,,Wow", mit großen Augen ließ ich meinen Blick durch den Ballsaal wandern und ich konnte nicht glauben, dass das unsere muffige Turnhalle war, in der es sonst nach alten Tennissocken roch und man sich nicht auf den Boden setzen wollte, weil dieser staubig und dreckig war. Aber das hier wirkte tatsächlich wie ein komplett anderes Gebäude. Weißer Tüll war über die Decken gespannt, ebenso wie unzählige Lichterketten. Man hatte das Gefühl, man stünde unter einem Sternenhimmel und allein das war schon atmenberaubend. Auch die Wände waren mit weißem Stoff überzogen, um die grässlichen Holzpanelen zu überdecken. An der Wand hinter mir stand ein langer Tisch, auf dem sich das Buffet befand, ebenso wie unzählige Getränke. Alkohol war offiziell nicht erlaubt... aber man konnte sich sicher denken, dass wir unsere Mittel und Wege fanden, um das ein oder andere alkoholische Getränk auf den Ball zu schmuggeln.
Im Raum verteilt standen runde Tische, die mit weißen Tischtüchern und je einem Blumenbouquet geschmückt waren. Vier Säulen mit herunterhängenden Lichterketten rahmten die große Tanzfläche ein, vor der sich noch eine kleine Bühne befand. Daneben hatte sich der DJ platziert, der bereits ein paar up-temo Nummern spielte. Die ersten Leute tanzten schon ausgelassen, während hier und da Selfies gemacht wurden, die bestimmt sofort auf Twitter und Facebook landeten, dabei hatten sie in einer Ecke sogar einen Platz eingerichtet, wo ein Fotograf professionelle Fotos vor einer mit Tüll und Sternen geschmücktten Wand machte. Also tatsächlich ganz so wie in den unzähligen Hollywoodfilmen. Ich musste zugeben, dass ich beeindruckt war, denn das hatte ich nicht erwartet. Die Veranstalter hatten sich mächtig ins Zeug gelegt und es hatte sich definitiv gelohnt.
Zudem hatte ich mit meinem Kleid ins Schwarze getroffen, Outfittechnisch passte ich perfekt zur Dekoration.,,Wow! Nala, bist du das? Ist das echt meine beste Freundin?", ich fuhr herum und sah Marco grinsen. Für mich war es immer wieder eigenartig, ihn im Anzug zu sehen, aber er stand ihm ziemlich gut, außerdem strahlte er mit seiner Begleitung um die Wette.
Er hatte mir angeboten, dass wir zu dritt gehen konnten, aber ich hatte abgelehnt. Ich wollte, dass er einen schönen Abend mit Hannah verbrachte, die recht verliebt wirkte. Ich drückte den beiden jetzt schon die Daumen und hoffen, dass sie sich einen Ruck geben würden. Liebe war schließlich was schönes, wenn man nicht ständig Steine in den Weg gelegt bekam.
,,Halt die Klappe", lachend verpasste ich ihm einen Klaps auf den Oberarm, ehe ich mich an Hannah wandte, die er mir bereits auf ein paar Partys immer wieder gezeigt hatte, um sie mit einem freundlichen "Hey" zu begrüßen. Irgendwann hatten wir mal über die beste Lippenstiftfarbe diskutiert, die MAC zu bieten hatte und ja, ich mochte sie. Sie schien nett zu sein und hatte Humor.
,,Was denn? Hey, das war ein Kompliment, du siehst toll aus!"
,,Er hat recht, das Kleid ist ein Traum!"
Ich spürte, wie mir Hitze in die Wangen stieg und ich hoffte, dass man unter dem Make-Up nicht sah, dass ich rot wurde.
,,Danke, ihr seht aber auch super aus!", ich hatte meine Schuld natürlich schon getan und meiner Oma die Bilder geschickt, die sie verlangt hatte. Ich hatte knapp drei Stunden im Bad verbracht, in denen ich mich so gut es ging rausgeputzt hatte. Mein Make-Up war recht dezent. Ich hatte die Wimpern getuscht, einen Lidstrich gezogen und einen fast goldenen, glitzernden Lidschatten aufgetragen, der zu meinen Haaren passe, in welche ich mit dem Lockenstab lockere Wellen gedreht hatte.
Meine Oma war laut ihrer Nachricht auf WhatsApp (ja, sowas besaß sie, sie wollte schließlich "hip" bleiben) ganz entzückt und auch ich musste zugeben, dass ich mir gefiel und das mein Aussehen heute wirklich mein Selbstbewusstsein stärkte.,,Ihr gebt ein richtig hübsches Paar ab! Ich wünsche euch auf jeden Fall viel Spaß heute Abend, wir sehen uns sicher nochmal, ich... brauche jetzt erstmal was zu essen!", damit deutete ich auf das Buffet und lief mit einem Grinsen an ihnen vorbei, allerdings nicht ohne Marco noch einmal zuzuzwinkern. Ich wollte die Beiden alleine lassen und jetzt nicht die ganze Zeit bei ihnen hängen, auch wenn das hieß, dass ich vorerst alleine war.
Ich schnappte mir einen der Plastikteller und belud ihn mit allem möglichen, was das Buffet so hergab. Cracker, Dips, Salate, kleine Pita Taschen. Es gab echt alles und das meiste davon schmeckte auch noch ziemlich gut.
Zugegeben, ich fühlte mich schon ein wenig einsam und komisch. Während alle anderen tanzten, lachten und Spaß mit ihren Freunden und Dates hatten, stand ich hier und stopfte Essen in mich hinein. Ich konnte nicht sagen, dass das für mich etwas neues war, denn vor Celal hatte es ja auch niemanden gegeben, den ich zu Partys oder ähnlichem hatte mitnehmen können... aber das hier machte mir wieder einmal bewusst, dass das mit uns vorbei war.
,,Na du?", erschrocken sah ich neben mich, wo Nisha plötzlich aufgetaucht war. Sie trug ein rosa Kleid, welches bis zu ihren Knien reichte und am Ausschnitt mit Strasssteinen verziert war. Es passte wunderbar zu ihrer gebräunten Haut und den fast schwarzen Haaren.
,,Heey", ich lächelte, schob aber etwas beschämt den Teller hinter meinen Rücken, was ihr, ihrem Lachen nach zu urteilen, allerdings nicht verborgen blieb.
,,Du brauchst dich für nichts zu schämen. Dafür ist das Essen da. Davon abgesehen... Essen ist eh besser als Kerle", zwinkerte sie und griff jetzt nach einem Häppchen, welches sie sich in den Mund schob. Ganz unrecht hatte sie da ja nicht. ,,Weise Worte"
,,Ich weiß", sagte sie und im nächsten Moment merkte ich, wie sie mich musterte.
,,Du siehst übrigens toll aus. Würde es einen Preis für das schönste Kleid des Abends geben, hättest du den jedenfalls sicher! Darin kriegst du ganz bestimmt jeden Typen, also warum krallst du dir nicht einfach einen?", mit dem Kopf deutete sie auf die Tanzfläche und für einen Moment beobachtete ich die Pärchen, die eng umschlungen zu der Ballade tanzten, die gerade lief und die ich bis jetzt vollkommen ausgeblendet hatte.
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Alles türkisch, oder was?
RomanceNala Hofmann ist ein ganz gewöhnliches, 17-jähriges Mädchen, welches wohlbehütet in Berlin Zehlendorf aufwächst. Bisher hat sie geglaubt, dass ihr Umfeld offen und tolerant sei, doch als sie den Deutschtürken Celal kennenlernt und ihm näher kommt, m...