Kapitel 46

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Ich seufzte. Er stellte sich wie ein kleines Mädchen an. Okay, er war mein kleines Mädchen. Oder sowas in der Art. Spaß beiseite.

Ich: „Mach es mir doch nicht so schwer. Es ist für dich, so wie für mich, nicht einfach. Ich will dir doch helfen. Es macht mich traurig, dich so zu sehen."

Er sah mich an. Sein Blick. Es schmerzte. Er lehnte sich an mich. Ich umfasste ihn mit meinen Armen und zog ihn vorsichtig nach hinten, sodass wir auf dem Bett lagen. Er in meinen Armen. Es kam mir so vor, als würde er gleich in tausend Teilen zerbrechen, wenn man ihn auch nur anfassen würde. Deswegen ging ich mit ihm auch so vorsichtig um. Ich wollte nicht, dass er noch verletzter wird.

Ich wusste nicht, wie lange wir noch in dieser Position auf meinem Bett lagen, aber irgendwann holte uns meine Mutter zum Abendessen. Eigentlich wollten wir nicht aufstehen, doch es ging nicht anders. Gemeinsam erhoben wir uns vom Bett. Ich nahm seine Hand und zog ihn Richtung Küche. Dort war der Tisch schon gedeckt und es roch himmlisch nach gutem Essen.

Felix schien diesmal etwas mehr Hunger zu haben, denn er aß ein paar Bissen mehr als vorhin. Ich war wirklich froh, das zu sehen. So musste ich mir keine Gedanken darüber machen, dass er demnächst einfach umkippt, weil er zu wenig gegessen hatte. Ich lächelte ihn zufrieden an.

Er half gleich danach noch das Geschirr aufzuräumen. Ich denke, er hatte begriffen, dass es nichts brachte, sich selbst noch tiefer in das Loch zu drücken. Hand-in-Hand gingen wir zusammen zurück in mein Zimmer und legten uns kuschelnd in das Bett. Vorsichtig streichelte ich durch Felix' Haare.

Felix: „Wie kann sie mir das antun? Ich bin doch ihr Sohn. Sie war immer für mich da und jetzt? Jetzt akzeptiert sie mich nicht mehr. Warum? Was habe ich ihr bitte getan?"

Eine kleine Träne löste sich, die ich behutsam wegstrich.

Ich: „Ich verstehe es selbst nicht. Du darfst aber trotzdem niemals vergessen, dass sie dich dennoch liebt. Auch wenn das gerade nicht der Fall ist."

Felix: „Ich hoffe es. Ich hoffe einfach nur, dass sie bald zur Vernunft kommt."

Ich: „Versprichst du mir etwas?"

Er sah mich fragend an.

Ich: „Versprich mir, dass du dich nicht weiter in das Loch setzt und nur vor dich hintrauerst.. Versprich mir, dass du versuchst da herauszuklettern und wieder Freude in deinem Leben findest. Es schmerzt, dich so kaputt zu sehen. Ich werde dir auch helfen und zur Seite stehen, aber das geht nur, wenn du das auch zu lässt."

Er seufzte einmal kurz auf.

Felix: „Ich versuche es, aber es ist nicht so leicht."

Ich kuschelte mich einfach noch mehr an ihn, sodass er sich beschützt fühlte.

Ich: „Ich liebe dich so sehr."

Felix: „Ich liebe dich auch so sehr. Bitte lass mich nie alleine, ich brauche dich."

Wie sehr muss ein Mensch am Boden sein, um einen anderen Menschen darum zu bitten, dass derjenige bleiben soll?

Ich: „Ich lasse dich niemals alleine. Ich brauche dich doch auch."

Dizzi-Der stumme JungeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt