Kapitel 15

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Meine scherzhaft geäußerten Bedenken waren natürlich völlig unbegründet gewesen. Ja, er konnte Fahrradfahrn und war auf dem Drahtesel wahrscheinlich sogar noch sicherer, als ich es je sein würde. Ich hatte es nicht so mit dem Lenken, weswegen ich vielleicht auch Schiss davor hatte, Fahrstunden zu nehmen. Irgendwann würde ich aber wohl anfangen müssen, wenn ich nicht den Rest meines Lebens Fahrradfahren wollte.
,,Sag mal, willst du mich hier eigentlich ersticken oder so?"
,,Was? Warum?"
,,Du klammerst dich total an mir fest!", ließ er mich lachend wissen und so versuchte ich, meinen Griff ein wenig zu lockern, auch wenn mir gar nicht bewusst gewesen war, dass ich mich anscheinend so an ihn gekrallt hatte.
,,Hast du etwa Angst, dass ich das hier mache?", kaum ausgesprochen, fuhr er auf einmal Schlangenlinien und augenblicklich hatte ich meine Nägel wieder in seiner schwarzen Sweatshirtjacke vergraben. Natürlich gab er passend dazu auch noch so viel Gas wie er auf dem Rad eben konnte und ich wusste nicht so ganz, ob ich lachen oder kreischen sollte. Letztendlich wurde es eine Mischung aus beidem und weil ich nicht dabei zusehen sollte, wie wir uns auf die Nase legten, kniff ich die Augen zusammen.

,,Hör auf man! Wenn du so Auto fährst, wie du gerade Fahrrad fährst, dann frage ich mich, wie du den Führerschein bekommen hast!", rief ich, während er das Tempo wieder drosselte und den Lenker Gott sei Dank auch wieder gerade hielt. ,,Den hab ich gewonnen, was denn sonst?"
,,Das dachte ich mir... Wo denn? Ich bräuchte auch einen!" ,,Hast du noch keinen? Ach, das is echt nicht so schwer. Wenn du willst, kann ich mal mit dir üben!", sein Vorschlag wunderte mich und ich zog die Augebrauen hoch. Meinte er das wirklich ernst? Er wollte mich sein Auto fahren lassen? War das überhaupt legal? Wahrscheinlich eher nicht...
,,Lass mal, nachher mache ich irgendwas kaputt, aber danke für den Vorschlag. Ich sollte mich echt mal da reinhängen. Irgendwie kriegt ja jeder Idiot den Führerschein, also sollte ich das wohl auch schaffen!", meinte ich und kniff ihm kurz in die Seite, um ihm zu zeigen, dass ich ihn mit "jeder Idiot" meinte... naja, nicht wirklich, er war schließlich alles andere als doof. Da gab es ganz andere Kaliber, die ein Auto fuhren...
,,Charmant wie immer. Und so eine fahr ich auf 'nem Fahrrad nach Hause, nur um dann zurück zu meinem Auto zu laufen. Ich muss echt dumm sein!", schlussfolgerte er, während er in meine Straße einbog. Im Gegensatz zu dem kleinen Park, war es dank der Beleuchtung hier schon etwas heller und kurz darauf konnte er dann auch vor meinem Haus anhalten.
,,So, das macht dann 20€!"
,,Ohh Mist, jetzt habe ich leider mein Portemonnaie vergessen, das wird also leider nichts!", sagte ich grinsend, als ich von meinem Fahrrad stieg.
,,Dann musst du wohl mit Naturalien zahlen, umsonst kann ich das leider nicht machen!"
,,Pff, das war aber nicht der Deal. Hätte ich das gewusst, hätte ich mich gar nicht darauf eingelassen!", motzte ich spaßeshalber, während auch er von dem Rad stieg.
,,Wie sieht's denn aus, wenn ich... das mache?", ich beugte mich ein wenig zu ihm vor und drückte ihm kurzerhand einen Kuss auf die Wange. Ein wenig sanfter, als ich es vorhin bei Marco getan hatte, aber hoffentlich immernoch so, dass es freundschaftlich wirkte. Naja okay, ich konnte wohl nicht leugnen, dass ich gerade mit ihm flirtete. Die Situation war einfach zu verlockend, um es nicht zutun. War doch nichts dabei...

Celal grinste, zögerte, zuckte dann aber mit den Schultern.
,,Hm, ja ich denke das sollte gehen, aber einer ist da doch ganz schön wenig", damit deutete er auf die linke Wange. Die, die ich eben nicht geküsst hatte. ,,Ihr Typen seid auch mit nichts zufrieden!", ich schüttelte schmunzelnd den Kopf, aber irgendwie konnte ich dann doch nicht widerstehen und so drückte ich ihm noch einen Kuss auf die andere Wange.
,,Danke für's nach Hause bringen. Ich hoffe das war wirklich okay für dich..."
,,Klar, sonst hätte ich es nicht angeboten, ist echt kein Ding gewesen", er winkte ab, aber ich fand eben schon, dass das was besonderes war. Nicht jeder hätte in der Situation so gehandelt, schließlich hätte er auch einfach in sein Auto steigen und nach Hause fahren können. Jetzt hatte er einen Umweg gemacht und musste auch noch zu Fuß zurück. Anscheinend konnte er ein richtiger, kleiner Gentleman sein und das gefiel mir.

Alles türkisch, oder was?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt