Ich konnte mein Glück einfach nicht fassen.
Noch vor etwa einer Stunde hatte ich mich hundeelend gefühlt und mein Leben war ein einziger Trümmerhaufen gewesen. Und jetzt? Jetzt hatte ich meine große Liebe zurück und auch, wenn das nicht alle meine Probleme löste, war ein riesiger Schritt in die richtige Richtung getan. Wir mussten jetzt einfach nur mehr denn je zusammenhalten.
,,Du bist dir sicher, dass es für deine Eltern okay ist, wenn ich mich spontan bei euch einniste?", Celal und ich waren auf dem Weg zur U-Bahn Station, nachdem wir noch eine ganze Weile in Julians Flur gesessen und uns geküsst hatten. Irgendwann hatten wir dann aber einfach nur noch weg gewollt von der lauten Musik und den besoffenen Leuten, die immer wieder über den Flur stolperten. Marco hatte ich eine kurze Nachricht bei WhatsApp geschrieben, dass ich abhaute, aber nicht warum und mit wem. Das würde ich ihm bei Gelegenheit in Ruhe erklären, aber so würde er mich zumindest nicht unnötig suchen müssen und sich Sorgen machen. Celals kleine Verehrerin war uns auf dem Weg nach draußen noch begegnet, aber sie hatte uns bloß einen Moment angestarrt, während wir uns über ihren dummen Gesichtsausdruck kaputt gelacht hatten. Es war ein gutes Gefühl wieder miteinander lachen zu können... zusammen zu sein. Alles andere fühlte sich einfach falsch an, ganz egal was man sich einredete. Die Trennung war für keinen von uns Beiden das richtige gewesen, es hatte uns nicht glücklicher gemacht oder irgendwas erleichtert. Aber anscheinend hatten wir erst leiden müssen, um das zu merken.,,Na klar, letztens hatten sie doch auch kein Problem damit. Die mögen dich, die waren richtig traurig, als sie erfahren haben, dass das mit uns vorbei ist. Du solltest lieber aufpassen, nicht das sie uns gleich verheiraten wollen, wenn sie rauskriegen, dass wir jetzt doch wieder zusammen sind", grinste er und drückte leicht meine Hand, ehe wir auf die Rolltreppe stiegen, die uns in den Berliner Untergrund beförderte.
,,Ich hätte nichts dagegen, aber ich glaube meine Eltern würden dann einen Ehrenmord begehen. Wäre eigentlich sogar ganz lustig... Ich meine... wenn nicht die Türken dieses Klischee erfüllen würden, sondern die Deutschen!", erwiderte ich, winkte dann aber ab. Mein Humor war manchmal ein wenig sehr schwarz, aber vielleicht half das ja in Zukunft mit dieser ganzen Sache umzugehen.
,,Stimmt. Was haben die eigentlich zu unserer Trennung gesagt?", fragend blickte er zu mir, während wir uns mit schnellen Schritten auf den Weg zur U-Bahn machten, die gerade gehalten hatte. So wie es aussah, war heute unser Glückstag. Für einen Augenblick dachte ich erneut an unsere letzte U-Bahn Fahrt, aber heute waren keine assis zu sehen, lediglich ein paar ältere und jüngere Leute, die lasen oder Musik hörten. Wir suchten uns einen freien Platz und ich schmiegte mich sofort an ihn, legte meinen Kopf auf seine Schulter, als die Bahn sich langsam in Bewegung setzte.,,Ach... irgendwie nichts. Ich habe auch nicht wirklich mit ihnen darüber gesprochen. Wir haben uns eher immer wieder gezofft und als ich letztens von unserem Treffen nach Hause kam, ist das Ganze eskaliert. Sie wollte wissen, ob ich mich wieder mit dir getroffen habe und so 'ne scheiße und dann habe ich halt mal meiner Wut freien Lauf gelassen", erklärte ich in der Kurzversion, dafür hörte ich meinen Freund erneut lachen.
,,Ist das so? Hast du ihr auch eine reingehauen?"
Ich kniff die Augen zusammen und hielt mir die Hand vor Augen, ehe ich wieder zu ihm sah. Wahrscheinlich lief ich gerade knallrot an, denn damit erinnerte er mich wieder an die Ohrfeige, die ich ihm im Auto verpasst hatte. ,,Nein, ich konnte mich gerade noch so beherrschen. Scheiße, das tut mir so leid. Ich wollte das nicht, aber irgendwie...", ich zog hilflos die Schultern hoch und strich ihm entschuldigend über die Wange.
,,Ist schon gut, ich hab mir die ja auch verdient. Außerdem hab ich's überlebt, alles noch dran!"
,,Spinner!"
,,Was denn?", lachend hob er die Hände und blickte zu mir runter.
,,Nichts, du bist einfach blöd"
,,Damit kann ich leben", Celal griff nach meiner Hand, hauchte einen zarten Kuss darauf und lehnte dann seinen Kopf gegen meinen.
Den Rest der Fahrt verbrachten wir schweigend, dicht aneinander gekuschelt und einfach nur glücklich.Als wir unsere Haltestelle erreichten, wollte ich überhaupt nicht aufstehen, am liebsten wäre ich einfach mit ihm hier sitzen geblieben und durch ganz Berlin gefahren. Scheißegal. Hauptsache wir waren beieinander.
