,,Hey...", ich hatte ihm gerade die Tür geöffnet, da fiel ich meinem Freund schon um den Hals und drückte ihn fest an mich. Nachdem ich zu Hause angekommen war, hatte ich mich in meinem Zimmer vergraben und mir den Kopf über den Vorfall im Café zerbrochen. Ich hatte versucht irgendeine Erklärung für das Verhalten meiner Freundinnen zu finden. Ich hatte versucht ihre Meinung irgendwie zu verstehen oder zumindest halbwegs nachzuvollziehen, aber ich war kläglich gescheitert. Ich verstand es nicht im geringsten. Absolut nicht. Und es fühlte sich beschissen an. Ich wollte sie nicht verlieren, schließlich waren sie ja meine besten Freundinnen und wir kannten uns schon fast vier Jahre, das warf man nicht so einfach weg. Aber konnte ich wirklich noch mit ihnen befreundet sein, wenn sie so über Celal dachten? Ich hatte ihn schon meinen Eltern gegenüber verleugnet und das hatte er nicht verdient, also würde ich das bei Emilia und Sophie ganz sicher nicht auch noch tun.
,,Heey, was ist denn los?", fragte er sanft und schob mich leicht von sich, um mich ansehen zu können. So schnell war mir also anzumerken, das was nicht stimmte. Aber sollte ich ihm wirklich davon erzählen? Ich wollte ihn nicht verunsichern oder ihm einreden, dass er aus irgendeinem Grund nicht gut genug war, dass unsere Beziehung keine Chance hatte...Vielleicht war es wirklich beser, das zunächst für mich zu behalten. Ich wollte uns den Abend auch nicht versauen, schließlich war das sowas wie unser erstes, kleines Date und das sollte nicht von dummen Vorurteilen überschattet werden.
,,Ich... hab dich bloß vermisst!", log ich also und lächelte ihn an. Das hingegen war nicht gespielt, denn wie konnte ich auch nicht lächeln, wenn er in meiner Nähe war? Ich hatte gar keine andere Wahl.
,,Sicher? Wir haben uns doch erst gestern gesehen!", erwiderte er und runzelte die Stirn, musterte noch einmal mein Gesicht, aber ich nickte.
,,Ganz sicher! Und hey, ich bin ein Mädchen, da ist das halt so", was für eine dumme Erklärung, aber er hakte nicht weiter nach, sondern schloss erstmal die Tür hinter sich. ,,Anscheinend muss ich noch einiges lernen!"
,,Sieht so aus!"
,,Sind deine Eltern weg?" ,,Japps, die sind vor 'ner halben Stunde abgeholt worden und kommen sicher auch nicht vor zwei Uhr zurück", versicherte ich ihm und griff nach seinen Händen, führte ihn weiter ins Wohnzimmer, von wo aus man in den Garten sehen konnte.
,,Lust erstmal eine Runde zu schwimmen?" ,,Wenn du mir da drin nicht erfrierst!", schmunzelnd sah er zu mir und ich zog die Augenbrauen hoch. ,,Pff, bestimmt nicht, ich geh da immer rein, ganz egal wie viel Grad das Wasser hat! Aber wenn du dich nicht traust, dann musst du nicht!", in den letzten Tagen war es etwas kühler gewesen, dementsprechend hatte sich das Wasser abgekühlt, aber ich war da inzwischen abgehärtet. Ob jetzt 20 oder 30 Grad, ich ging trotzdem schwimmen... Es dauerte eben nur unterschiedlich lang, bis ich im Wasser war.
,,Ich und mich nicht trauen? Na warte!", kaum ausgesprochen hatte er sich das weiße Shirt über den Kopf gezogen, schlüpfte aus seinen Vans und knöpfte die helle Jeans auf. Natürlich hätte ich mich auch sofort ausziehen können, aber ich nutzte die Zeit, um ihm einfach zuzusehen. Ich konnte nicht sagen, dass mir nicht gefiel, was ich sah, ganz im Gegenteil. Er sah ohne seine Klamotten noch etwas dünner und schlaksiger aus, aber es waren trotzdem ein paar Muskeln zu erkennen... und er wirkte sowieso verdammt sexy mit der gebräunten Haut und den paar Haaren auf seiner Brust.Für mich war er perfekt und auch wenn ich ihn nicht anstarren wollte, wie eine Verrückte, fiel es mir schwer, genau das eben nicht zu tun. Abgesehen von seinen Boxershorts lagen seine gesamten Klamotten nun auf unserem Parkett und er blickte selbstsicher grinsend zu mir.
,,So und was ist mit dir?" ,,Warte kurz!", bat ich ihn und lief nach oben in mein Zimmer, um mir meinen Bikini anzuziehen. Auf dem Weg zurück nach unten, holte ich noch zwei große Handtücher aus dem Badezimmer, bevor ich wieder zu ihm stieß und wir in den Garten gingen. Es wurde langsam dunkel und somit auch ein wenig frischer, aber das würde uns jetzt wohl auch nicht mehr von irgendwas abhalten. Die Handtücher schmiss ich auf eine der Liegen und dann blickte ich wieder zu ihm.
,,Also los! Oder soll ich dir noch eben die alten Schwimmflügel von meiner Schwester holen?", ich konnte eben nicht ohne ihn zu ärgern und wahrscheinlich machte ich das sogar extra, weil ich wusste, dass er das nie auf sich sitzen ließ.
