35. Kapitel

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Ein Anruf erreichte mich, der mich sofort aus all meinen Gedanken riss und mich in meinen Wagen springen ließ. Ich sagte Leo, sie sollte jemand fahren, wenn sie bereit war. Doch ich musste sofort los,konnte nicht einmal vor einer roten Ampel halten und raste an diesen vorbei. Die Leute hupten mir hinterher, doch es war mir mehr als nur egal.

An dem großen Gebäude angekommen stieg ich aus und rannte hinein.Voller Hoffnung auf Besserung.

Als ich die Treppen überwunden hatte und in das Zimmer lief, fiel mir ein Stein vom Herzen. Es war wirklich wahr, er war wach.

Sein Blick war an das Fenster gerichtet und ich ging mit etwas schweren Schritten auf ihn zu, nahm mir einen Stuhl und setzte mich zu ihm. Sein Rücken war an mich gewandt und ich wartete geduldig darauf, dass er sich von selber an mich wandte.
Es dauerte wirklich nicht lange bis er sich regte und ich sein Gesicht sehen konnte. Er lächelte mich gequält an. ''Du lächelst selten'', sagte ich ihm und lächelte ebenfalls. ''Du aber auch'',antwortete er krächzend.
Sein Körper zitterte immer noch ununterbrochen und ich hatte es schon bemerkt, als ich das Zimmer betrat.

''Brauchst du wieder Stoff?'', fragte ich, in der Hoffnung, ihm helfen zu können. Doch er schüttelte den Kopf und es wunderte mich.Es war mir neu, dass Nelson keinen Stoff wollte. Sein ganzer Körper war am zittern und ich vermutete, dass man ihm beim Essen und Trinken helfen musste..Dazu fähig diese Sachen alleine zu erledigen, sah er nämlich nicht aus.
Er legte seinen Kopf zurück und sah zur Decke ''Ich will damit aufhören. Ich bin hier fast gestorben, wie ich erfahren durfte.'', ich ließ ihn reden und unterbrach ihn nicht.Es sah aus, dass er nicht im Bett liegen würde, sondern irgendwo herumgeistern. In seinem Inneren.

''Der Unfall ging so schnell, ich konnte gar nicht reagieren. Mein Leben ist an mir vorbei gezogen und das meiste was ich gesehen habe,waren Drogen. Drogen hier, Drogen dort. Ich bin besessen davon'', ich hatte so viele Fragen, was ihn dazu brachte, in diese Sucht zu verfallen, wieso er es tat. Doch meine Fragen würden sich von selbst beantworten.

''Weißt du, mein Bruder..'' und jetzt war ich aufmerksamer als je zuvor, er redete nie über Familie. Er sagte mir immer 'Meine Vergangenheit interessiert nicht, seh mich als Nelson im Jetzt' und so tat ich es auch. ''...er war nicht all zu nett zu mir. Mein Vater trank und meine Mutter war nie Zuhause. Ich weiß nicht einmal, ob ich mit meinem Bruder zu 100% Blutsverwandt bin.''
Er stockte jetzt, brachte kein Wort von sich. Er suchte nach seinen Worten, die er wählen wollte. Das war ich von ihm nicht gewohnt,normal griff er nach Worten, die vor ihm in der Luft hingen.

''Als alles schlechter wurde, bin ich von Zuhause weggelaufen. Ich hab bei meinem Onkel gewohnt und ihm bei allem geholfen, was ich nur konnte. Mein Onkel ist eher mein Vater. Er war für mich da, hat mich nicht geschlagen und nicht mit Flaschen nach mir geworfen'', er redete immer weiter, ohne sich von drum herum stören zu lassen.

''Die Schule lief gut, da mir mein Onkel geholfen hat. In der Schule,in dem ich mich auf meinen Traumberuf, Psychologe, vorbereitete, fing es alles an. Ich nahm Drogen, denn es wurde so viel. So viele Menschen sind Psychisch krank und ich soll ihnen Allen helfen? Ich wusste, dass ich das nicht konnte also fing ich an, mir von Klassenkameraden, Drogen zu holen. Mein Onkel wusste das ganz genau,doch er ließ mich in Ruhe. Machte nur Andeutungen, dass ich aufhören sollte, doch ich tat es nicht''

Es folgte eine längere Pause.