Trotzdem schafften wir es irgendwie, aus der U-Bahn zu steigen und zu ihm nach Hause zu laufen, diesmal sogar ohne verfolgt zu werden und in eine Prügelei zu geraten.
,,Du glaubst gar nicht, wie sehr ich mich freue, endlich aus diesen Schuhen rauszukommen", stöhnte ich, als ich darauf wartete, dass Celal die Haustür aufschloss. Er blickte kurz zu mir, musterte mich grinsend von oben nach unten und zuckte dann mit den Schultern.
,,Warum tut ihr Frauen euch das überhaupt an?"
,,Weil's gut aussieht, man sich sexy fühlt und die Männer darauf stehen... oder etwa nicht?"
,,Naja... sieht schon besser aus, als irgendwelche ausgelatschten Chucks. Obwohl... an der richtigen Frau sieht irgendwie alles gut aus, schätze ich!", damit hatte er die Tür geöffnet und wir betraten das dunkle Haus. Lediglich der Fernseher war zu hören, dessen Licht ein wenig in den Flur flimmerte.
,,Baba? Anne?", so viel türkisch verstand ich dann auch noch, dass ich wusste, dass er nach seinen Eltern rief. Die Antwort, die dann jedoch aus dem Wohnzimmer drang, verstand ich nicht mehr. Ich bekam lediglich heraus, dass es wohl sein Vater war, der mit ihm sprach.
,,Warte kurz hier", ich nickte und ließ ihn gehen, während ich schon meine Schuhe auszog, weil ich es keine Sekunde länger auf diesen Mörderteilen ausgehalten hätte.Geduldig wartete ich also im Flur und lauschte, wie Celal und sein Vater sich unterhielten. Bisher hatte ich nie wahrgenommen, was für eine schöne Sprache türkisch eigentlich war. Ich verstand zwar kein Wort, aber der klang gefiel mir, vorallem aus Celals Mund.
Kurz darauf stieß er wieder zu mir und zog mich mit in sein Zimmer, bevor ich auch nur ein Wort sagen konnte. Meine Schuhe stellte ich neben das Bett und ließ mich dann auf eben dieses fallen.
,,Und? Muss ich wieder gehen?"
,,Nö. Ich hab ihnen aber auch nicht gesagt, dass du hier bist, das erzähle ich ihnen die Tage in Ruhe"
,,So so, ich werde also verheimlicht, ist ja unglaublich", witzelte ich, während ich dabei zusah, wie er seine schwarzen Nike Schuhe auszog und sorgfältig zur Seite stellte.
,,Ich wusste übrigens gar nicht, dass du Türkisch kannst"
Sein Handy landete auf dem Nachttisch, ehe er sich neben mich setzte.
,,Bringt es so mit sich, wenn man Halbtürke ist"
,,Naja, manche sprechen ja gar kein Türkisch mehr" ,,Ja stimmt schon, aber meinen Eltern war es wichtig, dass ich meine Muttersprache auch kann. Hier reden wir eigentlich noch relativ oft türkisch, manchmal ist's auch so ein totales durcheinander zwischen Deutsch und Türkisch, aber wir verstehen uns, das is' immerhin etwas",,Stimmt... und... ich find's irgendwie heiß, wenn du türkisch sprichst", erwiderte ich schmunzelnd und sah ihn nun auch wieder grinsen.
,,Ist das so?", sanft packte er mich am Kinn, kam mir näher und ich spürte augenblicklich, wie mein Herz schneller schlug und ich weiche Knie bekam.
,,Hmm", ich nickte leicht, während er mir immer näher kam, allerdings in so einem langsamen Tempo, dass es mich fast wahnsinnig machte und als ich die letzten Zentimeter überbrücken wollte, zog er seinen Kopf zurück. Fuck, er wollte mich echt foltern.
,,Du bist gemein", nuschelte ich, doch dann legte er endlich seine Lippen auf meine und küsste mich. Ich erwiderte den Kuss sofort und vergrub meine Hände in seinen Haaren, während seine an meiner Taille lagen, nur um diese schließlich unter mein Shirt zu schieben. Mit seinen warmen Fingern strich er über die freigelegte Haut, was mich für einen Moment die Luft anhalten ließ, aber ich hatte nicht vor ihn aufzuhalten. Ich wollte ihm so nah sein wie nur möglich und ich vertraute ihm mehr als jedem anderen Menschen... Ich war bereit diesen Schritt mit ihm zu gehen, mehr als je zuvor.
Mein Oberteil landete auf dem Boden und seine Küsse wanderten von meinen Lippen zu meiner Wange, bis zu meinem Hals und meiner Schulter, als ich hörte, wie er mir ein "Ich liebe dich" zuflüsterte.
,,Ich liebe dich auch, Celal"
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Alles türkisch, oder was?
RomanceNala Hofmann ist ein ganz gewöhnliches, 17-jähriges Mädchen, welches wohlbehütet in Berlin Zehlendorf aufwächst. Bisher hat sie geglaubt, dass ihr Umfeld offen und tolerant sei, doch als sie den Deutschtürken Celal kennenlernt und ihm näher kommt, m...