,,Du sollst nicht immer von dir auf andere schließen!", erwiderte er und lief bis zum Rand des Beckens, wo er sich erstmal bückte und die Temperatur des Wassers mit der Hand testete. Sofort schubste ich ihn ins Wasser, verfluchte im gleichen Moment aber seine ausgezeichneten Reflexe, denn irgendwie hatte er mich noch zu packen bekommen, so dass ich fast gleichzeitig mit ihm im Wasser landete. Wieder an der Wasseroberfläche schnappte ich nach Luft und strich mir die Haare aus dem Gesicht, während ich losprustete. Es war echt ein bisschen kalt, aber der erste Schock war schon verflogen. Celal tauchte neben mir auf und spritzte mich gleich noch ein wenig mehr nass.
,,Du verdammtes Biest!" ,,Ach aber du!? Außerdem hast du das provoziert... das war doch eine Einladung!", protestierte ich und schwamm auf ihn zu. Durch das Wasser wirkten seine Haare pechschwarz, seine braunen Augen leuchteten und ich wäre am liebsten in ihn hineingekrochen.
,,Ist klar! Stell mal vor ich hätte jetzt wirklich Schwimmflügel gebraucht, was hätteste denn dann gemacht? Dann wäre ich hier ertrunken!", er versuchte empört zu wirken, aber seine Augen verrieten ihn. Ich spürte, wie er seine Hände an meine Taille legte und mich näher an sich zog, was mich nicht im geringsten störte.,,Ich hätte dich schon irgendwie wiederbelebt, keine Angst, so schnell lass ich dich nicht abkratzen! Noch habe ich die Schnauze nicht voll von dir!", erklärte ich, legte meine Arme um seine Schultern und küsste ihn dann sanft auf die weichen Lippen. Er schmeckte nach Minze und in diesem Moment konnte ich mir nicht vorstellen, jemals jemand anderen als ihn zu küssen. Der Moment war perfekt, als seine Hände unter Wasser über meinen Rücken strichen und ich noch etwas näher zu ihm rückte, so das kein Blatt mehr zwischen uns passte. Diesmal war es tatsächlich so und nicht nur ein Gefühl, wie auf Lisas Party... Es hätte nicht besser sein können und ich wollte nicht zulassen, dass Emilia und Sophie mir diesen Abend ruinierten, weswegen ich die Gedanken an sie einfach verdrängte, ebenso wie die Sorge, dass meine Eltern früher nach Hause kommen könnten. All diese Sorgen waren absolut nicht existent.
Als wir uns voneinander lösten, strich ich ihm lächelnd über die Wange und atmete tief durch. Ich fühlte mich pudelwohl und ich war froh, dass wir uns dazu entschieden hatten, uns bei mir zu treffen. Sicher hätten wir auch ins Kino gehen können oder so, aber hier hatten wir einfach unsere Ruhe, es war irgendwie intimer, auch wenn ich nicht vorhatte, heute noch viel weiter zu gehen. Darum ging es aber auch gar nicht. Es war einfach schöner alleine zu sein und tun und lassen zu können, was man wollte.
,,Wie krass! Ihr habt ja sogar so 'ne Luftmatratze", plötzlich war ich abgeschrieben und wurde mit ein bisschen blauem Plastik ersetzt, aber ich würde ihm das wohl nochmal verzeihen können. Ich ließ ihn also los und ließ ihn zu meiner Luftmatratze schwimmen, auf die er kletterte. Ich hingegen schwamm zum Beckenrand und beobachtete einfach schmunzelnd, wie er wieder auf mich zupaddelte. Dieser riesige Kerl, für den die Luftmatratze definitiv ein paar Zentimeter zu kurz geraten war.
Es gab schon ein recht witziges Bild ab, vorallem weil er hin und wieder fast das Gleichgewicht verlor, aber irgendwie kam er doch bei mir an. ,,Ich kann dich verstehen, ich würde meine Freizeit wohl auch nur in dem Teil verbringen!"
,,Ja, das hat schon seine Vorteile, wenn dir nicht gerade einer deine Luftmatratze klaut!", neckte ich ihn, aber er ließ sich davon gar nicht beeindrucken, schloss jetzt sogar entspannt die Augen, während seine Arme im Wasser baumelten.
,,Dann komm doch rauf!"
,,Dir ist bewusst, dass wir dann untergehen, oder?"
,,Das will ich sehen!", schon hatte er die Augen wieder geöffnet, aber ich ließ mir das natürlich nicht zwei mal sagen und so begann ich zu klettern... Ich versuchte es zumindest, aber letztendlich landete Celal wieder im Wasser und ich lag wie ein hilfloser Käfer kichernd auf der blauen Luftmatratze. Lange war mir dieser Luxus aber auch nicht gegönnt, denn ich spürte noch, wie Celal an der Matratze rumfummelte, ehe ich mit einem spitzen Schrei auch wieder baden ging. Wenn er Krieg wollte, sollte er Krieg haben. Der Kampf um die blaue Luftmatratze war damit offiziell eröffnet.
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Alles türkisch, oder was?
RomanceNala Hofmann ist ein ganz gewöhnliches, 17-jähriges Mädchen, welches wohlbehütet in Berlin Zehlendorf aufwächst. Bisher hat sie geglaubt, dass ihr Umfeld offen und tolerant sei, doch als sie den Deutschtürken Celal kennenlernt und ihm näher kommt, m...