''Und als ich an diesen Alltag gewohnt war, hab ich dich gesehen. Wie du diese 3 Typen brutalst verprügelst und entfernst. Ich hab deine Psyche nicht verstanden, wollte wissen wie du tickst.
Mir kam die Idee mit dem Team, ich bin dir in der Nacht gefolgt, bis zu bei dir Zuhause ankamst.
Und jetzt bist du mein Bruder, Owen.''

Mir stockte der Atem und ich wusste nicht was ich sagen sollte. Das war der Nelson der Vergangenheit. Der Nelson, der sich vor mir versteckte und sich nicht Preis gab.
''Ich bin froh, dass du damit aufhörst. Du bist auch mein Bruder und das weißt du hoffentlich. Aber darf ich fragen, was du aus meiner Psyche schließen konntest?''

Er schüttelte nur etwas den Kopf ''Ich bin mir nicht sicher, aber du scheinst gebrochen. Ganz tief im Innern. Wütend, kochend vor Wut.''
Nachdem er diesen Satz aussprach, brodelte es in mir auf.Das Schauspiel vor meinen Augen, wie der Wagen ausholte und den anderen so sehr traf, dass er sich nicht halten konnte.

''Ich werde dich Rächen'', knurrte ich auf, blind vor Wut. Ich konnte Logan blutverschmiert vor mir auf dem Boden sehen. Wie er zitterte, das gleiche Zittern, das Nelson hatte. Doch sein Zittern kam durch die Furcht, die er vor mir hatte.
Nelson schloss seine Augen, ''Kannst du mir wenigstens etwas positives Berichten?''
Und da fiel mir wieder der Rest der Welt ein, die andere Seite der Medaille. ''Leo hat einen gesunden Sohn zur Welt gebracht und mir dabei fast die Hand abgeklemmt'', der Schwache vor mir auf dem Bett lachte erfreut und gleichzeitig amüsiert auf.

''Wie heißt er?''
''Marcel''
''Schöner Name''.
Und wieder herrschte diese Stille, die nicht unangenehm aber auch nicht gerade entspannend war.

''Sie kommen später vorbei.. Alex hat ja angerufen, war sie schon hier?'', er nickte leicht. ''Sie hat mir Pralinen gebracht, aber ich kann mich nicht so gut beherrschen, dass ich sie alleine Essen könnte'', ich seufzte. Es war mir etwas unangenehm zu fragen, oder es gar auszuführen. Doch nachdem er zugestimmt hatte, nahm ich die Packung und fütterte ihn damit.
Er genoss es und ging mir damit auf die Nerven, zu meinen, ich wäre ein guter Diener. Ich wehrte mich nicht und lachte nur über dummen Witze.
Als er genug hatte, legte ich die Schachtel zur Seite und er suchte nach einem Thema, mit dem er mit mir hätte reden können.

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Wir mussten nicht lange warten, bis es an der Tür klopfe. Davor hatten wir über ein paar Dinge geredet.
Die Tür wurde geöffnet und Leo war nicht alleine, hinter ihr kam auch Chelsea hinein und lächelte in unsere Richtung. Leo hatte die Schale dabei und ich konnte meinen jungen Mann erkennen. Er machte mich wirklich unendlich stolz.

Sofort hatte Nelson sich aufgesetzt und sah in die Richtung von den Dreien. Ich wollte ihn schon herunter drücken, doch ich ließ ihn einfach. Wenigstens eine Sache sollte ihn freuen.

Leo stellte die Schale zu ihm auf das Bett und nahm Marcel vorsichtig heraus. Nelson sah ihn mit großen Augen an, während sein Körper immer noch zitterte. Er nahm Marcel entgegen, als Leo ihn, ihm gegeben hatte. Er sah den kleinen an und sein Blick wandte sich dann strahlend an mich.
Es kam mir vor, als hätte ihn das Koma geändert, denn so glücklich hatte ich ihn nie erlebt. Ich glaubte jetzt an Wunder, aber nicht an einen Gott. Dieser hatte damit nichts zu tun.

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Der Tag zog sich in die Länge, bis die Besucherzeit wieder vorüber war. Vor unserem Wagen verabschiedeten wir uns noch von Chelsea und fuhren gemeinsam nach Hause.
Zuhause legte sie Marcel in sein Bettchen und gingen dann miteinander schlafen.
Es dauerte zwar noch. Aber ich fieberte auf den Moment zu, in dem ich ihn bluten sah.



My RevengeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt