Kapitel 48

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Heute war der große Tag. Meine Verlobung! Müde streckte ich mich im Bett und starrte gedankenverloren an die Denke. Würde Opa sehr enttäuscht sein? Was war mit Dastan. Würde er erleichtert sein, mich los zu werden, oder würde seine Stolz verletzt sein, da sein 'Besitz' vor ihm geflüchtet ist?

Immer wieder wechselte sich meine Körpertemperatur von kalt zu warm. Wieder war mir zum weinen zu mute, doch mir kam keine einzige Träne hoch. Die vergangene Nacht flossen schon unzählige Tropfen. Ich musste all das verlassen, was mir am liebsten war. Ich musste Dastan freigeben und ihm sein Glück lassen. Das Schicksal wollte wohl nicht, dass wir zueinander gehören. Vielleicht konnte ich ihm irgendwann begegnen, ohne dass die Gefühle mich überfluteten. Vielleicht konnte er mir in einigen Jahren verzeihen und meine Entscheidung gutheißen.

Mit Naif war alles geklärt und abgesprochen. Er würde mir, auf der heutigen Feier, helfen zu verschwinden. Auch wenn er Anfangs dagegen war, so konnte ich ihm mit meinen Argumentem umstimmen. Wir beide taten es für Dastan.
Die Abschiedsbriefe hatte ich schon gestern Nacht angefertigt und zurückgelegt, um sie später in den jeweiligen Zimmern zu legen. Ich würde es nicht über mich bringen, ohne ein Wort zu verschwinden und es ihnen persönlich zu sagen, konnte ich ebenso nicht. Ich wusste, dass sie mich umstimmen und ich dies zulassen würde.
Meine Tür wurde laut aufgerissen und ließ mich aufschrecken.

"Zara, aufstehen. Heute steht dir ein großer Tag bevor. Wir müssen noch so vieles erledigen, bevor die Gäste um 19 Uhr eintreffen.", sprudelte es freudig aus Tante Rosis Mund.

Da das Haus groß genug war, fand unsere Verlobung hier statt.
Widerwillig stand ich auf und lief ins Bad. Dort unterzog ich mir ein heißes und wohlwollendes Bad. Ich ließ das heiße Wasser auf meine Haut prallen und bewegte mich nicht. Ich wollte nicht denken. Nicht heute!
Meine Haut schien zu verbrennen, doch das interessierte mich nicht sonderlich. Ich wollte vergessen.
Nachdem ich fertig war zog ich mir erst lockere und bequeme Kleidung an.

"Ach, da bist du schon. Du musst noch frühstücken, bevor die Kosmetikerin und Friseurin kommen.", rief Tante eilig und zog mich hinter sich her.
Augenrollend ging ich ihr hinterher und sah mich im Haus um.
Überall waren Bedienstete am putzen und dekorieren.

Ob ich den Tag noch lebend überstehe?

"Oh, du meine Güte! Zara, nein, nein, wir müssen schnell ins Esszimmer... Ja, ja, dass müssen wir.", rief sie theatralisch.

Mehrere Fragezeichen bildeten sich in meinem Kopf und verständnislos sah ich sie an. Da wollten wir doch gerade hin.

"Tante fühlst du dich auch gut?", fragte ich besorgt.

Diese nickte eifrig und zog mich mit sich. Im Esszimmer angekommen verschlug mir dort die Überraschung den Atem. Eine riesige Torte stand mitten im Zimmer und es wimmelte nur so von Herzballons und Rosenblätter.

"Happy Birthday to you. Happy Birthday to you. Happy Birthday dear Zara. Happy Birthday to you.", sangen Tante Rosi, Opa und all die Bediensteten.
Mein Opa stand mit etwas Mühe von seinem Stuhl auf und kam auf mich zu.
Fest nahm er mich in die Arme und gratulierte mir noch einmal.

Ein breites Grinsen schmückte mein Gesicht. Vor lauter Gedanken und Ängste, vergaß ich vollkommen meinen 20 . Geburtstag. Wenigstens etwas Sonnenlicht in meinem inneren Orkan. Voller Freunde setzte ich mich zu den Anderen und schnitt die Torte an. Nur für einen Moment durfte ich all die Probleme vergessen.

