Kapitel 6

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Ich wollte gerade ein neuen Versuch starten, als ich plötzlich herum gerissen wurde und seine Lippen auf meine spürte.

Ich blieb erschrocken an seiner Brust liegen und presste meine Lippen fest zusammen, da ich den Kuss nicht erwidern wollte. Ich drückte meinen Mund weg und stand schnell auf. Ich hörte ihn etwas leise murmeln und schaute vorsichtig zu ihm runter. Er rieb sich verschlafen die Augen, drehte sich auf die andere Seite und schlief wieder ein.

'Gott sei dank! Er hat nicht bemerkt, dass er mich geküsst hat.'

Wie peinlich wäre es, wenn er nach diesem Kuss aufgestanden wäre?

Ich schaute mich ablenkend im Häuschen um und entschied mich, mich frisch zu machen.

Nach dem ich diese Aufgabe erledigt hatte, ging ich zu Dastan rüber, der zu meiner Überraschung wach lag und mich wahrscheinlich die ganze Zeit über beobachtete.
Ob er sich erinnern kann?

Ich analysierte seine Mimik, doch er hatte diese so gut im Griff, dass ich nichts als pure Langweile entdeckte.

"Können wir nicht losfahren?", fragte ich ihn, denn ich wollte so schnell wie möglich raus hier. Ich wollte einfach nicht mehr alleine mit ihm in der Hütte sein. Ich vertraute ihm immer noch nicht, erst recht nicht nach diesem Kuss. Er schaute mir Sekundenlang schweigend in die Augen und stand langsam auf. Ich senkte den Kopf, da mir die Hitze in die Wangen stieg.

"Hast du noch Wasser?", fragte er mich zu meinem Glück.

"Ja, ich habe etwas aus dem Auto geholt."

Ich hielt im die halbvolle Flasche hin und fing an unsere Sachen einzupacken. Ich versuche dabei so gut wie möglich Dastan zu ignorieren. Sobald ich die Sachen fertig gepackt hatte, ging ich mit den Autoschlüsseln zum Auto und wartete dort drin auf Dastan.

Nach einigen Minuten kam er auch schon und startete den Motor kommentarlos.

**

"Wir sind da", sagte Dastan und zeigte auf ein Herrenhaus.

Hier wohnt also mein Opa. An Geld mangelt es ihnen ja nicht.

Ich stieg aus und ging mit Dastan zur Haustür, die uns im selben Augenblick von einem Dienstmädchen aufgemacht wurde. Diese lächelte mich schüchtern an und senkte, sobald sie Dastan sah, hektisch den Kopf. Sie nahm uns die Jacken ab und lief, mit einem letzten angstvollen Blick in Richtung Dastan, weg.

Ich schaute ihr verwundert hinter her. Warum sie solche Angst vor Dastan hatte. Ich wurde von einem gleichmäßigen Klopfen unterbrochen. Verwundert schaute ich zu Treppe, von wo das Klopfen herkam. Ein alter Mann tauchte auf, gestürzt von einem Gehstock.

"Ihr seid endlich da! Wir haben uns solche Sorgen gemacht. Warum wart ihr gestern nicht schon da? Die Fahrt dauert doch nicht so lange, dass ihr die ganze Nacht dafür braucht.", sagte der alte Mann, ohne sich überhaupt vorzustellen.

Ich ging, ohne auf Dastan zu achten, langsam die Treppen hoch und blieb vor dem Mann stehen. Ich habe mich also nicht geirrt. Das ist der Vater von meiner Mutter. Mein Opa. Meine Mutter sah aus wie er. Man konnte die Ähnlichkeit nicht übersehen. Meine Augen füllten sich bei dem Gedanken an meiner Mutter. Sie würde wollen, dass ich ihnen alle eine zweite Chance gebe.

Ich versuchte den dicken Kloß in meinem Hals runter zu schlucken und ging die letzten Schritte auf ihn zu.

"Opa?"

Plötzlich brach mein Opa in Tränen aus und nahm mich fest in die Arme. Immer wieder entschuldigte er sich, dass er nicht für meine Mutter und mich da war. Das er alles, wenn er könnte, ändern würde und mich nie wieder alleine lassen würde.

Wir hörten nicht die schweren Schritte auf den Treppen.

"Du kannst dir die Schauspielerei sparen, Cousinchen. Und du die Tränen, Opa.", giftete eine kalte Stimme.

Ich drehte mich sauer zu Dastan um, der diese Worte gefühllos aussprach.

"Wie kannst du nur?"

"Zara, mein Kind, lass ihn reden. Ich sehe mich in ihn wieder. Als junger Mann, war ich auch so sturköpfig und emotionslos. Doch lass dir eines gesagt sein, Dastan. Wenn du ein alter Mann bist, wie ich es heute bin, so wirst du dich nicht für deine Tränen schämen.", schnifte er.

Eine weiter Person tauchte neben uns auf. Sie wurde mir als meine Großtante vorgestellt. Sie führte mich auf mein Zimmer und ging, nachdem sie sich versicherte das ich schlief, aus dem Zimmer.

Herz aus Eis (Abgeschlossen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt