wir aßen den allerletzten Rest der gebratenen Schlange und gingen dann weiter.
Es war frustrierend. Überall hingen Blätter, Farne und Sträucher herum, die einem den Weg versperrten. Für einen Naturmenschen wäre das vermutlich das Paradies gewesen, doch mich ließ das völlig kalt und trieb mich eher noch in den Wahnsinn. Ich mit meinem kleinen Messer hatte echt Probleme voranzukommen. Außerdem waren überall Insekten. Sie schwirrten einem um den Kopf, flogen ständig ins Gesicht, bevorzugten dabei die Augen, sodass ich mit einer Hand das Messer hielt und mit der anderen die lästigen Moskitos abwehrte. Bei unserem Glück würden wir uns noch mit Malaria oder anderen tropischen Krankheiten infizieren.
Einmal stach ich mich sogar an einem komischen Stachel, doch da ich eine halbe Stunde später noch immer auf den Beinen war, machte ich mir keine Sorgen über eventuell enthaltenes Gift. Als ich gegen 14:00 Uhr erneut auf einen Baum kletterte um den Berg zu sehen, musste ich frustriert feststellen, dass er noch immer genauso weit entfernt war, wie noch vor über fünf Stunden. Irgendwann konnte ich nicht mehr und ich musste die enttäuschende Realität über unsere Chancen erfahren. Ich hatte ja keine Ahnung, dass noch zwei solche Tage vor uns liegen sollten.
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Another Identity
Action[Teil 2] Während dem letzten Jahr wusste ich noch was gut und was böse, was recht und was schlecht war. Heute ist das nicht mehr so. Manchmal muss einem vor Augen geführt werden, dass das Gute genauso Böse wie das eigentliche Böse sein kann. Wenn...