Die Zeit verging viel zu schnell. Schon stand ich fertig frisiert und geschminkt vor dem Spiegel und begutachtete mich. Die Kosmetikerin und Friseurin hatten sich deftig ins Zeug gelegt. Meine Haut schien makellos zu sein und feine Locken umrahmten mein Gesicht. Mein restliches Haar wurde leicht hoch gesteckt.

Mein Kleid schmiegte sich an mir, wie eine zweite Haut. Ich erkannte mich selbst nicht. Wer war diese Person, mit den leblosen Augen? Nur meine Augen verrieten meine echten Gefühle.
Wieder war ich in Gedanken bei alldem, was mir bevorstand.

Mein Taxi würde um Punkt 23:00 Uhr an der Straße auf mich warten. Alles war mit Naif exakt abgesprochen.
Ich hörte ein leises Klopfen.

"Ja", gab ich abwesend von mir und sah mich immer noch unglaublich im Spiegel an.
Plötzlich erschien Dastan hinter meinem Spiegelbild und schloss leise die Tür hinter sich. Ich drehte mich in seine Richtung und sah ihn mir genauer an. Er war ein Traum jeder Frau, auch meiner. Wie gesagt nur ein Traum, denn mir würde er niemals gehören.

"Wir sollen runter gehen. Es sind schon alle da. Sie warten nur noch auf uns.", berichtete er, nachdem er mich einige Sekunden schweigend ansah.

Traurig verzog ich meine Mimik. Nicht einmal ein nettes Wort bekam ich von ihm. Hasste er mich so sehr? Ich ging mit gesenkten Kopf zu ihm und wollte aus der Tür, als er mich plötzlich aufhielt. "Du sieht atemberaubend schön aus!", murmelte er und gab mir einen zärtlichen Kuss auf die Wange. Tränen bildeten sich in meinen Augen. Die Gefühle tobten wild in mir drin, doch ich musste all dies unterdrücken. Für ihn.

Er ließ seine eine Hand über mein Dekolleté gleiten und hinterließ kalte Spuren auf meine Haut, welches mir eine Gänsehaut verbreitete. Ich schloss abrupt die Augen und warte bis das Gefühl verschwand, doch es ließ nicht nach.

"Willst du es dir nicht ansehen?", flüsterte mir Dastan in das Ohr.

Zögernd öffnete ich die Augen und wurde von ihm zum Spiegel gedreht.
Mein Blick fiel auf eine Kette, die ich davor nicht trug. Beim genauen hinschauen sah ich, dass die Kette wieder mit blauen Saphiren besetzt war. Tat er das mit Absicht?
Wollte er mir weh tun?
Ich spürte wie heiße Tränen über meine Wangen flossen.

"Sie ist wunderschön. Aber ich kann sie nicht annehmen.", hauchte ich zitternd.

Ich sah Dastan von Spiegel an, der direkt hinter mir stand und eine Hand auf meine Schulter legte.

"Herzlichen Glückwunsch, Zara.", gratulierte er mir und schlang die Arme um mich. Ich schloss für einen Moment die Augen, lehnte mich an Dastans Brust und stellte mir vor, dass ich die Frau wäre, die er liebte.
Widerwillig löste ich mich von ihm, lächelte ihn noch einmal zögernd zu und und drehte mich weg vom Spiegel.

"Wir sollten zu den Gästen.", flüsterte ich heiser.

Zusammen gingen wir runter und begrüßten gemeinsam die zahlreichen Gäste. Wir nahmen fröhlich gespielt die Glückwünsche an und tanzen mehrere Male zusammen. Auch hier spielte ich die glückliche Verlobte. Mittlerweile war Naif auch schon da und schaute mich immer wieder verzweifelt an. Hatte er seine Meinung geändert? Mehrmals warf ihm ihm fragende Blicke zu, doch er ignorierte sie zu meinem Ärger.

Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es 22:30 Uhr war. Eine halbe Stunde noch. Ich entschuldigte mich bei Dastan, dass ich Kopfschmerzen hätte und mich für eine Weile hinlegen wollte. Erstaunlicherweise stimmte er mir sofort zu, ohne ein Kommentar abzugeben. Da ich seit letzter Woche mehrmals andeutete Migräne zu haben, entschuldigte mich Tante Rosi bei Allen und begleitete mich bis zur Treppe.

Jetzt würde mich keiner mehr aufhalten.
Ich musste mein Plan in die Tat umsetzten!

Herz aus Eis (Abgeschlossen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt