Chapter 1

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PoV: Dylan
Es ist 6:40 Uhr am Morgen. Mein Wecker versuchte mich schon seit zehn Minuten aus dem Bett zu bekommen, doch mein Körper wollte sich keinen Zentimeter bewegen. Es war so schön warm unter meiner Decke und ich hatte absolut keine Lust auf Schule. Okay, wer hatte das Monatagsmorgens schon? Der einzige Grund, warum ich vielleicht aufgestanden wäre, wäre vielleicht meine große Schwester Julia gewesen. Sie ist 16 Monate älter als ich, ja ich bestand darauf die Monate und nicht die Jahre zu zählen, und wollte mich heute Morgen zurück zum Internat fahren.
Ich ging auf ein Internat, das speziell für Schüler geeignet war, die sich für die Musik und die Schauspielerei begeisterten. Als ich noch auf meine alte Schule ging, habe ich bei einer kleinen Schulaufführung mitgemacht und habe die Hauptrolle gespielt. Aus Zufall saß im Publikum ein Vertreter des Internates auf das ich jetzt ging und hatte mir ein Stipendium angeboten. Damals war ich in der siebten Klasse gewesen.
Meine Eltern wussten schon viel früher von diesem Internat und hatten immer den Traum mich dort hingehen zu lassen, doch wir waren eine durchschnittliche Familie und hatten das Geld einfach nicht dafür.
Den Gedanken an Julia schob ich jedoch beiseite, warf meinen Wecker an die nächst beste Wand, damit auch dieser Ruhe gab und vergrub mich wieder unter meiner Decke. Doch plötzlich wurde die Tür aufgerissen, eine Person rannte durch mein Zimmer, öffnete das Fenster und machte das Licht an. Die kalte Winterluft blies herein und ließ meinen ganzen Körper gefrieren, so fühlte es sich jedenfalls an. Ich hatte unter meiner Decke nämlich nur eine leichte Boxershorts und ein Tanktop an. "Aufstehen, Brüderchen! Ich will endlich deine Schule einmal wieder sehen! Ich war schon so lang nicht mehr dort...", sagte eine helle Stimme zu mir. "Mach' das verdammte Fenster zu, Julia!", schrie ich meine Schwester an und fing an zu zittern. Ich liebte meine Schwester wirklich sehr, doch im Punkt Aufwecken, war sie die reinste Hölle. "Ach Brüderchen! Du musst nicht immer nur Boxershorts und Tops tragen! Die Frauen rennen dir auch so schon hinterher!", flüsterte sie spielerisch und grinste zu mir herunter. Ich schlug die Decke von meinem Kopf und sah sie mit einem Hasserfüllten Blick an. "Tja, nur dumm, dass mich Frauen nicht das geringste interessieren. Mit ihren ständigen Stimmungsschwankungen und ihrer komischen Sprache, die sowieso kein Kerl versteht! 'Ja' heißt 'Nein', 'Nein' heißt 'Ja', 'Vielleicht' heißt 'Auf keinen Fall'. Da sind Männer doch schon viel unkompliziertere Geschöpfe!", stritt ich den letzten Kommentar meiner Schwester ab. Ja es stimmt, ich stand auf Männer, ich war schwul. Aber wenn man ehrlich ist, stimmt es doch auch. Männer waren so viel unkomplizierter! Meine Schwester grinste mich wieder über beide Backen an, zog mir nun die ganze Decke weg und zog mich auf die Beine. "Geh jetzt duschen und dich anziehen! Ich will schnell los!", forderte sie mich auf und ich tat, was mir befohlen wurde.
Unter der Dusche dachte ich über die letzte Konversation nach. Julia war die einzige mit meiner Familie, die wusste wie ich im Punkt Beziehungen und Liebe stand. Ihnen gegenüber ging ich damit total offen um und schwärmte mit meiner Schwester mit, wenn ein heißer Schauspieler in unserer Lieblingsserie auftauchte. Doch vor meinen Freunden traute ich mich nicht einmal einem Mann hinterher zu schauen oder gar überhaupt irgendwo hinzusehen, wo ein männliches Wesen sein Unwesen trieb. Ich war davon überzeugt, dass Kaya und Rosa Verdacht schöpften, schließlich waren sie Frauen, meine besten Freundinnen und auch nicht gerade blind, doch gegenüber Ki Hong und Will wollte ich das erst recht nicht ansprechen. Vor allem gegenüber Will nicht, denn er war nicht besonders gut auf homosexuelle zu sprechen. Er war nicht homophob und machte diese Menschen fertig, doch er wollte und musste es nicht unbedingt sehen. Dazu hätte er immer Angst, dass diese Person heimlich auf ihn stehen könnte und sich Dinge im Kopf ausmalte, die er sich gar nicht erst vorstellen wollte. Das hatte er mir einmal gesagt, als ich unauffällig dieses Thema angeschnitten hatte. Ich musste zugeben, Will war wirklich nicht schlecht, doch meinen Typ traf er überhaupt nicht. Die dunkelblonden gefielen mir dann doch schon besser. Bisher hatte ich mich nur in einen Jungen verliebt gehabt. Wir hatten auch einige heiße Nächte hinter uns gebracht, doch dann habe ich die Schule gewechselt und er wollte nichts mehr mit mir zu tun haben. Scheißkerl. Seit dem hatte sich niemand mehr in meinen Kopf geschlichen.
Ich stieg fertig geduscht und gestylt aus der Dusche, sprühte mich noch mit meinem Lieblingsparfüm, das ich nur zu Hause oder bei besonderen Anlässen trug, ein und trat aus der Badezimmertür.
Vor mir wartete meine Schwester schon ungeduldig und lief immer auf und ab. Sie hatte eine schwarze eng anliegende Jeans, eine weiße Bluse und eine schwarze Lederjacke darüber an. Ihre dunkelbraunen Haare fielen ihr glatt auf die Schultern. Sie sah unserer Mutter ausgesprochen ähnlich und war eine unglaublich hübsche Frau. Ich verstand immer noch nicht, warum sie keinen Freund hatte, doch das war ein anderes Thema.
Ich verschwand noch kurz in der Küche um mich bei meinen Eltern zu verabschieden, da ich nur über das Wochenende vorbei geschaut hatte und eigentlich im Internat wohnte und ging dann mit meiner Schwester zu ihrem Auto. Wir stiegen in ihren schwarzen Opel und fuhren los. Sie erzählte mir wieder eine ihrer Geschichten, doch ich war in meinem Kopf woanders und starrte auf die vorbeiziehenden Bäume, bis ich unseren Knast, namens Schule erkannte.
Ich steig aus, holte meine Sachen, verabschiedete mich von meiner Schwester und machte mich auf den Weg zum Unterricht, als plötzlich jemand in mich hinein lief.

Wenn Welten kollidieren (Dylmas)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt