Irgendwann richtete ich mich auf. Obwohl ich nicht geschlafen hatte fühlte ich mich etwas besser. Immerhin konnte ich wieder klar denken. Zum ersten Mal sah ich mich aufmerksam um. Vor uns lag der Amazonas, wo nun nicht mal mehr Wrackteile trieben. Es war, als wäre dieser Absturz nie passiert. Der Fluss hatte das ganze Flugzeug verschluckt.
Ich drehte mich um. Wir lagen auf einer kleinen Art Sandstrand, der gerade mal zwei Meter breit war. Dahinter ragten riesige Bäume in die Luft. Ich wandte mich wieder zum Amazonas und ließ den Blick am Ufer entlang schleifen.
Die Baumkronen ragten in den Himmel und bildeten ein undurchsichtiges Geflecht. Man sah nur wenige Meter in das Dickicht des Waldes hinein bevor eine Wand aus Blättern, Lianen und Ästen eine kaum durchdringbare Wand bildeten. Inmitten dieses Gebüschs würde man wohl keine drei Meter weit sehen würden.
Irgendwo in der Ferne schrie etwas, vermutlich ein Affe. Ich hatte mal gelesen, dass die Rufe der Brüllaffen mehrere Kilometer weit hörbar waren.
Ich drehte meinen Kopf weiter bis ich die volle Umgebung betrachtet hatte.
Keine Häuser, Städte oder auch nur ein Anzeichen menschlichen Lebens. So langsam bekam ich Panik und der eigentliche Ernst unserer Lage schien mir bewusst zu werden. Wir waren mitten im Tropischen Regenwald. Alleine. Als einzige Überlebende eines Flugzeugsabsturzes.
In fünf Jahren als Geheimagent saß ich wohl noch nie so tief in der Scheiße. Wir waren mitten im Nirgendwo! Niemand würde nach uns suchen! Ich sah zu Will.
Mal wieder hatte ich ihn in Schwierigkeiten gebracht. Der Arme.
Ich rüttelte ihn leicht an der Schulter. War er eingeschlafen? Er drehte sich zu mir herum. Nein, er war die ganze Zeit wach gelegen und hatte in den Urwald gestarrt.
Unter normalen Umständen hätte ich das verdammt, wirklich verdammt gruselig gefunden.
"Wie sieht es aus?" fragte er mir rauer Stimme.
"Schlecht um ehrlich zu sein." gestand ich und er nickte.
"Was sollen wir tun?" fragte er dann. Ich wusste wie man überlebte - in der zivilisierten Welt voller Killer und Krimineller, doch mitten im Urwald war ich als ordnungsliebender Mensch echt verloren.
Kurz überlegte ich. "Man wird bestimmt nach diesem Flugzeug suchen. Also schlage ich vor, dass wir versuchen einige Signalfeuer anzuzünden."
"Denkst du man wird überhaupt nach uns suchen?" fragte Will und zog die Augenbrauen hoch.
"Es bleibt uns nichts anderes übrig als das zu hoffen." antwortete ich.
"Weißt du wie spät es ist?" fragte ich Will und zeigte auf seine Uhr, von der ich wusste das sie wasserfest war.
"Halb 12" Wir mussten schon seit Ewigkeiten hier liegen.
"Ich will die Nacht nicht hier draußen verbringen." gab ich zu.
"Hier taucht bestimmt bald ein Rettungsflugzeug auf." versuchte Will mich zu ermutigen. Süß. Dabei sah er selbst alles andere als beruhigt aus.
Zuerst begannen wir den Inhalt meines Rucksacks zu durchsuchen. Mein "privates" Handy war durch das Wasser natürlich nutzlos, doch das SSO-Handy funktionierte noch.
Leider hatte ich keinen Empfang und da ich den Akku schonen wollte schaltete ich es aus.
Außerdem hatte ich dabei: Geld, ein Messer, Make up Täschchen, eine Flasche Wasser, eine Jacke, einen Schal, IPod (Kaputt), einige Ladekabel, ein Feuerzeug und einen Müsliriegel. Nicht gerade die beste Ausbeute. Ich hoffte, dass wir hier nicht die Nacht zubringen mussten. Essen hatten wir ebenfalls keines und der Müsliriegel würde uns wohl nicht lange satt machen.
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Another Identity
Action[Teil 2] Während dem letzten Jahr wusste ich noch was gut und was böse, was recht und was schlecht war. Heute ist das nicht mehr so. Manchmal muss einem vor Augen geführt werden, dass das Gute genauso Böse wie das eigentliche Böse sein kann. Wenn...