Kapitel 20

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Wir standen bestimmt zwei Minuten Arm in Arm auf der Jungstoilette, bis ich etwas nasses auf meiner Schulter spürte und er sich mehrmals ruckartig bewegte. Weinte er grade? Oh, nein. Was sollte ich bitte machen? Ich nahm ihn einfach noch fester in den Arm, bis er sich wieder beruhigte.

Kurze Zeit später klingelte es wieder zum Unterricht. Wir wollten nicht gehen, doch wir mussten. Wir setzten uns auf unsere Plätze, während wir von einer bestimmten Person beobachtet wurden. Ihr konntet euch ja denken, wer gemeint war.

Nur noch diese beiden Stunden, dann konnte ich mich endlich wieder in mein Zimmer verziehen. Geschichte stand an. Ein Fach, welches ich gar nicht mal so schlecht fand. Das war der Grund, warum die Stunde für mich relativ schnell umging. Ich packte meine Sachen zusammen und verließ den Raum, als wir nach Hause konnten. Kurz vorm Ausgang kam mir Felix hinter her. Er schaute nur auf den Boden.

Felix: „Kann ich vielleicht mit zu dir?"

Eigentlich wollte ich ja aufnehmen, aber er klang recht unsicher. Ich nickte. Sofort sah er etwas erleichtert aus. Warum auch immer. Wir liefen nebeneinander zu mir nach Hause. Keiner traute sich etwas zu sagen. Ich wollte wissen, was mit ihm los war.

Als wir bei mir ankamen gingen wir sofort in mein Zimmer. Wir zogen unsere Schuhe und Jacken aus, stellten die Taschen in irgendeine Ecke und setzten uns auf mein Bett. Ich sah, wie er sich gedankenverloren in meinem Zimmer um guckt. War er überhaupt jemals richtig in meinem Zimmer?

Ich klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. Er zuckte kurz. Ich glaube, ich habe ihn aus seinen Gedanken gerissen. Er sah mich kurz an, schaute auf den Boden und begann zu reden.

Felix: „Ich weiß nicht, was ich machen soll. Sie macht mich fertig. Sie kontrolliert mich nur noch. Sie schreibt mir vor, was ich machen soll und macht eine riesen Szene, wenn ich mal keine Zeit hab. Sie hat einfach irgendwas gegen unsere Freundschaft und ist beleidigt, wenn ich dich ihr vorziehe. Ich weiß einfach nicht, ob ich Schluss machen soll."

Ich war schockiert. Warum hatte sie etwas gegen mich? Was habe ich bitte verdammt nochmal gemacht? Ich wusste gerade echt nicht mehr weiter. Wenn er jetzt Schluss macht, würde es bestimmt richtig Stress auf der Fahrt geben.

Ich zuckte einfach mit den Schultern, auch wenn er das nicht sah, da er immer noch auf den Boden starrte. Ich tippte ihn wieder kurz an und zeigte auf die PlayStation, die vor uns neben dem Fernseher stand. Er blickte auf mich, folgte aber sofort meinem Arm, bis er die PlayStation sah. Sofort nickte er. Hoffentlich konnte ich ihn irgendwie ablenken.

Ich schaltete den Fernseher und die Konsole an, gab ihm den Controller und startete irgendein Co-op Spiel. Ich schaute hin und wieder mal zu Felix rüber, um sicher zu gehen, dass er nicht wieder in Gedanken versank.

Anfangs klappte das sehr gut, doch später blieb er im Spiel einfach stehen und bewegte sich keinen Zentimeter mehr. Daraufhin nahm ich kurzerhand einfach mein Kissen und schlug ihn damit in sein Gesicht. Er erschrak kurz, fing sich jedoch schnell, nahm sich ein zweites Kissen und attackierte mich damit.

Das führte zu einer kleinen Kissenschlacht und endete, in dem ich vom Bett fiel und Felix auf mir drauf. Ich kniff meine Augen aus Reflex zusammen. Felix ging nach ein paar Sekunden immer noch nicht von mir runter. Ich öffnete langsam meine Augen und sah, dass Felix seine weit aufgerissen hatte. Er bewegte sich nicht, ich bewegte mich nicht. Wir sahen uns nur an.

Da ist dieses Kribbeln schon wieder. Er war verdammt nah. Viel zu nah. Sein Gesicht war nur wenige Zentimeter von meinem entfernt. Wie lange sah ich ihm schon in seine Augen? In seine wunderschönen Augen, in denen man sich einfach nur verlieben könnte. Verlieben... Verlieben? Hatte das vielleicht etwas mit dem Kribbeln zu tun? Bin ich... verliebt? Nein, nein, nein! Das konnte nicht sein! Oder etwa doch? Ich wusste es einfach nicht.

Ich wurde aus den Gedanken gerissen, als Felix hektisch von mir runter ging, seine Sachen nahm und raus rannte. Ich sah ihm nicht hinter her, sondern starrte einfach nur verträumt an die Decke, die nun vor mir war.

Was war das gerade schon wieder?

Dizzi-Der stumme JungeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt