Die Stimme klang ganz entgegen meiner Erwartungen freundlich und weich. Vor mir stand ein Mann der Mitte 20 sein musste.
"Ich wollte sie nicht erschrecken." meinte er und lächelte als ich ihn noch immer erschrocken anstarrte. Er kannte mich offensichtlich nicht und wusste nicht, dass ich ausgebrochen war. Mein Glück.
"Ich sehe mir nur gerne den Nachthimmel an." meinte ich ausweichend und hoffte, dass das glaubhaft erschien. Dann kam mir kam eine Idee.
"Und verlaufen habe ich mich auch." stellte ich lächelnd fest.
"Ich kann Sie zurückbringen." meinte der Arzt aufmunternd und ich lächelte.
"Oh das wäre toll."
"Wohin müssen Sie denn?"
"Zimmer 425, Chirurgie."
"Na, dann kommen Sie mal mit." meinte er und bedeutete mir ihm zu folgen. Ich tat wie mir geheißen und konnte mein Glück kaum fassen. Jetzt musste ich mir nur noch überlegen, wie ich ihn loswurde.
"Weshalb sind Sie eigentlich hier?" fragte der Arzt mit dem schwarzen Haaren und der gebräunten Haut vor mir. Ein gebrochener Fuß war unrealistsch, während ich neben ihm herlief, und da ich weder einen Verband noch sonst etwas vorzuweisen hatte murmelte ich:
"Ähh...Nierensteine." und hätte mich dafür am liebsten selbst geschlagen, mir war wohl bewusst, dass Nierensteine nicht gerade ein Problem waren mit dem sich 17-jährige Mädchen herumschlugen.
"Aha." war die leicht verwirrte Antwort. Ich beschloss nicht weiter mit ihm zu sprechen. Stattdessen umklammerte ich die Spritze, die ich unter meinem Nachthemd verbarg. Ich würde sie ihm die in den Hals jagen bevor er Wind von der Sache bekam, die ich hier abzog.
"Da wären wir." meinte er freundlich und zeigte auf eine Tür.
"Vielen Dank." lächelte ich und trat einen Schritt auf ihn zu.
"Es tut mir leid." murmelte ich und ehe der Mann überhaupt realisierte was ich gesagt hatte, rammte ich ihm die Spritze in den Hals und drückte den Inhalt heraus. Sein Kopf sackte nach hinten weg und ich hatte alle Hände voll zu tun ihn aufzufangen, sodass er nicht auf dem Boden aufschlug.
Ohne zu Überlegen zerrte ich ihn das Zimmer. Von außen ließen sich die Türen problemlos öffnen. Ich stieß den bewusstlosen Arzt in das dunkle Zimmer und lehnte mich gegen die Tür. Dann hörte ich das Rascheln von Stoff irgendwo in der Dunkelheit. Ich hielt die Luft an. Vielleicht war ich gar nicht in Wills Zimmer gelandet? Vielleicht war Will gar nicht mehr hier? Langsam taste meine Hand an der Wand nach einem Lichtschalter. Licht flammte auf.
Mein Herz setzte einen Schlag aus. Will saß auf dem Bett und sah mich an. Er sah gut aus. Kein Vergleich zum letzten Mal als ich ihn gesehen hatte. Sein Gesicht war nicht mehr so knochig, seine Augen wirkten wach und aufmerksam. Ich versuchte seinen Blick, seinen Gesichtsausdruck zu deuten. Erkannte er mich? Wusste er wer ich war?
Langsam trat ich einen Schritt nach vorne.
"W-Will?"
Meine Stimme zitterte und war brüchig. Seine Augen schienen keine Reaktion zu zeigen. Verstand er mich überhaupt? Ich merkte wie sich ein Kloss in meinem Hals bildete. Noch immer sah er mich an, ausdruckslos, wie eine Unbekannte. Ich schluckte. Er wusste es nicht mehr. Er kannte mich nicht mehr. Er hatte mich vergessen. Ich merkte wie mir Tränen in die Augen stiegen. Was war das hier? Was wollten die von uns? Was hatten sie ihm angetan? Ich starrte auf den Boden, den Anblick eines Wills der mich für eine Fremde hielt konnte ich kaum ertragen.
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Another Identity
Action[Teil 2] Während dem letzten Jahr wusste ich noch was gut und was böse, was recht und was schlecht war. Heute ist das nicht mehr so. Manchmal muss einem vor Augen geführt werden, dass das Gute genauso Böse wie das eigentliche Böse sein kann. Wenn...